Athen: Rettung steht auf tönernen Füßen
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Berlin (BoerseGo.de) - Die Zeit ist knapp bemessen: Bundestagspräsident Norbert Lammert hat seine Zweifel am engen Zeitplan zum Parlamentsentscheid über das zweite Hilfspaket für Athen geäußert. Bis zum letzten Sitzungstag des Parlaments am vergangenen Freitag seien die Voraussetzungen für eine weitere Unterstützung Griechenlands noch nicht gegeben gewesen, sagte er der "Financial Times Deutschland" vom Dienstag. Er hoffe, dass in den beiden kommenden Wochen bis zur geplanten Abstimmung alle Bedingungen erfüllt würden, die eine Zustimmung des Bundestags ermöglichten, so Lammert. "Ob die dafür vorgesehene Beratungszeit reichen wird, wird man sehen."
Am ersten Tag der kommenden Sitzungswoche, dem 27. Februar, sollen die Abgeordneten in Berlin über das neue Hilfsprogramm in Höhe von rund 130 Milliarden Euro abstimmen. Zuvor ist lediglich eine kurze Beratung in den Fraktionen geplant, berichtete die Nachrichtenagentur dpa.
Sollten die Rettungsbemühungen für das hochverschuldete Griechenland scheitern, stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht solch ein Szenario inzwischen gelassener. Seiner Meinung nach ist die Euro-Zone für eine Staatspleite Griechenlands inzwischen besser gewappnet. "Wir sind besser vorbereitet als vor zwei Jahren," sagte Schäuble dem ZDF am Montag: Dennoch tue die Währungsgemeinschaft alles, um Griechenland zu retten. "Wir arbeiten sehr intensiv daran - die Europäischen Kommission und alle EU-Institutionen, um alles zu tun, um Griechenland zu helfen und wirtschaftlich voranzubringen."
Schäuble appellierte aber auch an die griechische Regierung, den Parteienstreit zurückzustellen und die Hilfsangebote der Europäischen Union zu akzeptieren. Es sei klar, dass Griechenland lange über seine Verhältnisse gelebt habe, so der CDU-Politiker im ZDF. Er stellte zudem klar, dass er das neue griechische Sparpaket für alternativlos halte. Die Griechen hätten zu lange über ihren Verhältnissen gelebt.
Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden hält einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone inzwischen für möglich, sollten die Reformanstrengungen nicht ausreichen. Die Währungsgemeinschaft müsse zwar alle Anstrengungen zu ihrem eigenen Erhalt unternehmen, sagte er am Montag in Washington. Wenn Griechenland seine Reformzusagen aber nicht erfülle, müsse das Land die Euro-Zone verlassen.
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), kritisierte die seiner Meinung nach bisher einseitige Politik der EU-Staatschefs. Sie führe zu einer ausweglosen wirtschaftlichen Depression in Griechenland. "Haushaltsdisziplin muss sicherlich sein", sagte er der „Rheinischen Post“. Man brauche dringend Investitionen, die der Bevölkerung eine echte Zukunftsperspektive aufzeigten, so Schulz. Gelder der EU könnten beispielsweise in die Produktion von Solarenergie oder in den Ausbau von Straßen, Schienen und Häfen fließen. "Flankierend zu den Sparbeschlüssen muss es dringend eine nachhaltige Investitions- und Wachstumsinitiative geben. Sonst verpuffen die Finanzmittel genauso wie frühere Pakete", forderte der SPD-Politiker.
Das Parlament in Athen hatte am Sonntag den Weg für ein zweites Hilfspaket frei gemacht und weitere Sparmaßnahmen beschlossen. Um an das Geld heranzukommen, muss Athen aber noch weitere Auflagen erfüllen, darunter auch eine endgültige Einigung mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt. Laut dem "Handelsblatt" ist aber nicht mehr zu erwarten, dass sich genügend private Gläubiger am freiwilligen Schuldenschnitt beteiligen werden. Bei zu geringer Beteiligung aber würde die angestrebte Schuldenerleichterung für Griechenland von gut 100 Milliarden Euro nicht erreicht. In Notenbankkreisen gehe man deshalb davon aus, dass Griechenland die Anleihebedingungen per Gesetz ändert, schreibt das Blatt. So würde eine Verzichtsvereinbarung für alle Anleihebesitzer (auch Kleinanleger) verbindlich, sobald 50 Prozent der Anleihegläubiger dafür stimmten. Sowohl die Politik als auch die Europäische Zentralbank hatten aber stets darauf gedrungen, dass der Schuldenschnitt „freiwillig“ sein müsse.
Über das weitere Vorgehen in der Causa "Griechenland" beraten die Euro-Finanzminister am Mittwoch.
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