Kommentar
07:36 Uhr, 26.06.2014

„Am sinnvollsten investiert man in Produktivkapital"

Daniel D. Eckert, Finanzjournalist und Buchautor, hat mit „Alles Gold der Welt“ jüngst den Deutschen Finanzbuchpreis 2014 gewonnen. Der 43-jährige „Welt“-Redakteur erregte schon vor vier Jahren mit seinem Wirtschaftsbestseller „Weltkrieg der Währungen“ großes Aufsehen.

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Eckerts Ziel ist es, auch unbedarften Anlegern praxisrelevantes Wissen über Geldanlage, Vermögensaufbau und Wertpapierauswahl auf verständliche und umsetzbare Weise zu vermitteln. Eckert will Anleger zum Nachdenken über die eigene Geldanlage ermuntern. In seinem aktuellen Buch beschäftigt sich Eckert mit der Frage, wie Gold zur Stabilisierung der nach immer mehr Geldzuflüssen lechzenden Weltwirtschaft dienen kann.

Herr Eckert, die Deutschen sind gemeinhin als Aktien- und Anlagemuffel bekannt. Will Ihr Buch ein Stück Entwicklungshilfe leisten?

Was die Geldanlage angeht, sind die Deutschen in eine Art Schockstarre verfallen. Seit der Eurokrise, so hat es den Anschein, wissen wir gar nicht mehr wohin mit unserem Geld. Das Ergebnis ist paradox: Fast zwei Billionen Euro gammeln auf Bankkonten vor sich hin, praktisch unverzinst. Zwei Billionen! Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Am sinnvollsten investiert man in Produktivkapital, also Aktien und Unternehmensbeteiligungen. Die sind übrigens auch relativ inflationsresistent und bringen dank Dividenden und Ausschüttungen einen laufenden Ertrag. Jedoch haben viele schlechte Erfahrungen gemacht und lehnen die Börse jetzt aus Prinzip ab. Eine der Lehren meines Buches: Mit Gold kann man sich gegen Erschütterungen im Finanzsystem absichern. Wer fünf oder zehn Prozent seines Vermögens in Edelmetall hält, kann ruhig schlafen, auch wenn er Aktien besitzt.

Der Goldpreis ist nach einem Anstieg über mehr als ein Jahrzehnt hinweg im vergangenen Jahr sehr kräftig gefallen. Die jüngsten Anstiege verlaufen trotz des Weiterschwelens der Finanzkrise (entgegen allen offiziellen Beteuerungen) und des (bewaffneten) Konflikts um die Ukraine moderat: Wie lässt sich das erklären?

Zunächst einmal: Der Goldpreis steht ja immer noch fast dreimal so hoch wie vor zehn Jahren. 2014 hat für das gelbe Metall an den Rohstoffmärkten sehr gut begonnen, und dass obwohl nahezu alle Banken negative Prognosen abgegeben hatten. Ober vielleicht gerade deshalb. Aber jenseits aller Tagesschwankungen. Aus historischer Perspektive befinden wir uns ganz klar in einem monetären Paradigmenwechsel, der mit einer Wiederentdeckung des gelben Metalls einhergeht. Ein klares Indiz dafür: Vergangenes Jahr haben die Notenbanken der Welt netto für fast 400 Milliarden Dollar Gold gekauft – nicht mehr so viel wie 2012, aber dennoch einer der höchsten Werte seit den Sechzigerjahren, und damals hatten wir einen goldunterlegten Dollar!

Kam der Einbruch des Goldpreises im vergangenen Jahr für Sie überraschend?

Ich muss gestehen, dass ich im Jahr 2012 schon etwas skeptisch geworden war. Nicht dass sich die fundamentalen Gründe für Gold abgeschwächt hätten. Von einer Abkehr von der Ramschgeldpolitik der Notenbanken kann ja bis heute keine Rede sein. Wo die Fed den Anschein erweckt, womöglich zaghafter Geld zu drucken, gehen Bank of Japan und bald wohl auch die EZB aggressiver vor. Nur fiel mir auf, dass die Stimmung immer euphorischer wurde. Die Titelseite der BILD mit „Wo finde ich in Deutschland noch Gold“, die immer dicker werdenden Investmentstudien und das Verstummen der Gegenstimmen …

Aber auch mit dieser Heftigkeit?

Nun, Euphorie ist bei einer börsengehandelten Ware meist kein gutes Zeichen. Dass der Preissturz dann mit dieser Vehemenz kam, war nicht unbedingt zu erwarten. Aber so ist es wohl in einem hoch gehebelten Finanzsystem, in dem Informationen in Sekundenbruchteilen um die Welt reisen. Änderungen der Erwartungen werden schlagartig eingepreist, selbst wenn sich die Rahmenbedingungen nur wenig ändern. Spekulanten, die von heute auf morgen von der Long- auf die Short-Seite wechseln, tun dann ein Übriges. Ich nenne als Stichwort nur das wankelmütige Verhalten der großen ETF-Investoren, nämlich der Hedgefonds.

Sie legen dar, dass unser Geldsystem über einen neuen Goldstandard abgesichert werden sollte. Welche Argumente gibt es dafür?

Ich schlage vor, dass Gold als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen wird, zusätzlich zum Euro. Dann kann sich jeder entscheiden, ob er lieber mit Euro bezahlt oder mit Gold, ob er seine Ersparnisse in Papiergeld anlegt oder in Edelmetall. Wenn wir das machen, wird sich ein gesunder Währungswettbewerb entwickeln, der die EZB zwingt, den Euro verantwortungsvoll zu managen. Gold bringt eine besondere Kombination von Eigenschaften, die es dazu prädestinieren, Geld zu sein: Es hat einen Nutzwert, ist beständig, weltweit anerkannt und kommt nur sehr selten vor. Ich denke, in unserer Zeit gibt es gute Argumente, diesen Wertanker wieder zu nutzen.

Werden die bevorstehenden Anleihekäufe der EZB für Deutschland gefährlich? Wie sollten Anleger reagieren?

Da muss man unterscheiden: Kurzfristig kann es die Stimmung in der Eurozone positiv beeinflussen. Ökonomen warnen ja allenthalben vor dem Gespenst der Deflation in der Peripherie. Wertpapierkäufe der Zentralbank könnten da ein Signal setzen, dass das Preisniveau in einigen schwächeren Ländern wie Spanien oder Griechenland gestützt wird. Das könnte den dortigen Unternehmen die Finanzierung erleichtern und so die Konjunktur beleben. Mittelfristig aber können Anleihekäufe zu einer weiteren Aufweichung unserer Währung führen. Gerade in Deutschland, das wirtschaftlich derzeit auf einer rosa Wolke schwebt, dürfte die Teuerung angeheizt werden. Und sie könnte eine ganze Zeit lang höher bleiben als im Süden der Währungsunion. Wenn wir dann nicht auspassen, werden wir an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Am Ende kann man mit Geld keinen Wohlstand schaffen – das ist die wichtigste Erkenntnis überhaupt.

Was muss passieren, damit Gold zurück ins System kommt?

Lassen Sie mich dazu etwas Grundsätzliches sagen: Egal, ob man sich für die Vorschläge begeistert, die ich in „Alles Gold der Welt“ mache, egal wie man einem Goldstandard gegenübersteht, unser Geldsystem wird in 10 Jahren nicht mehr so sein wie heute. Wir stehen an einer Epochenwende. Und wer heute sagt: Geld, das ist doch nur das gesetzliche Zahlungsmittel – was historisch und ökonomisch falsch ist –, wird sich sehr bald wundern: Im Internet entstehen heute neue Währungen, die nicht mehr verschwinden werden. Ob nun der Bitcoin als Technologie der Weisheit letzter Schluss ist, werden wir sehen, aber diese Innovation ist nun einmal da und wird sich nicht ungeschehen machen lassen. Das heißt: Wir werden so oder so ein Marktgeld bekommen, das mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel konkurriert. Warum dann nicht gleich das gesetzliche Monopol des Euro aufbrechen und den Bürgern die Wahl lassen? Gold hat viele Vorzüge, die es als traditionelles Hartgeld ausspielen kann. Vielleicht wird es noch ein wenig dauern, aber ich bin sicher, dass auch unsere Politiker das Erkennen werden, und dann wird Gold dem Euro gleichgestellt.

Eine letzte Frage: Haben Sie schon Pläne, was Sie mit dem Preisgeld von 10.000 Euro machen?

China ist ein Land, das mich fasziniert und das ich noch nicht so gut kenne, wie ich das möchte. Dort würde ich gern etwas Zeit verbringen. Da kommt mir das Preisgeld gerade recht. Vielleicht fahre ich aber auch nach Kentucky und schaue mir Fort Knox mal aus der Nähe an.

Die Fragen stellte Helge Rehbein.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen