Kommentar
14:17 Uhr, 18.03.2005

Auf den Rausch folgt der Kater

Viele Anleger ärgern sich über ihre Depotleichen. Die Fondsbranche könnte ausgabeaufschlagfreie Abhilfe schaffen.

An einem beschaulichen Abend sitzt der deutsche Sparer vor seinem mit Kirschbaumholz verkleideten Fernseher. Die aufregende Welt der Kapitalmärkte strahlt direkt via n-tv in sein gemütliches Wohnzimmer. Die Aufforderung zum Tanz an den Märkten läßt nicht lange auf sich warten. Beschwipst von Medien und Aktienhype schauen die Deutschen gleich beim ersten Mal zu tief ins Glas. Wer keine Technologiefonds oder Neue Markt Aktien im Depot hat, der ist zu blöd zum reich werden. Der Arbeitskollege, der Nachbar oder die Freundin vom Tennis - alle schiessen mit den Kursen an der Börse nach oben. Jahrelang mit Aktien nichts am Hut gehabt und dann aber richtig. Und es hat Bumms gemacht. Schnitt.

Sonderaktionen von zwei Banken kehren heute - fünf Jahren später - die Scherben der Hausse zusammen. Sie bieten den Kunden an, ihre fast wertlosen Papiere mit geringen Gebühren aus den Depots zu verkaufen. Aus dem Blick, aus dem Sinn. Zahlreiche Fondsanleger sitzen auch heute noch auf ihren Technologie- und Wachstumswertefonds, die vorwiegend an der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ oder am Neuen Markt (jetzt TecDAX) investieren. Und die Preisfrage lautet: Sehen die Notierungen die Einstiegspreise von 2001 oder 2002 wieder? Nein, das werden sie nicht tun. Denn Wertentwicklungen von 500% sind eher unwahrscheinlich.

Dennoch sollten Sie Aktienfondsinvestments nicht verdammen. Sie können auch in Technologiefonds investieren, aber nur als Beimischung. Die deutschen Kapitalanlagegesellschaften, Banken und Finanzberater könnten ihren Kunden ja für ihre Depotleichen einen Tausch ohne Ausgabeaufschlag in breit gestreute Aktienprodukte anbieten. Oder sie könnten dem Anleger offerieren, den doppelten oder dreifachen Betrag ihrer heutigen Neue Markt Position ausgabeaufschlagfrei in einen globalen oder europäischen Aktienfonds zu investieren. Ein bisschen mehr Mut, die Positionen sind nicht mehr so groß! Die Ansprache des Kunden mit Blick auf seine Vermögensstruktur ist doch ein interessanter Aufhänger für ein Beratungsgespräch. Es ist die Aufgabe der Bank- und Anlageberater, die deutschen Aktienmuffel von den langfristigen Vorteilen eines strukturierten Asset-Mix zu überzeugen. Übrigens sind Garantiefonds auf Aktien so wie Formel-1-Rennen mit angezogener Handbremse. Mittelfristiges Ziel der Journalisten, Berater und Analysten muss sein, den Deutschen die Scheu vor dem Aktienfondssparen zu nehmen. Einen heftigen Kater bekämpft man am besten mit einem Rollmops zum Frühstück. Aufklärung und gute Vorsätze können auch helfen.

Quelle: Morningstar Deutschland

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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