Kommentar
12:44 Uhr, 23.06.2010

Auf geht’s Deutschland – nur der Sieg zählt

Spätestens nach dem 4:0-Kantersieg der deutschen Mannschaft gegen die im Vorfeld des ersten WM-Spiels von „Experten" zu schier unüberwindlichen Titanen hochgeredeten Australier ist hierzulande der Nationalstolz erwacht. Die allgemeine Euphorie, die nach der für die meisten Gute-Laune-Fußballfans ziemlich unerwarteten Niederlage gegen die Serben nur kurzzeitig gelitten hatte, erinnert fast schon wieder ein wenig an die Börse, die in ähnlicher Weise auch gerne zu Extremen neigt. Nur schade, dass die stolz geschwellte Teutonenbrust nicht auch hier schon vor der Eurokrise so offenherzig zur Schau getragen wurde und stattdessen nur allzu häufig den Warnungen wiederum sogenannter „Experten" gefolgt wurde, das eigene Depot über breitere Aktienmärkte zu streuen. Denn die immer wieder als Kardinalfehler ungeübter Anleger bezeichnete Heimatverliebtheit, auch „home bias" genannt, hat sich gerade in diesem Jahr zumindest in Bezug auf eine europäische Ausrichtung bislang als glatter Fehlgriff erwiesen, was sich beispielhaft an der zweistelligen Underperformance des in vielen Zertifikaten verwendeten Euro STOXX 50 gegenüber dem heimischen DAX dokumentieren lässt. Der Hauptgrund: Die weitaus stärkere Bankenlastigkeit der Euroland-Benchmark. Wer hätte ein solch signifikantes Auseinanderdriften der über viele Jahre relativ ähnlich laufenden Märkte vor Monaten wirklich so erwartet, die in zahlreichen medienwirksamen Depotchecks aktiven Schema-F-Portfoliogestalter wohl am allerwenigsten. Ein eindeutiger Sieg also für die Börse, die sich eben nicht so leicht in ein statisches Raster zwängen lässt und immer wieder etwas Neues auf der Rechnung hat, wie auch schon André Kostolany wusste.

Just vor diesem Hintergrund kann die neue vierjährige Deutschland Outperformance Anleihe der Credit Suisse gesehen werden, die noch bis 16. Juli zur Zeichnung aufliegt. Zwar geht der fußballerische Alles-oder-nichts-Kick durch den zum Laufzeitende wirksamen 100-prozentigen Kapitalschutz zunächst etwas verloren, doch wartet das Produkt darüber hinaus mit einem anderen emotionalen Feature auf: Deutschland gegen Resteuropa, zumindest wenn man die Leitindices für Großbritannien (FTSE 100), Spanien (IBEX 35) und Italien (FTSE MIB) darunter versteht. Ein richtiges kleines Alpha-Papier also, das seine Rendite aus der relativen Wertentwicklung der Kontrahenten ziehen soll. Die generelle Richtung an den Märkten ist hier nicht das Thema, es zählt nur der direkte Vergleich.

Doch wer jetzt ähnlich wie vor dem alles entscheidenden Vorrundenspiel gegen Ghana heute Abend glaubt, dass man sich den Sieg sprich die Alpharendite eigentlich nur noch abzuholen braucht, der sollte sich die Ausstattungsmerkmale des Produkts etwas genauer ansehen, deren Gefahren hier allerdings mit Sicherheit nicht in einem Schiedsrichter bestehen, der wie beim letzten Deutschlandspiel ganz einfach die Sportart verwechselt hat. Die Fußangeln liegen hier woanders. So hat man den DAX in Form des auch bei Zertifikaten äußerst unüblichen Preisindex bei dem Papier schon von vornherein um einen Spieler „beraubt", die Dividende – die zunächst hochgelobten, später aber verteufelten (Euro) STOXX 50 versus DAX Alpha-Produkte lassen in der Ferne schön grüßen, diesmal aber im umgekehrten Sinn. Des Weiteren wird hier nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ mit zweierlei Maß gemessen. Denn über die Rendite entscheidet am Ende nach vier Jahren nicht der Performance-Vergleich zwischen dem DAX Kursindex und dem Durchschnitt der drei Herausforderer, sondern stattdessen schickt der Emittent nachträglich nur den am besten gelaufenen Widerpart ins Feld. Wiederum ein eindeutiger Nachteil, wenn man von einem gewissen Kursgefälle bei dem Trio ausgeht. Als wenn dem noch nicht genug wäre, erfordert die Finanzierung der kapitalgeschützten Struktur, die fast schon an das einseitig gestrickte Sparpaket der Bundesregierung erinnert, eine weitere Einschränkung: Die hier nur 50-prozentige Partizipationsrate. Sollte sich das deutsche ursprünglich aus 30 Aktien bestehende Team also gegen den härtesten Widersacher am Ende doch durchsetzen können, zählt jedes Tor respektive die tatsächliche Outperformance des Indexvergleichs nur halb so viel. Bei aller Euphorie ein ziemlich schwieriges Unterfangen, aber wie man weiß, sind wir eine Turniermannschaft und haben schließlich vier Jahre Zeit, um uns entscheidend durchzusetzen. Außerdem läuft dann bei Fälligkeit gerade die nächste Fußball-WM und die entschädigt dann vielleicht für eine entgangene Rendite.

Der BörseGo Tipp:
Die Idee zur Deutschland Outperformance Anleihe ist sicher besser als deren Ausführung, die das eingesetzte Kapital zwar weitgehend schützt, die Renditeaussicht aber deutlich schmälert. Das Ganze erinnert deshalb an so manche übereifrig vergebene Torchance beim Fußball, aber die muss man sich ja bekanntlich auch erst einmal erarbeiten und das nächste Papier ist dann möglicherweise schon etwas treffsicherer.

Deutschland Outperformance Anleihe

Emittent/WKN:

Credit Suisse / CS8ADP

Laufzeit:

29.07.2014

Preis: (in Zeichnung bis 16.07.2010)

Ausgabepreis: 100 € (zzgl. 1 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

Wir würden uns freuen, wenn auch Sie sich an unserer wöchentlichen Zertifikate-Umfrage auf unseren beiden Internet-Portalen http://www.godmode-trader.de/Zertifikate bzw. http://www.boerse-go.de/ beteiligen würden.

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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