Kommentar
15:00 Uhr, 13.12.2020

"Derivate-Steuer": Auch 2021 wird man noch CFDs handeln

Die 2021 in Kraft tretenden Steuerrechtsänderungen sind ein Schlag für die Branche. Aber wenn man als Trader aufpasst und die Anbieter geschickt vorgehen, wird man sich dennoch weiter an den Vorzügen der CFDs erfreuen können.

***Update vom 30.6.22

Wenn sich die FDP in der Ampel-Regierung durchsetzt, wird die Begrenzung der Verlustverrechnung wieder aufgehoben. Darüber hinaus soll auch die Besonderheit abgeschafft werden, dass Verluste aus Aktien nur mit Gewinnen aus Aktien verrechnet werden dürfen. Chapeau FDP!
Details dazu finden Sie im Artikel meines Kollegen Oliver Baron.

*** Update vom 13.12.2020: Aktuell muss man weiter davon ausgehen, dass es so kommt wie unten beschrieben, mit einer Änderung: Überall wo 10 TSD EUR steht, werden es 20 TSD EUR sein. (Und wo 20 TSD steht, werden es 40 TSD sein).
Damit bleiben CFDs ab kommendem Jahr weiterhin attraktiv - für einen deutlich größeren Teil von Tradern, als bisher zu befürchten war

als bisher zu befürchten war.

Update Ende


Artikel vom 7. Juli 2020

Noch heute frage ich mich, was genau die Initiatoren der neuen Steuergesetzgebung in Bezug auf Termingeschäfte geritten hat. Und für mich steht auch zu 99 % fest, dass diese Regelungen gerichtlich gekippt werden. Aber das kann einige Jahre dauern. Bis dahin muss man mit der neuen Lage leben lernen.

Das bald kommende BMF-Schreiben birgt, nach uns vorliegenden Informationen, leider nur für Zertifikate und Optionsscheine positive Überraschungen. Das finale Schreiben steht noch aus, es ist daher noch nichts ganz fix. es kann auch noch so kommen, dass CFDs und KOs gleichgestellt sind - sei es positiv oder negativ.

Trader von Futures, Optionen und CFDs werden allerdings Planung-Stand jetzt steuerlich benachteiligt. Diese Instrumente werden im uns vorliegenden Entwurf explizit als Termingeschäfte eingestuft und unterliegen damit den neuen Regeln. Das bedeutet aber nicht, dass man diese nicht mehr handeln kann. Die Produkte sind zu gut und haben auch ggü Zertifikaten zu große Vorteile, als dass man sie einfach ignorieren könnte. Man muss aber aufpassen.

Es gibt folgende steuerliche Nachteile, die man berücksichtigen muss:

  1. Verluste aus Termingeschäften können nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden.
  2. Die innerjährige Verlustverrechnung ist auf 10 TSD EUR beschränkt.
  3. Der nach Verrechnung verbleibende Verlust kann zwar zeitlich und der Höhe unbegrenzt vorgetragen werden, aber pro Jahr können aus dem Verlustvortrag nur 10 TSD EUR genutzt werden (die maximale Verlustverrechnungshöhe in einem Jahr beträgt somit 20 TSD EUR).
  4. Das Verrechnen der Verluste mit den Gewinnen kann nur im Rahmen der Veranlagung erfolgen; man muss also zwingend die Kapitaleinkünfte in die Steuererklärung packen. Das bedeutet auch: Bei einem Broker mit Sitz in Deutschland verliert man zwar nach jedem Gewinntrade Liquidität, kann aber die Verluste erst nach dem Tradingjahr geltend machen und dies eben auch nur begrenzt.

Es kommt stark auf die eigenen Tradingschwerpunkte, die Tradingfrequenz und das Volumen an, ob und wie stark man betroffen ist. Wer z.B. bisher schon nur CFDs gehandelt hat, ist von Punkt 1 nicht betroffen. Wer sein Konto im Ausland hat, für den ist zudem Punkt 4 nichts Neues. Wer bisher pro Jahr an kumulierten Verlusttrades unter 10 TSD EUR blieb (und wem dies auch künftig gelingt), ist ebenfalls nicht betroffen.

Einige Empfehlungen für Trader und Broker kann man auf jeden Fall ableiten:

  1. Immer im Blick haben, wie viele kumulierte Verluste (vor Saldierung mit Gewinnen!) in einem Jahr bisher aufgelaufen sind (ab 2021). Nach meinen bisherigen Gesprächen mit Vertretern der Branche werden die Broker dabei behilflich sein. Wenn man in den Bereich 10 TSD EUR gelangt, kann man schon mal vorsichtiger werden. Ab 20 TSD EUR sollte man darüber nachdenken, in dem Jahr das Trading mit Termingeschäften sein zu lassen.
  2. Am besten hat man einen Broker im Ausland, dann fließt keine Liquidität nach Gewinntrades ab.
  3. Heavy Trader werden es nie schaffen, unter den genannten Verlustgrenzen zu bleiben. Diese können über die Gründung einer kleinen Kapitalgesellschaft (UG, GmbH) nachdenken und in dieser traden. Die genannten Regelungen gelten nämlich nur für den privaten Bereich, also die Abgeltungsteuer. Es droht zwar erhöhter organisatorischer Aufwand und auf den ersten Blick eine höhere Steuerbelastung als im Abgeltungsteuer-Regime. Aber dafür kann man auch Kosten in die Gesellschaft packen (übrigens auch Abo-Kosten für Trading-Services!) und man kann alles wie gewohnt verrechnen. Dazu sollte man sich m.E. unbedingt steuerlich beraten lassen!
  4. Die CFD-Branche kann den Kunden in Rahmen ihrer Möglichkeiten behilflich sein, darf aber nicht steuerlich beratend tätig werden.
  5. Einige CFD-Anbieter tüfteln nach meinen Informationen bereits an Lösungen und Produktinnovationen, die die geschilderte Thematik umschiffen könnten, so dass ein CFD womöglich kein Termingeschäft mehr wäre. Das BMF-Schreiben bietet dafür Ansatzpunkte. Es wäre dann allerdings auch konsequent, dass diese Produkte nicht mehr CFD heißen...

CFDs sind sehr transparent und praktisch einsetzbare Finanzinstrumente. Das Handling ist ggü. einem Hebelzertifikat deutlich angenehmer, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Ich gehe ganz klar davon aus, dass es CFDs auch in Zukunft weiterhin geben wird. Neben den oben genannten Empfehlungen ist auch noch zu bedenken, dass das fragliche Gesetz ohnehin nach zwei Jahren überprüft werden soll. Es könnte also sogar vom Gesetzgeber selbst gekippt werden (hängt natürlich auch stark davon ab, wer die nächste Regierung stellt), noch ehe Bundesfinanzhof oder Bundesverfassungsgericht diesem unwürdigen Gesetz ein Ende bereiten.

19 Kommentare

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  • Gargol
    Gargol

    Wir haben noch kein BMF Schreiben wie in 2021 verfahren wird. Es sieht nicht danach aus, dass eines zum Jahresbeginn vorliegt. Die 20000 sind noch kein Gesetz. Also abwarten und erst einem nicht mehr handeln. Mit "man muss davon ausgehen", kehrt erst einmal Unsicherheit ein.

    16:32 Uhr, 13.12.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Juancor
    Juancor

    Wäre man eigentlich von dieser Derivate-Steuer auch dann betroffen, wenn man seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt? Als hauptberuflicher Trader ist es mir eigentlich egal, ob ich von Deutschland oder Malta aus, den Dax30 Index handle. Kennt sich jemand damit aus?

    10:32 Uhr, 27.07.2020
    2 Antworten anzeigen
  • Nutellatrader
    Nutellatrader

    Eine ganz entscheidende Sache darf man nicht außer Acht lassen. CFD Broker haben keine Lobby. Emittenten, Banken schon. Die Steueränderungen in Bezug auf den derzeitigen Entwurf würden wohl auch zu erheblichen Umschichtungen im Privatkundengeschäft zu Gunsten der Emittenten führen. Viele werden wohl wechseln. Es gibt ca. 200.000 CFD Konten in Deutschland. Das ist ein Markt. Oder: CFDs werden zu Zerifikaten umgebaut und CFD Broker werden zu Emittenten.

    12:35 Uhr, 12.07.2020
  • bafo
    bafo

    Hallo, zählen die Open End Knock Out Scheine auch zu der betroffenen Gruppierung?

    09:24 Uhr, 09.07.2020
    2 Antworten anzeigen
  • Perigold84
    Perigold84

    Genossenschaft + GmbH ist bietet steuerlich viel mehr Vorteile als eine reine GmbH!!!

    20:21 Uhr, 08.07.2020
    1 Antwort anzeigen
  • SpaceRider
    SpaceRider

    Wie verhält es sich mit dem reinen Forex-Handel mit Währungen ohne CFDs?

    20:05 Uhr, 08.07.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Scotch
    Scotch

    Danke, für Ihre regelmäßigen updates zu dem Thema.

    Ihr Hinweis (CFD ist praktisch und transparent) enthält genau die Begründung auf die Frage ob ein CFD ein Termingeschäft ist oder nicht: CFD ist im Vergleich zu Optionsscheinen kein Termingeschäft. Sind bei Optionsscheinen (delta, gamma, theta, vega, Zinsen, Laufzeit) zu beachten, dann ist ein Optionsschein für mich ein Termingeschäft. Jetzt soll aber der Optionsschein steuerlich besser gestellt werden als der CFD. Dieser Widerspruch ärgert mich. Kann von offizieller Seite mal dieser Widerspruch begründet werden? Hier liegt meines Erachtens ein Grund für die Durchsetzung einer einstweiligen Verfügung vor, um das Gesetzt erst gar nicht in Kraft treten zu lassen.

    Warum muss bei so eindeutigen Fragen erst immer ein langjähriges Gerichtsverfahren stattfinden. Mein Aufruf an alle Finanzrechtsanwälte: Macht bitte Druck auf die Behörden!

    10:31 Uhr, 08.07.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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