Aktienmärkte im Griff der Libyen-Krise
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Gute Konjunkturdaten auf der einen Seite und die Krise in Nordafrika sowie eine überraschende Zinswende der EZB auf der anderen Seite haben in der vergangenen Handelswoche zu größeren Schwankungen geführt. Letztlich veränderten sich die Leitindizes in Europa und den USA jedoch kaum.
Aktienmärkte im Griff der Libyen-Krise
Die Geschehnisse in Nordafrika halten die Aktienmärkte in Europa und den USA weiterhin in Atem. Anders als in Ägypten bleibt ein schneller Machtwechsel in Libyen bislang aus. Muammar al-Gaddafi klebt förmlich an seinem Amt und kämpft mit Söldnertruppen erbittert gegen die eigene Bevölkerung. Ausländischen Journalisten ist es nur begrenzt möglich, die Lage genau einzuschätzen. Diese Unsicherheit ist auch an den Börsen zu spüren. Viele Marktteilnehmer befürchten einen weiteren Anstieg des Ölpreises und sehen die Gefahr, dass dieser den Konjunkturaufschwung dämpfen könnte. Die Angst vor einer Verschärfung der Lage in Nordafrika und Nahost entlud in teil kräftigen Kursverlusten. Die guten Wirtschaftsdaten konnten die Verluste allerdings wieder ausgleichen, sodass die Leitindizes in Deutschland und den USA letztlich nahezu unverändert schlossen. Die Phase größerer Schwankungen dürfte kurzfristig noch anhalten.
Mittelfristig sprechen die guten Konjunkturdaten jedoch nach wie vor für risikobehaftete Anlagen wie Aktien. In den USA stieg z.B. der Einkaufsmanagerindex unerwartet stark an und auch am Arbeitsmarkt zeichnen sich erste Silberstreifen am Horizont ab. So wurden im Februar 196.000 Stellen neu geschaffen. Den größten Anteil daran hatte die Baubranche. Parallel dazu ging die Arbeitslosenquote auf 8,9 Prozent zurück. In den Monaten zuvor war zwar ebenfalls eine Verbesserung festzustellen. Damals kam die sinkende Quote aber dadurch zustande, dass die Zahl der Erwerbspersonen insgesamt abnahm. Einige US-Bürger schätzten ihre persönliche Lage also derart schlecht ein, dass sie sich vom Arbeitsmarkt ganz verabschiedeten. Diesmal blieb ein solcher Basiseffekt aus, was positiv gewertet werden kann.
EZB nimmt überraschend Anlauf für Zinswende
Für einen regelrechten Paukenschlag sorgte die EZB auf ihrer turnusmäßigen Sitzung am vergangenen Donnerstag. EZB-Präsident Trichet sprach von höchster Wachsamkeit, was nichts anderes bedeutet, als dass eine Leitzinserhöhung unmittelbar bevorsteht. Im April dürfte der Referenzsatz demnach um 25 Basispunkte angehoben werden.
Dieser unerwartete Schritt löste in einer ersten Reaktion eine Verkaufswelle an den europäischen Aktienmärkten aus. Steigende Zinsen bedeuten, dass weniger risikoreiche Anlageformen wie z.B. festverzinsliche Papiere attraktiver werden. Die meisten Sorgenfalten auf der Stirn vieler Marktteilnehmer stammten allerdings von Befürchtungen hinsichtlich des Wachstums. Höhere Zinsen bergen grundsätzlich die Gefahr, den Konjunkturaufschwung zu verlangsamen. Aufgrund der Probleme in einigen Staaten Südeuropas ging man bislang davon aus, dass eine Zinserhöhung noch auf sich warten lässt. Während die deutsche Wirtschaft auch mit höheren Zinsen noch wachsen würde, ist dies in einigen Peripheriestaaten fraglich. Aktien aus Südeuropa gaben daher stärker nach, sodass der EURO STOXX 50 auf Wochensicht 1,2 Prozent abgeben musste.
Japanische Aktien von schwachem Yen beflügelt
Die Aussicht auf ein höheres Zinsniveau hat auch die Gemeinschaftswährung gestärkt. Vor allem gegenüber dem US-Dollar und dem Yen konnte der Euro zulegen. Für die japanische Wirtschaft, die lange Zeit unter einem zu starken Yen litt, kam die Ankündigung der EZB gerade recht, denn ein schwacher Yen erhöht die Exportchancen. Anleger sahen das ähnlich und kauften besonders zum Wochenende Werte aus dem Land der aufgehenden Sonne. Mit einem Wochenplus von 1,6 Prozent schnitt der Nikkei Index somit wesentlich besser ab als andere entwickelte Märkte.
Ölpreis steigt weiter - WTI über 100 US-Dollar
In der vergangenen Woche übertraf nun auch der Preis für die US-Ölsorte WTI die Marke von 100 US-Dollar. Brent-Öl näherte sich sogar der Schwelle von 120 US-Dollar je Barrel an. Marktteilnehmer befürchteten eine Angebotsverknappung, da Libyen die größten Ölreserven Afrikas besitzt. Ein Wegfall der Produktion ließe sich notfalls noch durch eine Erhöhung der Fördermenge in Saudi-Arabien kompensieren. Kämen allerdings weitere Ausfälle in anderen Ländern hinzu, dürfte die tägliche Fördermenge nicht mehr ausreichen, um die Nachfrage zu decken.
Der ungewöhnliche Preisunterschied zwischen beiden Sorten kommt dadurch zustande, dass WTI überwiegend in den USA verwendet wird und die Lager dort reichlich gefüllt sind. Europa müsste seinen Bedarf in erster Linie mit der Nordseesorte Brent decken, wenn die Lieferungen aus der Krisenregion ausbleiben sollten. Kurzfristig könnte die Lage angespannt bleiben. Sobald sich jedoch eine Lösung in den jeweiligen Konflikten abzeichnet, sollte sich die Situation an den Rohstoffmärkten wieder spürbar entspannen.
Ausblick In der kommenden Handelswoche stehen nur wenige Konjunkturdaten zur Veröffentlichung an. Lediglich nach den US-Daten am Freitag ist mit nachhaltigen Kursveränderungen zu rechnen. Die Erwartungen an die Umsätze im US-Einzelhandel sind allerdings hoch gesteckt.
Es ist somit davon auszugehen, dass sich die Marktteilnehmer verstärkt auf politische Themen konzentrieren werden.
Quelle: Union Investment
Gegründet im Jahr 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 169,8 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. März 2010, davon 108,0 Milliarden Euro in Publikumsfonds. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4,6 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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