Kommentar
16:19 Uhr, 01.01.2023

Aktienmarkt 2023 - Jahresausblick

Einen Jahresausblick liest man, um sich nach der Lektüre ein wenig zu beruhigen oder auch nur, um in den eigenen Einschätzungen bestätigt zu werden oder aber gar, um sich darüber aufzuregen, was der Verfasser denn da (aus eigener Sicht) für hanebüchenen "Blödsinn" geschrieben hat.

Erwähnte Instrumente

  • MLP SE
    ISIN: DE0006569908Kopiert
    Kursstand: 5,140 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 13.923,59 Pkt (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • MLP SE - WKN: 656990 - ISIN: DE0006569908 - Kurs: 5,140 € (XETRA)
  • DAX - WKN: 846900 - ISIN: DE0008469008 - Kurs: 13.923,59 Pkt (XETRA)
  • Nasdaq-100 - WKN: A0AE1X - ISIN: US6311011026 - Kurs: 10.939,76 Pkt (Nasdaq)
  • Mattel Inc. - WKN: 851704 - ISIN: US5770811025 - Kurs: 17,840 $ (Nasdaq)
  • Hasbro Inc. - WKN: 859888 - ISIN: US4180561072 - Kurs: 61,010 $ (Nasdaq)
  • United Labels AG - WKN: 548956 - ISIN: DE0005489561 - Kurs: 3,740 € (XETRA)
  • Commerzbank AG - WKN: CBK100 - ISIN: DE000CBK1001 - Kurs: 8,836 € (XETRA)
  • PENN Entertainment Inc - WKN: 905441 - ISIN: US7075691094 - Kurs: 29,700 $ (Nasdaq)
  • Wer mich kennt weiß, dass ich von Jahresausblicken generell und pauschal nicht viel halte und das hat rein gar nichts damit zu tun, wie oft Fundamental- und Technische Analysten dabei regelmäßig daneben liegen, sondern dies liegt schlichtweg in der Natur der Sache.
  • Liegen charttechnisch klare und vor allem saubere Grundvoraussetzungen vor, kann man diese recht zuverlässig und präzise gestalten und davon ausgehen, dass ein Großteil, der in solchen Ausblicken benannten Marken, im Jahresverlauf auch halten bzw. erreicht werden und sich die Verfasser solcher Texte entsprechend dann auch dafür feiern lassen können.
  • Wir haben aus charttechnischer und makroökonomischer Sicht aber kein entsprechend auch nur annähernd passendes Umfeld.
  • In solchen Chart-Strukturen ist und kann ein Jahres-Ausblick nur grobe Spökenkiekerei mit viel "Wenns/Hättes/Abers" sein und man kann froh sein, am Ende des Jahres so halbwegs richtig gelegen zu haben.
  • Dennoch wird "der Blick in die Zukunft" oftmals vom Leser verlangt, sei es, um sich nach der Lektüre ein wenig zu beruhigen oder auch nur hier und da in den eigenen Einschätzungen bestätigt zu werden oder, was auch nicht selten ist, um sich darüber aufzuregen, was der Textverfasser denn (aus eigener persönlicher Sicht) da für einen "Blödsinn" geschrieben hat.
  • Somit sehe auch ich mich manchmal gezwungen, einen "Jahres-Ausblick" abzugeben. Als "Chartie" beißt sich das mit vielen Dingen, denn insbesondere die Preisachse vorherzusagen benötigt über die analytische Präzision und Sorgfalt hinaus auch eine Menge Glück.
  • Rund um den Jahreswechsel befinde ich mich eigentlich immer im Urlaub und nutze die freie Zeit dennoch dazu, die Aktienmärkte zu screenen und hierbei mal über das "normale Alltagsgeschäft" hinaus, auch die Muster in den Monats-, Quartals- und Jahrescharts zu bewerten. Dies habe ich die letzten beiden Tage gemacht, um mir einen groben Überblick darüber zu verschaffen, was dann in 2023 auf mich und die Börsianer generell zukommen könnte.
  • Ich schicke mal gleich vorab, dass man vor allem in den ersten Monaten des Jahres 2023 damit leben muss, sich in einem Status von "nichts Genaues weiß man nicht" zu befinden. Vieles wird davon abhängen, wie in das Jahr gestartet wird (und damit ist nicht nur die erste Handelswoche gemeint!) und wie sich das bis zum Ende des ersten Quartals dann weiter entwickelt.
  • Die Auswertungen auf Tages/Wochen/Monats/Quartals/Jahres-Basis ergeben ein sehr ambivalentes Bild, welches sich nur mit sehr viel Glück im nun gestarteten Jahr 2023 aufklaren kann. Warum ist dem so? Etliche Aktien aus D und natürlich den USA bieten derzeit in ihren Tages- und auch Wochen- aber auch Quartals-Charts recht brauchbare eher bullisch zu interpretierende Muster an. Ein umgekehrtes Bild spucken aber die Monats- und Jahres-Charts aus, denn diese sind in ihrer Lesart eindeutig als bärisch zu definieren. Hieraus dann ein unmittelbar schlüssiges Gesamtbild zu formen, gestaltet sich als schwierig.
  • Man kann aber vieles zunächst auf die Monats-Charts herunter brechen. Solange bei den meisten Aktien und auch Indizes die Hochs aus Dezember 2022 nicht überboten worden sind, dürften Kurserholungen moderat und auch eine nur temporäre Angelegenheit bleiben und ein Großteil der Aktien über kurz oder lang die Dezembertiefs unterbieten. Geschieht dies bereits im Januar, bietet es sich an, Ende Januar und oder auch Februar eine Option für potenzielle Umkehrkerzen im Monats-Chart zu bekommen. Solange ein Unterbieten der Tiefs aus Dezember 2022 nicht allzu sehr in die Nähe der Tiefs aus September/Oktober 2022 führt (was vor allem im Nasdaq schwierig werden würde), bleibt das zunächst einmal harmlos. Grundsätzlich (Ausnahme Nasdaq 100) bieten die großen Indizes derzeit weder nach oben noch nach unten großartig viel an. Grob 5-7 % in beide Richtungen dürfen derzeit nämlich sowohl Bären als auch Bullen aus unterschiedlichen charttechnischen Gründen für sich beanspruchen. Die stärkere Fraktion wird sich da am Ende durchsetzen aber vermutlich dann eher auch nicht dauerhaft sondern evtl. der jeweils anderen Partei im Anschluss den Staffelstab überreichen, die dann ihrerseits evtl. das Doppelte (ca. 10-14 %) für sich heraus schlagen könnte.
  • Unter Abwägung der meisten Parameter befindet sich der Markt seit Wochen/Monaten in mehr oder minder permanenten Coinflip-Szenarien, ähnlich wie bei einem Münzwurf besteht eine grobe 50/50-Chance, dass die Charts die persönlich gewünschte Richtung einnehmen und wenn sie das tun, steigt von Tag zu Tag wo sie das machen die Wahrscheinlichkeit an, dass bald wieder die andere Fraktion dran sein wird.
  • Nach diesen eher allgemeinen und vorbereitenden Aussagen nun im Rahmen des für mich Machbaren der Versuch einer Vorhersage:
  1. Vor allem unterhalb der Dezember-Tiefs bestehen übergeordnet exorbitante Risiken, sich bereits in einem Übergang zu einem mehrjährigen Bärenmarkt zu befinden, der mindestens bis ca. 2025/2026 evtl. aber auch bis fast zum Ende des Jahrzehntes andauern könnte. Viele (US-)Aktien notieren noch an oder in der Nähe ihrer Allzeithochs, etliche Aktien hingegen auch an oder in der Nähe ihrer 52-Wochen- oder Mehrjahrestiefs und nicht wenige auf den Niveaus der letzten großen Krisen aus 2008/2009 oder gar in Preisbereichen, die diese Aktien seit über 20 Jahren nicht gesehen haben.
  2. Für die Indizes besteht generell und pauschal (je nach Index) ein übergeordnetes Kurs-Risiko gen Süden von mindestens 20-25 % oder aber auch ca. 45-55 % jeweils gemessen an den Jahresend-Kursen 2022. Diese Risiken können oberhalb der September/Oktober-Tiefs 2022 zunächst in den Hintergrund gerückt werden und nach Überwinden der Dezemberhochs 2022 sogar vorläufig ganz ignoriert werden bzw. müssten je nach Ausdehnungen etwaiger stärkerer Erholungen neu bewertet werden.
  3. Den ca. 20-25 % Risiken stehen zumindest oberhalb der September/Oktober-Tiefs adäquate Chancen gegenüber, die sich im Idealfall ebenfalls auf ca. 20-25 % nach oben definieren lassen (auch hier ab Jahres-Schlusskursen 2022), den übergeordneten Extrem-Risiken von 45-55 % (oder mehr bis hin an ca. 65-80 %) steht derzeit aber kein auch nur annähernd ermittelbares Chancen-Potenzial gegenüber.
  4. Sonstige Auffälligkeiten: Auffällig stark präsentiert sich derzeit fast kein einziger Sektor mehr so, dass man das charttechnisch bestätigen könnte oder das es zumindest auffällig und marktbreit sein würde, es sind mehr Einzel-Stories. Man muss auch eher schauen, dass gewisse Sektoren nicht demnächst ins Taumeln geraten, dazu könnte auch der Erneuerbare Energie-Bereich gehören. Die aktuellen Monatskerzen einer PNE oder auch einer First Solar mahnen zumindest zur Vorsicht ebenso hat es den Lithium-Sektor zuletzt ziemlich zerlegt aber auch hier ist noch immer Rettung über die nächsten Monatskerzen eine Option. Besonders gefährdet wirken auch die Impfstoff-Aktien wie Biontech und Moderna, hier drohen sowohl vom Chart als auch der fundamentalen Seite her jederzeit starke Abgaben. Ansonsten gibt es aber auch positive Entwicklungen festzustellen, zum Beispiel bei der Commerzbank, die nach Jahren in diesem Monat mal wieder über der Ichimoku-Wolke schließen konnte und ähnlich wie andere Werte aus diesem Segment im Jahres-Chart nun eine mittel- bis langfristige Bodenbildung abgeschlossen haben könnte. In Sachen Boden mehren sich zuletzt auch die Versuche bei vielen Immobilien-Aktien, welche aber dann bislang allesamt nicht nachhaltig bleiben konnten, auch hier wären aber auf Jahressicht Tendenzen für bullische Umkehren möglich. Zudem sind einige Segmente schon derart ausgebombt, dass ich dort seit geraumer Zeit stärkere Gegenwehr der Bullen zeigt, hier wären die Sektoren Retail und Konsum zu benennen (speziell Spielwaren) aber auch der Bereich Glückspiel/Onlinewetten. Durchaus möglich, dass sich dort in den kommenden Monaten ein paar Sonder-Stories abspielen, die vom breiten Markt zunächst gar nicht wahrgenommen werden, um ein paar Beispiele zu nennen: Hasbro, Mattel aus den USA oder aber auch die deutlich "kleineren SmallCaps" tonies SE und United Labels AG, auch ein Blick auf die Charts der kleineren Nischenplayer Zeal Network oder Bet at Home wäre angezeigt. Seit Monaten robust sind auch die Casino-Aktien in den USA wie Wynn oder MGM Resorts, hier wäre Penn National Gaming ein potenzieller Nachzügler. Einer meiner persönlichen Favoriten für die kommenden Jahre wäre mit der MLP-Aktie ein heutzutage fast in Vergessenheit geratener Wert.
  5. Fazit: Man muss es nehmen, wie es kommt und schauen, was im breiten Markt zuerst passiert, das Überwinden der Dezemberhochs (2022) oder das Unterbieten der September/Oktobertiefs (2022). Hierbei sollte man den Nasdaq100 außen vor lassen und eher auf breiter aufgestellte oder anders diversifizierte Indizes schauen, da sich der Tech-Index in einer moderat anderen charttechnischen Situation befindet, bei der das Unterbieten der Herbsttiefs aus 2022 evtl. noch von Nöten sein könnte. Zudem müssen sich die Strukturen aus den Tages/Wochen-Charts deutlicher und vor allem nachhaltig durchsetzen, um in der Folge auch den Monats-Charts wieder als Verbündeten der Bullen zu bekommen, was Ende Januar oder Ende Februar der Fall sein könnte. Zudem ist Ende März dann auch die Quartals-Kerze mit ihrer charttechnischen Aussage extrem relevant. Theoretisch gehen die Bullen strukturell mit einem kleinen Vorteil ins neue Jahr, gelingt ein positiver Tages- und Wochen-Start, gilt es dann diesen entsprechend bis zum 31. Januar ins Ziel zu bringen. Somit kann ich an dieser Stelle auch kein wirklich zufriedenstellendes Resümee ziehen. weil es momentan zu viele Unwägbarkeiten in den Chartbildern gibt, von denen ein paar erst ausgeräumt werden müssen, bevor man wieder etwas präziser werden könnte.
  6. Ergänzungen: Wie weiter oben bereits einleitend erwähnt, ist die Zeitachse im Vergleich zur Preisachse ungleich schwieriger in Grenzen zu fassen, je weiter man über die Zeiteinheiten aus dem Chart ins übergeordnete Bild heraus bzw. hinein zoomt. Dennoch gibt es ein paar grobe zeitliche Fenster, die man zwar nicht auf den Tag exakt bestimmen kann, in denen ein Chart aber verwundbar sein kann und zu Entscheidungen gezwungen wird. Hierfür lassen sich für 2023 derzeit ungefähr folgende Zeitfenster benennen: Ende Januar, Ende Februar/Anfang März, Ende August/Mitte September und der Monat Dezember 2023.

Eins bleibt also auch in 2023 erhalten, die übergeordnete Ungewissheit und Unsicherheit aber Börse ist ja bekanntlich kein Ponyhof, in diesem Sinne reite ich nun wie Lucky Luke erstmal wieder in den Sonnenuntergang, um meinen restlichen Urlaub zu genießen....

Michael Borgmann

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Michael Borgmann
Technischer Analyst und Trader

Als "Kind des Neuen Marktes" kann Michael Borgmann inzwischen auf über 25 Jahre Börsenerfahrung zurückblicken und hat dabei schon früh die Anwendung der Technischen Analyse (Charttechnik) als "Mittel zum Zweck" für sich ausgemacht. Bei seinen Analysen beschränkt er sich nicht nicht auf einzelne wenige Aspekte der Materie, sondern verfolgt einen ganzheitlichen analytischen Ansatz, indem er Candlesticks, Elliott-Wellen, Fibonaccis, die Ichimoku-Methodik und diverse andere charttechnische Hilfsmittel miteinander kombiniert. In der Summe sieht er dadurch die Technische Analyse gegenüber der Fundamental-Analyse im Vorteil, da sie tagesaktuelle Chartdaten auswerten kann und somit einen deutlichen zeitlichen Vorsprung gegenüber der Auswertung zum Beispiel veralteter Quartalszahlen hat. Seit Juli 2015 betreut Michael Borgmann den Premium-Service „Centre Court Börse” (CCB) im stock3 Terminal (vormals: Guidants).

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