Fundamentale Nachricht
16:06 Uhr, 08.12.2020

Anleiheausblick 2021 - High Yield und Investment Grade im Fokus

Die drei Aviva Investors High-Yield-Portfoliomanager Kevin Mathews, Brent Finck und Sunita Kara sind überzeugt, dass drei Themen die Anlageklasse im Jahr 2021 prägen werden.

Der High-Yield-Ausblick: Rettung der Zombies, bessere Fundamentaldaten und Geldpolitik

Die drei Aviva Investors High-Yield-Portfoliomanager Kevin Mathews, Brent Finck und Sunita Kara sind überzeugt, dass folgende drei Themen die Anlageklasse im Jahr 2021 prägen werden.

  1. Nicht alle Zombies sind dauerhaft verloren

Größter Treiber des High-Yield-Marktes im kommenden Jahr wird der Wettlauf zwischen dem Coronavirus und den Impfstoffen sein. Die nächsten Monate werden hart – doch sobald die flächendeckende Versorgung mit mindestens einem Impfstoff beginnt, könnte dies auch einige der viel diskutierten Zombie-Unternehmen retten.

Der High-Yield-Markt schwankt derzeit zwischen Nachrichten zu den Impfstoffen, ihrer Wirksamkeit und ihrer möglichen Verfügbarkeit in verschiedenen Regionen sowie der Entwicklung der täglichen Fallzahlen. Im kommenden Jahr dürften die Volatilitätsschübe allmählich abnehmen, da High-Yield-Unternehmen einen klareren Überblick bekommen.

Die vom Coronavirus am härtesten getroffenen Unternehmen im Reise- und Freizeitsektor werden ihren Betrieb wiederaufnehmen können, sobald ein ausreichend großer Teil der Bevölkerung geimpft ist. Im Jahr 2020 waren viele von ihnen zu sogenannten Zombie-Unternehmen geworden, da sie enorme Mengen an Schuldtiteln ausgegeben hatten, um sich bis zur Wiederaufnahme ihrer Geschäftstätigkeit über Wasser zu halten. Nach bis zu einem Jahr mit keinen oder nur sehr geringen Einnahmen werden sie langsam zur Normalität zurückkehren – nicht alle Zombies sind also dauerhaft verloren.

  1. Geduld dürfte sich auszahlen

Die Wende bei den Fundamentaldaten der Unternehmen wird den High-Yield-Markt ebenfalls prägen. Im Laufe des Jahres 2021 wird der Markt einen Höchststand bei Ausfällen und Verschuldung verzeichnen – ein direkter Nebeneffekt des anziehenden Ertragswachstums.

Die Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit von High-Yield-Unternehmen und die daraus resultierende Rückkehr zum Ertragswachstum wird es einigen Unternehmen ermöglichen, einen Ausfall zu vermeiden. Sobald die Sicht klarer wird, dürften die Ausfallraten sinken. Zudem wird es den Unternehmen möglich sein, ihren Verschuldungsgrad zu senken, der dieses Jahr ihr Überleben gesichert hat. Einige der am härtesten getroffenen Anleihen könnten ein starkes Comeback erleben, wenn die emittierenden Unternehmen lange genug überleben, um wieder Geld verdienen zu können.

  1. Deutlicher Aufschwung der Fundamentaldaten erwartet

Angesichts der angepassten Inflationsziele der US-Notenbank Fed sowie der Lektionen aus der globalen Finanzkrise dürften die Zentralbanken die Zinsen niedrig halten und ihre Anleihekäufe für einige Zeit fortsetzen. Daraus wird im Jahr 2021 wahrscheinlich ein erneut hoher Refinanzierungsgrad folgen.

Die Fed hat bei ihrer diesjährigen Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie ihre Inflationsziele angepasst und lässt nun zu, dass die Inflation vorübergehend über zwei Prozent hinausgeht. Es wird allgemein erwartet, dass die Europäische Zentralbank bei der Veröffentlichung ihrer eigenen Überprüfung 2021 einen ähnlichen Standpunkt einnimmt. Zudem haben diese beiden Notenbanken die Gefahren erkannt, die mit einer verfrühten Straffung der Geldpolitik einhergehen und die sich im Zuge der globalen Finanzkrise gezeigt haben.

Diese gemeinsame neue Haltung zweier bedeutender Notenbanken dürfte eine weiterhin lockere Geldpolitik mit sich bringen, auch wenn die Beschäftigungssituation sich verbessert und sich Zeichen einer anziehenden Inflation bemerkbar machen.

Angesichts anhaltend niedriger Zinsen wird der High-Yield-Markt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein weiteres Jahr mit erhöhtem Angebot erleben, da die Unternehmen die günstigen Bedingungen zur Refinanzierung nutzen werden. Derzeit bieten sich den Unternehmen attraktive Bedingungen dafür, an den Markt zurückzukehren und zusätzliches Fremdkapital aufzunehmen – seien es kurzfristigere oder kostspieligere Schuldtitel oder beides.

Die Renditen dieser Anlageklasse liegen historisch niedrig, nicht aber die Credit Spreads: Hier scheint es noch Raum zur Verengung zu geben. Da für nächstes Jahr allgemein mit mindestens einem Impfstoff und einer anhaltend lockeren Geldpolitik gerechnet wird, dürfte der High-Yield-Markt zudem einen deutlichen Umschwung bei den Fundamentaldaten der Unternehmen erleben. All dies würde die Anlageklasse stützen.

Unternehmen, die von der Pandemie besonders hart getroffen wurden, sich aber über Wasser halten konnten, dürften erhebliche Zuwächse verzeichnen, sobald wieder Normalität einkehrt. Hier ist ein selektiver Ansatz jedoch unverzichtbar, da nicht alle Unternehmen genug Liquidität aufnehmen konnten, um die gesamte Krise durchzustehen. Emittenten, die nicht über den nötigen Spielraum verfügen, um bis zum Neustart ihres Geschäfts zu überleben, sind dringend zu meiden.

***

Der Ausblick für Investment Grade-Anleihen: Konjunkturmaßnahmen, M&A und US-Politik

Laut den Aviva Investors Investment-Grade-Portfoliomanagern Mike Cho und Jonathan Manning prägen folgende vier Themen die Anlageklasse im Jahr 2021:

  1. Lockere Geldpolitik dürfte Credit Spreads stützen

Gedämpftes globales Wachstum, anhaltende Unterstützung durch Staaten und Zentralbanken und die relative Sicherheit der Anlageklasse könnten im nächsten Jahr ideale Bedingungen für Investment-Grade-Anleihen schaffen.

Am Ende des Tunnels gibt der versprochene Impfstoff den Volkswirtschaften und vielen Sektoren Hoffnung und könnte die Notenbanken dazu bringen, die zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ergriffenen außergewöhnlichen Konjunkturmaßnahmen ein wenig zurückzufahren. Mit Blick auf die Credit Spreads schafft dies Ungewissheit.

Die Notenbanker betonen jedoch, dass die Unterstützung noch weit ins Jahr 2021 fortgeführt wird, da eine verfrühte Straffung der Geldpolitik vermieden werden soll. Wahrscheinlich ist eine schrittweise Verringerung der Konjunkturmaßnahmen, zumal die Impfstoffe wohl nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2021 flächendeckend verfügbar sein werden. Die Fortsetzung der lockeren Geldpolitik dürfte die Credit Spreads stützen.

Zudem könnte das globale Wirtschaftswachstum so lange verhalten bleiben, bis die flächendeckenden Impfungen beginnen, was wiederum das Risiko eines Inflationsschubs und einer geldpolitischen Straffung vermindert. Dieses Szenario könnte zu idealen Bedingungen für Investment-Grade-Anleihen führen, da das gedämpfte globale Wachstum, die anhaltenden staatlichen Konjunkturmaßnahmen und die relative Sicherheit der Anlageklasse sich zumindest in der ersten Jahreshälfte 2021 allesamt positiv auswirken dürften.

  1. Steigende M&A-Aktivitäten erwartet

Die Nachfrage nach Investment-Grade-Anleihen wird auch im kommenden Jahr voraussichtlich hoch bleiben, während das Angebot möglicherweise wieder das niedrigere Niveau von vor der Pandemie erreichen wird. Bei anziehendem Wachstum und schwindender Unsicherheit bezüglich der politischen Maßnahmen, könnten wir jedoch eine wachsende Zahl von Fusionen und Übernahmen (M&A) erleben. Dies würde für bestimmte Akteure und Sektoren mit Risiken einhergehen. Es ist jedoch auch möglich, dass die Unternehmen bei ihren Bilanzen größere Disziplin walten lassen. Insgesamt dürfte die Dynamik von Angebot und Nachfrage positiv bleiben.

Die historisch hohe Emissionssumme von Unternehmensanleihen in diesem Jahr traf auf eine starke Nachfrage von Anlegern, die durch Renditehunger und die relative Sicherheit der Anlageklasse bedingt war. 2021 werden die Unternehmen wohl wieder ihr gewohntes Maß an Neuverschuldung und Refinanzierung zeigen, wodurch die Neuemissionen deutlich absinken und sich wieder dem Niveau von vor der Krise nähern dürften.

Andererseits ist es unwahrscheinlich geworden, dass die als weniger wirtschaftsfreundlich empfundenen Aspekte der Agenda der US-Demokraten umsetzbar sind – seien es höhere Unternehmenssteuern, eine strengere Bankenregulierung oder Fracking-Verbote. Dies könnte dem Expansionsinstinkt von Unternehmen auf der Suche nach Wachstum einen Schub verleihen, darunter auch M&A-Aktivitäten. Daraus ergeben sich Risiken für Anleihegläubiger, auch wenn die jüngsten Erfahrungen mit steigender Verschuldung und Liquiditätsengpässen auf dem Höhepunkt der Corona-Krise im März darauf hindeuten, dass die Unternehmen im kommenden Jahr ein disziplinierteres Bilanzmanagement an den Tag legen könnten.

Die starke Nachfrage 2020 wird dank der anhaltenden Unterstützung der Notenbanken und dem Renditehunger der Anleger wohl weitgehend bestehen bleiben. Dies sorgt für positive technische Unterstützung, die einige der Unternehmensrisiken ausgleichen könnte. Insgesamt könnten die im Jahr 2021 herrschenden Bedingungen sich moderat positiv auf die Spreads auswirken.

  1. Neuen Schwung durch neue US-Regierung

Eine gespaltene US-Regierung könnte im Bereich Investment-Grade-Anleihen zu einem Goldlöckchen-Szenario führen, da disruptive Gesetzesinitiativen in weitere Ferne rücken und die neue Regierung möglicherweise versuchen wird, handels- und geopolitische Spannungen abzubauen.

Eine gespaltene US-Regierung dürfte sich positiv auf Investment-Grade-Anleihen auswirken, da die erwähnten disruptiven Gesetzesinitiativen in vielen Sektoren – darunter Energie, Banken und Gesundheitswesen – nun wohl vom Tisch sind. Hierdurch sinken die Tail-Risiken am Investment-Grade-Markt.

Die neue US-Regierung könnte zudem versuchen, geopolitische Spannungen und bestimmte Handelskriege zu entschärfen. Zumindest dürfte sie bei Handelskonflikten einen maßvolleren Ansatz wählen und multilaterale Lösungen anstreben. Für Unternehmen bedeutet dies weniger Unwägbarkeiten und bessere Planbarkeit anstehender Veränderungen. Ein solches Umfeld wäre positiv für international engagierte Investment-Grade-Unternehmen.

  1. Europäische Banken und ausgewählte Nicht-Zykliker

Die Bedingungen für Investment-Grade Credit Spreads scheinen für das kommende Jahr positiv zu sein, doch die Bewertungen sind in vielen Bereichen angemessen oder hoch, was dem Aufwärtspotenzial Grenzen setzt. Wie immer ist ein selektives Vorgehen mit Blick auf Unternehmen und Sektoren ratsam.

Da die Zinsen niedrig bis negativ bleiben und die globale Renditejagd andauert, erscheinen renditestärkere Marktsektoren wie hybride Unternehmensanleihen und nachrangige Finanztitel attraktiver.

In Bezug auf die einzelnen Sektoren nehmen wir eine positive Haltung zu Banken ein. Dies gilt weltweit, aber noch mehr in Europa und insbesondere, wenn wir die Bewertungen berücksichtigen. Die Bilanzen sind robuster als noch vor einigen Jahren und verbessern sich weiter. In Europa vollzieht sich eine starke Konsolidierung, besonders in den Peripherieländern. All dies wirkt sich positiv auf den Sektor aus.

In den USA konnten für die Corona-Pandemie anfällige Sektoren nicht mit der Spread-Erholung mithalten und entsprechend Aufwärtspotenzial bieten, sofern wir eine weltweite Erholung und anhaltend höhere Ölpreise erleben. Dennoch bleibt eine selektive Titelauswahl im Energiesektor unverzichtbar. Andere besonders hart von der Krise getroffene Sektoren wie die Raumfahrt und bestimmte zyklische Konsumgüter haben ebenfalls Potenzial für eine weitere Erholung und Spread-Verengung, wobei das Tempo der Erholung von der Impfstoffverteilung abhängen könnte.

Darüber hinaus sehen wir Chancen in einigen nicht-zyklischen Sektoren wie Gesundheit und Technologie, Medien und Telekommunikation. Dort schätzen wir insbesondere BBB-Anleihen mit attraktivem Carry von Unternehmen, die nach einer Fusion oder Übernahme ihren Verschuldungsgrad senken können.

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