Kommentar
10:50 Uhr, 01.09.2020

Aktienmarkt: Blase oder nicht?

Die kurze Antwort: Ja. Die Frage ist aber die falsche. Ob Blase oder nicht, viel wichtiger ist, ob diese auch platzt.

Welchen Bewertungsmaßstab man auch immer anlegen möchte, der Aktienmarkt ist hoch bewertet, vor allem in den USA. Die Wirtschaft – und damit die Gewinne der Unternehmen – werden vom Konsum getragen. Konsumstimmung und Aktienmarkt gehen daher Hand in Hand. Aktuell ist das nicht der Fall. Aktien steigen und das Konsumklima fällt. Der Aktienmarkt läuft den Verbrauchern und damit der Wirtschaft davon. Das muss noch nicht heißen, dass der Markt gleich in einer Blase ist. Eine Übertreibung kommt dann zustande, wenn Unternehmen markant höher bewertet werden als sonst. Das kann man derzeit durchaus feststellen. Einige Analysten betrachten das KGV auf Basis der erwarteten Gewinne. Gemessen daran steuert der Markt auf das Niveau der dotcom Blase zu. Es gibt viele weitere Maßstäbe, die man heranziehen kann, z.B. das Prei-Buchwert-Verhältnis, Preis-Umsatz- oder Preis-Cashflow-Verhältnis, Risikoprämien, Zinsen, Marktkapitalisierung zu Wirtschaftsleistung... sie alle sagen das gleiche: der Markt ist hoch bewertet, ja sogar gefährlich hoch bewertet.


Die Frage ist nicht, ob das korrigiert wird, sondern wann. Optimisten erklären in solchen Fällen gerne, dass wir eine neue Zeitrechnung haben. Jedes Mal werden sie eines Besseren belehrt. Das wird auch dieses Mal nicht anders sein. Kurzfristig kann der Markt aber weiter steigen.

Der Aktienmarkt ist dynamisch gestiegen, doch vergleicht man den S&P 500 zu seinem 200-Tagedurchschnitt erkennt man sofort, dass auch noch mehr möglich ist. Das Momentum ist hoch, aber noch nicht ausgereizt.


Technisch ist der Markt in solider Verfassung. Die Kurse wirken überkauft, aber nicht in einem Ausmaß, das Angst macht. Überbewertung wird auch nicht auf Basis von Charttechnik korrigiert. Es braucht einen Grund, um eine Neubewertung zu beginnen.

Das bringt uns zu der relevanteren Frage, wann die Blase platzt. Auch hier gibt es eine kurze Antwort: nicht jetzt. Die Pandemie nimmt ihren Lauf. Das Überraschungspotenzial für den Markt ist hier gering. Auch der Handelskonflikt mit China ist ein alter Hut, ebenso wie die zahlreichen geopolitischen Spannungen.

Damit der Markt korrigiert oder dreht, braucht es neue Erkenntnisse. Wie die Pandemie gezeigt hat, kann jederzeit ein Schockereignis eintreten. Darauf kann man sich schlecht vorbereiten. Bei dem, was wir wissen und beurteilen können, gibt es Entwarnung. Es drohen keine negativen Überraschungen.

Eine wirklich neue Erkenntnis, die den Markt zur Umkehr zwingen kann, wäre etwa das Scheitern der zahlreichen Impfstoffstudien. Viele Covid-Impfstoffe werden entwickelt, doch über die Wirksamkeit wissen wir noch wenig. Würde sich am Ende herausstellen, dass alle Kandidaten unter den Erwartungen bleiben, gibt es Anpassungsbedarf.

Derzeit kann man nur spekulieren, was den Markt aus der Bahn werfen könnte. Kurzfristig gibt es jedoch keine Entwicklung, die einen immanenten Auslöser darstellt. Der Markt ist überbewertet, aber er wird es auch noch eine Weile bleiben.

Clemens Schmale


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7 Kommentare

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  • LukiLuke
    LukiLuke

    was schrottet sich schneller? Ein Tesla oder die Tesla Aktie?

    Fahren beide grad auf "autopilot"

    14:18 Uhr, 01.09.2020
  • Data75
    Data75

    Die Frage ist, läuft der Markt so weit, dass selbst die erwarteten starken Korrekturen noch knapp über den aktuellen Kursen liegen. ;)

    09:56 Uhr, 01.09.2020
  • mariahellwig
    mariahellwig

    Es sind besonders einige US-TechAktien die extrem heiß gelaufen sind, die Bewertungen jenseits jeder Realität haben wie Zoom, Tesla oder Apple. Man findet aber auch viele Aktien die alles andere als teuer, aber nicht besonders angesagt sind.

    Der Markt scheint mehr Hypes und Modetrends zu folgen als fundamentalen Bewertungen, was vielleicht Rückschlüsse auf die Käuferschicht zulässt.

    08:14 Uhr, 01.09.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Stockhorn
    Stockhorn

    Naja, also gleich ausschliessen würde ich das jetzt nicht kurzfristig! Es gibt mehr als genug Konfliktpotential auf der ganzen Welt. Zudem, der Sept. ist bekannt als Katastrophenmonat. Es kann ein Naturereignis sein, ein massiver politischer Zusammenstoss. Es gibt tausend Varianten. Daher gleich zu sagen kurzfristig passiert nix, ist schon etwas sehr gewagt. Gerade jetzt, wo wir auf den statistisch schlechtesten Monat zugehen.

    08:08 Uhr, 01.09.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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