Kommentar
08:26 Uhr, 04.05.2015

Alarmsignal? Liquiditätsmangel droht!

Geldschwemme – von wegen! Liquidität wird knapp. Das kann zu Turbulenzen führen.

Die Geldschwemme der Notenbanken ist zwar so gut wie grenzenlos, aber das hilft nicht jedem. Konkret kommen Teilnehmer des Refinanzierungsmarktes (Repo Markt) in Bedrängnis. Der Grund: Sicherheiten werden knapp.
Über den Repo Markt können sich Teilnehmer wie Hedge Fonds Geld beschaffen. Sie bekommen gegen die Hinterlegung einer Sicherheit Geld. Die Sicherheiten sind für gewöhnlich kurzfristige Schuldpapiere, die eine gewisse Qualität haben müssen. Insbesondere Staatsanleihen sind daher beliebte Sicherheiten. In den USA sind das die Treasury Bills. T-Bills haben Laufzeiten von einem, drei oder sechs Monaten. Das Problem: Sicherheiten werden knapp.

Eigentlich kann man es kaum glauben. Es wurden in der vergangenen Jahren Schulden aufgenommen wie niemals zuvor und trotzdem werden kurzfristige Anleihen knapp. Tatsächlich ist es so, dass der sich Staaten immer weniger kurzfristig Geld leihen, sondern immer mehr Anleihen mit längerer Laufzeit begeben. Grafik 1 zeigt den Trend der Bruttoanleihenausgabe in den USA. Das Volumen aller Anleihen ist leicht rückläufig. Besonders stark geht das Volumen bei den T-Bills zurück.

Obwohl das Volumen rückläufig ist, wirkt es noch immer so, als würden Unmengen an T-Bills begeben. Bis zu einem gewissen Grad ist das korrekt. Nachdem T-Bills aber eine kurze Laufzeit haben, müssen auch regelmäßig hohe Milliardenbeträge wieder zurückgezahlt werden. Früher zahlte der Staat dieses Geld zurück, indem er einfach neue Bills ausgab. Das ist nicht mehr so. Kurzfristige Schulden werden mit Geld zurückgezahlt, die sich der Staat auf längere Zeit leiht.
Grafik 2 zeigt die Nettoausgabe von T-Bills. Netto ist die Ausgabe neuer Bills weniger der fällig werdenden Anleihen. Seit 2010 ist die Nettoausgabe negativ. Das heißt, dass der Staat das Volumen insgesamt reduziert und weniger T-Bills in Umlauf sind. Seit Ende 2009 hat sich das ausstehende T-Bill Volumen um 527 Mrd. USD reduziert. Das sind 527 Mrd. weniger an Sicherheiten, die Fonds für Repo Geschäfte hinterlegen können.

Dieser Trend zeigt sich im Gesamtvolumen des US Repo Marktes. Die Größe des Marktes ist eng zur Ausgabe von T-Bills korreliert. T-Bills machen in etwa die Hälfte der hinterlegten Sicherheiten aus. Reduziert sich das ausstehende Volumen von T-Bills, dann ist auch davon auszugehen, dass der Repo Markt darunter leidet. Es gibt nur eine geringe Zahl von Sicherheiten, die T-Bills ersetzen könnten. Deren Volumen ist begrenzt.
Grafik 3 zeigt das Volumen des US Repo Marktes. Mit über 3 Billionen USD ist er noch immer sehr stattlich. Es waren allerdings auch schon einmal 2 Billionen mehr. Das sind letztlich 2 Billionen, die Unternehmen wie Hedge Fonds sich nun anders beschaffen müssen.

Wie groß das Ausmaß ist zeigt Grafik 4. Primary Dealer sind Banken, die direkt Staatsanleihen kaufen. Werden Staatsanleihen begeben, dann werden diese von den Primary Dealern gekauft und dann erst im Sekundärmarkt weiterverkauft. Wie sich der Markt entwickelt hat zeigt die Grafik. Der Rückgang ist parallel zum Gesamtmarkt.

Der Engpass an T-Bills führt zu einer Marktverzerrung. Einerseits haben es bestimmte Marktteilnehmer schwerer sich zu refinanzieren, weil sie keine Sicherheiten bekommen, um diese dann gegen Cash zu tauschen. Andererseits suchen Marktteilnehmer, die Geld gegen Sicherheiten verleihen, ebenso händeringend nach Anleihen.

In der Theorie würde sich z.B. ein Hedge Fonds Geld bei einem Geldmarktfonds leihen, indem er diesem eine Sicherheit verkauft. Gleichzeitig wird vereinbart, dass der Hedge Fonds zu einem späteren Zeitpunkt die Sicherheit zu einem vereinbarten Preis wieder zurückkauft. Das ist ein klares und einfaches Geschäft. In der Praxis liegen die Sicherheiten nicht einfach bei den Geldmarktfonds herum, sondern werden weiterverwertet. Will ein Hedge Fonds seine Sicherheit wieder zurückkaufen, dann kauft er nicht genau die Anleihen wieder zurück, die er verkauft hat. Der Geldmarktfonds beschafft sich äquivalente Sicherheiten auf dem Markt. Das gelingt immer weniger. Es wird teilweise so händeringend nach T-Bills gesucht, dass die Repo Raten ins Negative gehen. Normalerweise wird dafür gezahlt, dass man sich Geld leiht. Nun zahlen Geldmarktfonds dafür ihr Geld gegen Sicherheiten verleihen zu können. Sie zahlen bis zu 3% Jahreszins dafür, dass sie ihr Cash gegen T-Bills tauschen können.
Selbst der negative Repo Satz hilft nur bedingt. Es kommt immer wieder dazu, dass die Geschäfte nicht rechtzeitig mit gleichwertigen Sicherheiten abgewickelt werden können. Praktisch platzen die Deals dadurch nicht, sondern verzögern sich. Im Moment können knapp 4% aller Reverse Repo (wenn der Hedge Fonds die Anleihen zurückkauft) Geschäfte nicht fristgerecht abgewickelt werden. Das ist ganz schön viel.

Im Moment führt die Knappheit von Sicherheiten dazu, dass es sehr günstig ist sich zu refinanzieren. Das hilft aber nur bedingt. Wenn diejenigen, die sich refinanzieren müssen, keine Sicherheiten mehr bekommen gegen die sie sich Geld leihen können, dann wird es eng. Bei einem Volumen von 3 Billionen sollte auf dem Markt eigentlich nichts schief gehen. Tut es das dennoch, dann kommt es zu gravierenden Turbulenzen. Im schlimmsten Fall kommt der Markt ins Stocken. Banken konnten sich während der Finanzkrise immer noch bei der Notenbank Geld besorgen. Ein Hedge Fonds kann das nicht. Es ist sehr viel schwieriger den Repo Markt aus einer Krise zu reißen als den Interbankenmarkt.

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2 Kommentare

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    Wenn jetzt, wie in Ihrem Beispiel, HedgeFonds ihren Hebel zurückfahren müssen, weil es schwieriger wird, den Kredit zu besichern, dann stellt sich mir aber schon auch die Frage, ob das wirklich so schlimm ist.

    08:57 Uhr, 04.05. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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