Fundamentale Nachricht
13:17 Uhr, 09.04.2020

Animal Spirits bei einem waidwunden Tier? – Schwer vorstellbar

Erik Weisman, Portfoliomanager und Chefökonom und Robert M. Almeida, Portfoliomanager und Globaler Investmentstratege bei MFS Investment Management, rechnen mit einer weiteren Zweiteilung der Märkte, mit klaren Gewinnern und ebenso klaren Verlierern.

Nach seinem Abschied von der Fed hat der frühere Vorsitzende Ben Bernanke einmal gesagt, dass er in der internationalen Finanzkrise zum Querdenker wurde: „Wir wussten, dass wir etwas Neues wagen und neue Lösungen entwickeln mussten“.

In den letzten Wochen boten Notenbanken und Fiskalpolitiker alle verfügbaren Mittel auf, um einen Zusammenbruch der Märkte zu verhindern. Zuerst reaktivierten sie ihre Instrumente aus der Zeit der großen Finanzkrise, damit die Märkte für risikobehaftete Titel wieder liquide wurden. Außerdem unterstützten sie bedürftige Unternehmen, Kommunen und Haushalte finanziell. Als das alte Drehbuch abgearbeitet war und die Krise immer schlimmer wurde, wurden weltweit neue, mutige Maßnahmen geplant, um noch schlimmere Marktverwerfungen zu verhindern.

Immer länger wurde die Liste alter und neuer Maßnahmen, um das Weltfinanzsystem mit massiven und beispiellosen Kapitalspritzen zu versorgen. So hat die Fed an nur einem einzigen Tag mehr Wertpapiere gekauft als in jedem der zwölf Monate des Jahres 2008. Und erinnern Sie sich noch an das riesige staatliche Ausgabenpaket 2009? Verdoppeln Sie es und legen noch eine Schippe drauf – und Sie haben etwa den Betrag, mit dem der Staat die US-Wirtschaft hoffentlich funktionsfähig hält. Auch andere Länder klotzen, statt zu kleckern. Wer legt das größte Konjunkturprogramm auf?

Groß ist es. Aber wird es funktionieren?

Wie in früheren Krisen wollte man zunächst Liquiditätsprobleme an wichtigen Märkten lösen, etwa am Geldmarkt und am Commercial-Paper-Markt. Keinesfalls sollte fehlende Liquidität den Kreditmarkt stilllegen. Auch wenn sich die Fortschritte bislang in Grenzen halten, gibt es klare Anzeichen dafür, dass sich die meisten Kreditmärkte zumindest etwas entspannen.

In früheren Rezessionen und Krisen wollte die Politik durch staatliche Ausgabenprogramme die Animal Spirits wiederbeleben. Aber diesmal haben Abschwung und Konjunktureinbruch andere Gründe als sonst. Diesmal brachten die Bemühungen, eine Gesundheitskrise einzudämmen, die Wirtschaft zum Stillstand – die Herausforderungen sind also ganz andere. Notenbanken und Politiker können schwerlich die Produzenten zu einer höheren Produktion und die Konsumenten zu mehr Konsum bewegen, wenn unsere Gesellschaft vor allem eines braucht: Isolation. Stattdessen wird jetzt versucht, Branchen mit Einnahmeausfällen unter die Arme zu greifen. Denn die altbekannten Konjunkturmaßnahmen, die auf die Animal Spirits abzielen, sind mit Social Distancing unvereinbar.

Wir meinen, dass die Politik eine Liquiditätskrise durchaus beheben kann und ihr das auch gelingen wird. Wir rechnen aber mit einer weiteren Zweiteilung der Märkte, mit klaren Gewinnern und ebenso klaren Verlierern. Gewinnen dürften Firmen mit robusten Geschäftsmodellen. Ihre Kurs-Gewinn-Verhältnisse könnten über den Marktdurchschnitt steigen, ihre Fremdkapitalzinsen unter den Durchschnitt fallen. Wertpapiere solcher Firmen dürften vielversprechend sein. Dem stehen die Verlierer gegenüber. Hier rechnen wir mit fallenden Bewertungen und steigenden Kapitalkosten. So innovativ manche staatlichen Hilfsprogramme auch sein mögen, sie können einem waidwunden Tier keine neuen Animal Spirits einhauchen. Der Höhepunkt der Corona- Pandemie muss erst hinter uns liegen. Bis dahin ist die Einzelwertauswahl vermutlich wichtiger denn je – oder zumindest so wichtig wie noch nie in unserem langen Berufsleben, das uns jetzt noch länger vorkommt.

1 Kommentar

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  • tschak
    tschak

    daher SEI INVESTOR.
    Skin in the Game.
    OWN MONEY.
    Come on and start: WALK THE TALK

    So habe ich es gemacht. Es zahlt sich aus, wenn DU wirklich weißt was Du tust.
    cheers
    LG

    P.s. Anlagehorizon von 15 bis 20 Jahren : --)
    YES von Einem, der schon seit dem Jahr 2000 dabei ist - somit RESILIENT wie STAHL !

    13:38 Uhr, 09.04.2020