Kommentar
07:33 Uhr, 09.03.2017

Achtung: Große Korrektur droht am Aktienmarkt!

Anleger mögen keine bösen Überraschungen. Genau das dürfte jedoch auf sie warten. Börsen weltweit könnten stark korrigieren.

Die Rally wird von mehreren Hoffnungen getragen. Die Hoffnungen ruhen vor allem auf den USA. Jeder wartet gespannt wie viel die Regierung investieren wird. Werden 1 Billionen Dollar in Infrastruktur gepumpt, dann ist das für Bau- und Rohstoffunternehmen ein Segen und ein Garant für höhere Gewinne.

Für den breiten Markt sind andere Aspekte wichtig. Dazu gehört vor allem die Senkung der Unternehmenssteuern. Der höchste Steuersatz, der derzeit zur Anwendung kommen kann, liegt bei nahezu 40 %. Das ist weltweit ein absoluter Spitzenwert. Die Trump Administration erwägt eine Halbierung dieses Satzes auf 20 %.

Anleger feiern das schon heute. Keiner weiß, ob es so kommt oder ob es wirklich eine Halbierung geben wird, dennoch knallen die Korken. Je nach Analyse könnten die Gewinne der S&P 500 Unternehmen um 10 % steigen. Das rechtfertigt die Rally der letzten Wochen allemal. Nur: so einfach ist es nicht.

Grafik 1 zeigt die Steuereinnahmen der USA. Die orangene Linie zeigt wie hoch die Einnahmen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sind. Die Einnahmen oszillieren mit den Konjunkturzyklen. Im langfristigen Mittel sinken die Einnahmen jedoch seit Jahrzehnten. Die sinkenden Einnahmen sind vor allem auf einen Aspekt zurückzuführen: sinkende Einnahmen aus der Unternehmenssteuer.

Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sind die Gesamteinnahmen seit Ende des Zweiten Weltkrieges um 5 Prozentpunkte gesunken. Aus Unternehmenssteuern werden heute 4,5 Prozentpunkte weniger eingenommen. Die Steuersenkungen gingen also fast ausschließlich zugunsten von Unternehmen aus.

Der Steuersatz ist zwar auf den ersten Blick hoch, doch den einen Steuersatz gibt es nicht. Je nach Einnahmenhöhe variiert der Steuersatz. Zudem gibt es viele Steuervergünstigungen. Das führt dazu, dass Unternehmen bei weitem nicht den Spitzensatz zahlen. Dieser liegt seit langem bei 39 % wie Grafik 2 zeigt. Die tatsächlichen Steuern, die gezahlt werden, liegen hingegen bei 20 %.

Der effektive Steuersatz liegt bereits bei 20 %. Eine Absenkung des Spitzensteuersatzes ist optisch vielleicht vielversprechend, doch rein praktisch zahlt ohnehin niemand die hohen Steuern. Der Steuerplan sieht eine Vereinheitlichung vor (nach unten). Dafür sollen die zahllosen Rabatte, Abzugsmöglichkeiten usw. wegfallen.

Am Ende könnte die große Reform zur Entlastung ein Rohrkrepierer werden. Würden alle einen Einheitssteuersatz von 20 % zahlen, bringt das nach aktuellem Stand eine Reduktion der effektiven Steuerlast von 21 % auf 20 %. Da kann dann keine Rede davon sein, dass die Gewinne einmal pauschal um 10 % steigen werden.

Die Steuerreform bringt vermutlich vor allem Vereinfachungen im System. Das allein ist schon eine Reform wert. Für Anleger ergibt sich daraus jedoch kaum ein Vorteil. Im Extremfall könnte es sogar soweit kommen, dass die Steuerlast für einige Unternehmen steigt. Derzeit horten viele US-Unternehmen Cash im Ausland, weil sie es bei Rückführung in die USA versteuern müssten. Bei international vergleichbaren Steuersätzen fällt der Anreiz weg. Unternehmen könnten sich dafür entscheiden Geld zurückzuholen und die Steuern zu zahlen.

Derzeit finanzieren viele Großunternehmen Dividenden und Aktienrückkäufe durch Schulden. Sie haben zwar das Geld, aber eben im Ausland. Derzeit ist es günstiger, das Geld im Ausland zu belassen und keine Steuern zu zahlen. Dafür fallen Zinsen an. Sinken die Steuern, könnten Steuern günstiger als Zinsen sein. Der effektive Steuersatz steigt in diesem Fall. Für Anleger ist das nicht schlimm, weil auf der anderen Seite Zinszahlungen wegfallen, die möglicherweise in Zukunft nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können.

Zusammengefasst ergibt sich Potential für eine ganz, ganz große Enttäuschung. Die Vereinfachung des Steuersystems durch einen einheitlichen Steuersatz bei 20 % führt nicht unbedingt zu einer tatsächlichen, großangelegten Steuerentlastung. Im Einzelfall mag das anders sein, in der großen Masse jedoch könnte der Effekt deutlich überschätzt werden.

Clemens Schmale

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9 Kommentare

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  • dschungelgold
    dschungelgold

    Ein widerwaertiges, krankes System , dass sich selbst frisst. Wir naehern uns klar dem Punkt: Schwert oder Massensklaverei.

    09:43 Uhr, 09.03. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Wer logisch denken kann, weiss genau: Es ist unmoeglich die Steuerlast zu srnken und gleichzeitig massiv aufzuruesten und 1 Billion in Infrastruktur zu stecken. WER bitte soll das finanzieren? Das widerspricht jeder marktwirtschadtlichen Logik und waere das Ende des $.

    09:38 Uhr, 09.03. 2017
  • whynot
    whynot

    Was man hierbei weiterhin berücksichtigen muss, ist, dass bei - wie der Artikel verdeutlicht - die Einnahmen zurückgehen bei gleichzeitiger enormer Steigerung der Staatsausgaben (Infrastruktur, Rüstung). Das lässt für den weiteren Verlauf der US Staatsverschuldung nichts Gutes hoffen (wir werden vermutlich im APR über die 20 Bio. $ kommen) - höhere Staatsverschuldung bei anziehenden Zinsen!

    Darüber hinaus wird die Abschottungs- und Immigrationspolitik der USA unweigerlich zu mehr Inflation führen: wenn die US Bürger nur noch "buy american" machen und auch nicht mehr die billigen Dienstleistungen der illegalen Einwanderer mehr kaufen können, dann müssen sie ganz schön drauflegen (mal ganz davon abgesehen, dass durch alle QE sowieso die Geldmenge explodiert ist)..

    08:58 Uhr, 09.03. 2017
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Das Ende ist nah. :-))

    Aber Spass beiseite, diese massiven Ungleichgewichte in der Vermögensverteilung schreien nach einer Korrektur, ein Rutsch oder auch Crash am Aktienmarkt ist der Masse der Arbeitnehmer dabei egal, da sie ohnehin nicht am Roulettetisch sitzen.

    Take care.......

    08:43 Uhr, 09.03. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • Manfred Riedl
    Manfred Riedl

    Genau hier ist das unvermögen bzw die Lobbyarbeit der Politik zu sehen. Sie zahlen immer weniger, bei immer höheren Gewinnen. Der Dumme ist der Arbeiter (vom Arzt, Lehrer bis zur Reinigungsfachkraft) Wir zahlen 62,5% an Steuern. (inkl. Mehrwertsteuer, Kfz Steuer....).

    Das Vermögen der Reichen wächst gigantisch genau so wie unsere Staatsverschuldung. Da sheißt die Reichen schieben sich die Kohle ein.

    08:10 Uhr, 09.03. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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