Kommentar
13:38 Uhr, 15.02.2011

Ägypten: Das Militär re(a)giert - Wie geht es weiter?

Während sich der Kursanstieg in Europa und den USA in der vergangenen Woche fortsetzte, litten die Börsen der Schwellenländer erneut unter Mittelabflüssen und koppelten sich somit vom positiven Trend ab. Konjunkturdaten waren eher Mangelware und so konzentrierten sich die Marktteilnehmer vor allem auf die Quartalszahlen der Unternehmen.

Ägypten: Das Militär re(a)giert - Wie geht es weiter?

Am Freitag löste die Rücktrittsnachricht des ägyptischen Präsidenten Mubarak einen wahren Freudentaumel auf dem Tahrir-Platz in Kairo aus. Einen Tag zuvor hatte der Machthaber noch betont, bis September im Amt bleiben zu wollen. Doch um den angekündigten Sturm auf den Präsidentenpalast und eine mögliche Eskalation zu vermeiden, hatte das Militär eingegriffen und Mubarak kurzer Hand abgesetzt. Der nun eingesetzte Militärrat will den Demokratisierungsprozess begleiten und faire und freie Wahlen organisieren.

Aus politischer Sicht lassen sich unser Erachtens nach zwei Schlüsse ziehen. Bezüglich der Befürchtungen des Westens hinsichtlich einer Machtübernahme der Muslimbrüder ist zu erwarten, dass diese die stärkste Fraktion im neuen Parlament bilden werden. Diese sind jedoch nicht als einheitlicher Block zu verstehen. Insofern ist fraglich, ob ein möglicher Stimmenanteil von 30 Prozent bei den kommenden Wahlen überhaupt realistisch ist. Darüber hinaus machten sie aber bereits deutlich, den kommenden Prozess lediglich begleiten, nicht aber führen zu wollen. Mit Blick auf die außenpolitischen Implikationen ist damit zu rechnen, dass die USA in der Region an Einfluss verlieren könnten. Die noch existierenden Autokraten werden mit Sorge beobachtet haben, wie schnell die USA einem ihrer engsten Verbündeten den Rücken zuwandten. Langfristig dürfte es daher zur Bildung neuer Allianzen mit Europa und China kommen.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind ebenfalls ungewiss. Am Mittwoch soll die ägyptische Börse wieder öffnen. Kurzfristig ist durchaus mit einer Welle der Euphorie zu rechnen. Diese dürfte aber nur von kurzer Dauer sein. Um den Forderungen der ägyptischen Bevölkerung Rechnung zu tragen, bedarf es großer Ausgaben. Die kurzfristig erlassene Gehaltserhöhung von 15 Prozent im Öffentlichen Dienst sollte nur einen ersten Schritt darstellen. Um die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten der Bevölkerung in den Griff zu bekommen, wird aller Voraussicht nach eine Erhöhung der Subventionen für Energierohstoffe und Lebensmittel folgen müssen. Es ist daher fraglich, ob sich die Prognosen für ein erwartetes Wirtschaftswachstum von fünf bis sechs Prozent überhaupt noch erfüllen werden. Angesichts der Ausgabenflut und der Lähmung der Konjunktur in den letzten Wochen ist auch ein Nullwachstum nicht ausgeschlossen. Für die arabischen Börsen als Ganzes dürfte der Umsturz in Ägypten jedoch zu einer Entspannung führen. Nichtsdestotrotz werden die Märkte auch in den kommenden Wochen volatil bleiben, da die Ereignisse in Ägypten auf die gesamte Region abstrahlen.

USA: Konsumlaune steigt

In den USA hielt die freundliche Tendenz weiter an und der Dow Jones Industrial Average gewann im Vergleich zur Vorwoche 1,5 Prozent hinzu. Vor allem zum Wochenende hin hellte sich die Stimmung auf, als das Konsumentenvertrauen der Uni Michigan besser als erwartet ausfiel. Die US-Bürger lassen sich der Umfrage nach auch nicht von steigenden Benzin- und Lebensmittelpreisen von insgesamt höheren Ausgaben abbringen. Ein Teil der Käufe wird bereits wieder auf Pump gekauft. Hiervon profitiert insbesondere der Kreditkartenhersteller American Express, der mit einem Zuwachs von 6,7 Prozent dann auch die Gewinnerliste der abgelaufenen Handelswoche anführte. Schlusslicht war die Aktie von Cisco System mit einem Verlust von über 15 Prozent. Der Netzwerkausrüster hatte bei Vorlage seiner Quartalszahlen die Jahresprognose kassieren müssen. Aufgrund der hohen Verschuldung etlicher US-Bundesstaaten erwartet das Unternehmen umfangreiche Ausgabenkürzungen der Countys und somit geringere Investitionen in neue PC-Netze.

Europa: Volkswagen hui, Nokia pfui

Spitzenreiter in Europa waren die Automobilbauer BMW und Volkswagen. Die Aktien beider Unternehmen verteuerten sich um mehr als zehn Prozent und profitierten von der anhaltend großen Nachfrage nach deutschen Fahrzeugen. Darüber hinaus standen auch die Titel der Deutschen Börse im Fokus der Anleger. Eschborn meets Wall Street hieß es, als der Zusammenschluss mit dem Betreiber der US-Börse - der Nyse Euronext - angekündigt wurde. Beide Parteien sprechen von einer Fusion auf Augenhöhe. Auf dem Papier wollen die Deutschen die Mehrheit am größeren US-Rivalen übernehmen. Da ein Großteil der Aktionäre der Deutschen Börse allerdings Amerikaner sind, bleibt die Frage nach der Führungsrolle vorerst offen. Gegen einen starken Einfluss aus der Mainmetropole spricht auch das Handelsvolumen. So sind in New York 2.300 Werte gelistet, in Frankfurt jedoch nur etwa 750. Sollte die Übernahme klappen, winken erhebliche Einsparungen in der IT-Welt, dem größten Kostenblock beim mehrheitlich elektronischen Handel.

Einen weiteren Rückschlag musste hingegen Nokia hinnehmen. Die Ankündigung die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu kürzen und zukünftig das Handy-Betriebssystem von Microsoft zu nutzen, stieß bei den Anteilseignern nicht auf Gegenliebe. Im Wochenvergleich büßte der einst unangefochtene Branchenprimus knapp 14 Prozent an Wert ein. Allein in den vergangenen zwei Jahren ist der Marktanteil von 38 auf 28 Prozent gesunken. Gleichzeitig ging auch die Marge bei jedem verkauften Mobiltelefon zurück.

Ausblick

Nach einer ausgesprochen ruhigen Woche ist der Datenkalender nun wieder prall gefüllt. Neben Deutschland berichten am Dienstag auch andere Euroländer über die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im Schlussquartal 2010.

Am gleichen Tag werden darüber hinaus mit Spannung die Einzelhandelsumsätze aus den USA und die Preisdaten für China erwartet. Sollte die Inflation im Reich der Mitte hoch bleiben, ist mit weiteren Zinsschritten zu rechnen.

Quelle: Union Investment

Gegründet im Jahr 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 169,8 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. März 2010, davon 108,0 Milliarden Euro in Publikumsfonds. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4,6 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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