Auf den 'Sicheren Hafen' zu setzen ist nicht immer von Vorteil
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Frankfurt/ Mainz (BoerseGo.de) - Der Weg aus der Euroschuldenkrise bleibt laut dem Asset Manager Union Investment ein schwieriges Unterfangen. „Die Bereitschaft, den Euro zu erhalten, ist zwar hoch“, sagte Jens Wilhelm, im Vorstand von Union Investment zuständig für das Portfoliomanagement und Immobiliengeschäft auf einer Veranstaltung in Mainz. „Aber wenn wir den Euro weiter wollen, dann werden wir an einer Vergemeinschaftung der Schulden sowie einem klaren Bekenntnis zu einer echten Wirtschafts- und Fiskalunion nicht vorbeikommen.“ Mit schnellen Lösungen rechnet der Experte nicht. Der Euroraum befinde sich noch mitten im Anpassungsprozess, und auch weltweit seien die Folgen der Finanzmarktkrise noch nicht abgearbeitet. Die sich daraus ergebenden Belastungen für die Weltwirtschaft würden das Wachstum weiter dämpfen.
Wilhelm sieht in einer sinnvollen Vergemeinschaftung der Schulden langfristig einen wichtigen Schritt, um den Euroraum in der Krise zu stabilisieren. Das dürfe aber keine pauschale Haftungszusage sein, gefragt sei ein tragfähiges Konzept. Wilhelm befürwortet den Vorschlag des Sachverständigenrates, nach dem Staatsschulden über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in einen Schuldentilgungsfonds ausgelagert werden können und dann über einen Zeitraum von 25 Jahren zurückzuzahlen sind. „Die Bereitschaft zur Abgabe von Souveränität sowie zur Einführung zentraler Sanktionsmechanismen zur Schuldenkontrolle sind dafür aber zwingende Voraussetzung“, bekräftigte Wilhelm.
Die Euroschuldenkrise wird Wilhelms Aussagen zufolge die konjunkturelle Entwicklung in den kommenden Monaten belasten: „Im Euroraum droht weiter eine Rezession, auch wenn wir den Punkt der maximalen Verschlechterung schon hinter uns haben dürften.“ Aufgrund der noch immer nicht vollständig verarbeiteten Folgen der Finanzmarktkrise fehle auch der Weltkonjunktur die Kraft für mehr Wachstum.
Positiv beurteilte Wilhelm die Entwicklung der US-Wirtschaft: „Die Bereinigung macht hier gute Fortschritte, und strukturell steht die Erholung auf einem stabilen Fundament. Den Emerging Markets und vor allem China komme der nachlassende Inflationsdruck zugute. So hätten die Notenbanken mehr Raum für eine lockere Geldpolitik, was Impulse für die dortige Wirtschaft bringe.
Mit Blick auf die Kapitalmärkte rechnet Wilhelm weiterhin mit unruhigen Zeiten. Schwierig sei die Lage vor allem deshalb, weil die Erträge aus sicheren Anlagen selbst bei geringer Inflation nicht ausreichten, um vor Geldwertverlusten zu schützen. „Das Festhalten an einer Vollkaskomentalität bei Investmententscheidungen wird für Anleger langsam teuer“, so Wilhelm. Statt Risiken kategorisch auszuschließen, rät er, dort zu investieren, wo sie einschätzbar sind und entlohnt werden. Vor allem am Rentenmarkt sollten Anleger nicht nur auf den sicheren Hafen setzen, weil die Zinsen auf absehbare Zeit niedrig blieben und Bundesanleihen sehr teuer seien. Vielmehr lohne es sich, in risikoreicheren Anlageklassen nach hoher Qualität zu suchen. „Gute Alternativen bieten Anleihen aus den Emerging Markets. Bei möglichen Durchschnittsrenditen von mehr als fünf Prozent und geringer Volatilität sind das die optimalen Beimischungen.“ Auch Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern hält er für attraktiv – vorausgesetzt, die Qualität stimmt.
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