Kommentar
07:25 Uhr, 03.08.2017

Absurde Bewertungen: Jetzt antizyklisch Auto-Aktien kaufen?

Die deutsche Autoindustrie hat es geschafft: sie ist in der Krise. Das gilt zumindest nach dem VW-Debakel, Dieselskandal und Kartellverdacht.

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Die deutschen Automobilaktien befinden sich im Bärenmarkt. Die Aktie von BMW, die 2015 ein neues Allzeithoch erreichte, steht heute über 35 % tiefer. Bei Daimler sieht es ähnlich aus. Volkswagen bringt es auf den traurigen Rekord von -50 % - Abgasskandal sei Dank. Dabei sieht die Lage eigentlich nicht so schlecht aus.

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VW musste 2015 aufgrund des Skandals einen Jahresverlust ausweisen. Ein Jahr später verdiente der Konzern schon wieder 5 Mrd. Euro. Für dieses Jahr trauen ihm Analysten 12 Mrd. zu. Das ist absolut solide und besser als vor dem Skandal. Zudem ist VW an der Börse nicht einmal 70 Mrd. Euro wert. Das KGV liegt bei weniger als 6. Das sind normalerweise Bewertungen, bei denen man nicht lange nachdenken muss.

KGVs von 6 kommen Anlegern nur sehr selten unter, insbesondere, wenn die Unternehmen gute Perspektiven haben. VW wird nicht gleich morgen von der Bildfläche verschwinden und selbst wenn die Konkurrenz aufrückt bietet eine so niedrige Bewertung ein Sicherheitspolster.

Es ist aber nicht nur VW. Auch BMW und Daimler sind günstig bewertet. Daimler könnte dieses Jahr knapp 10 Mrd. verdienen und ist mit 64 Mrd. ungefähr so viel wert wie VW. BMW dürfte gut 7 Mrd. Gewinn schreiben und ist 51 Mrd. schwer. Kurz gesagt: die deutschen Autobauer sind spottbillig.


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Einen Anteil daran tragen sicherlich die Skandale. Keiner hat gerne schlechte Presse und bestätigt sich der Kartellverdacht, könnten hohe Bußen die Ergebnisse belasten. Wenn die Vergangenheit allerdings etwas bei solchen Skandalen und Bußen gezeigt hat, dann das: sie sind langfristig irrelevant.

Sind VW, BMW und Daimler deswegen ein klarer Kauf? – Auf den ersten Blick schon, doch auf den zweiten Blick sollte man vorsichtig sein. Das Phänomen von absurd niedrigen KGVs ist keines, auf das die deutschen Autobauer ein Patent haben. General Motors hat ein KGV von etwas weniger als 6. Ford kommt auf knapp 7, Hyundai auf knapp 8 und Toyota auf zweistellige 10,4.

Toyota ist unter den großen am höchsten bewertet. Ein KGV von 10 ist aber immer noch so niedrig, dass man sich die Augen reiben muss. Woher kommt das bloß?

Dafür gibt es zwei Gründe. Einerseits weiß keiner so recht, ob die traditionellen Autobauer noch immer so spottbillig aussehen, wenn erst einmal Google und Apple das Feld betreten. Davor hat man einfach Angst. Diese Angst kann sich bestätigen, muss aber nicht.

Nicht jeder der derzeit erfolgreichen Autobauer wird auch in 50 Jahren noch erfolgreich sein. Autonome Fahrzeuge und Elektromobilität wird die meisten aber kaum umbringen. Genug Geld haben die Unternehmen, um die Technologie notfalls durch Übernahmen einzukaufen.

Trotzdem, die Angst ist da und sie wird so schnell nicht verfliegen. Es gibt aber noch einen zweiten Grund. Der Automarkt lahmt. In den USA brechen die Verkäufe nahezu weg (Grafik 1). Auch in China deutet sich eine Verlangsamung des Wachstums an (Grafik 2).


China hat den globalen Automarkt praktisch seit 2008 allein bestimmt. Jedes Jahr wuchs die Anzahl verkaufter Autos um mehrere Millionen. Wenn dieser Boom aufhört, dann gibt es kaum noch Wachstum.

Nach der Finanzkrise kommt es 2017 möglicherweise erstmals wieder zu einer Stagnation. 2015 war global kein besonders gutes Jahr (Grafik 3). Damals fehlte überproportionales Wachstum und China. Gleichzeitig sackten viele südamerikanische in die Rezession ab. Jetzt wird dort wieder aufgeholt, doch wenn China langsamer wächst und der US-Markt schrumpft, hilft das wenig.

Es gibt also auch die Angst vor Stagnation oder gar einer Trendwende. Im Gegensatz zu 2010 nach der Krise dürfte die Erholung dann diesmal aber länger dauern. Damals ging es nur durch das enorme Wachstum in China so schnell wieder bergauf. Darauf kann man jetzt nicht mehr zählen. Ein bisschen Vorsicht ist angebracht. Die Bewertungen sind jedoch aktuell nicht nur ein bisschen vorsichtig, sondern ultrakonservativ. Dieser Zustand kann sich lange halten, doch wenn der Trend dreht, dann vermutlich schnell. Anleger sollten bereitstehen.

Clemens Schmale

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6 Kommentare

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  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Die "Krise" in der deutschen Autobranche ist genausowenig Zufall wie die "Flüchtlingskrise", die weiter forcierte Bargeldabschaffung oder die Kriege im Nahen Osten. Alles läuft nach Plan...

    13:55 Uhr, 07.08. 2017
  • Joey-the-bee
    Joey-the-bee

    Aktuell aufgrund der möglichen zukünftigen Entwicklung sind die Titel leider noch viel zu teuer. Jetzt muss erst mal der der globale Autoabsatz nicht nur stagnieren.... Dann kann man mit neuen Preisen ein Investment prüfen

    20:22 Uhr, 05.08. 2017
  • ritchie10
    ritchie10

    Die Autobauer haben genug Geld? - wenn ich recht informiert bin, hat Daimler 100 Milliarden Schulden und VW läppische 300 Milliarden. Deutschland hat eine geradezu groteske Autofixierung- so sieht das von Autobahnen und Bundesstraßen zersiedelte Deutschland dann auch aus. Man kann nur hoffen, daß dieses Volk automäßig zur Besinnung kommt und sukzessive eine Umstellung zu anderen Mitteln kommt um von A nach B zu gelangen. Die jeweiligen Bundesregierungen haben übrigens nichts für die Bahn etc. getan - Vorrang hatte immer der Fetisch Auto, angesichts verstoppften Straßen, Städten, Gestank, Zuparkung der Gehwege, dämmert es wohl langsam, daß es so nicht weitergehen kann.

    14:28 Uhr, 05.08. 2017
  • game_over
    game_over

    Wann hatten Automobilwerte, denn schon mal deutlich höhere KGVs? Bei Zyklikern wird immer wieder darauf verwiesen, dass das KBV die "ehrlichere" Kennzahl ist.

    07:59 Uhr, 03.08. 2017
  • Ridicule
    Ridicule

    Einstellige KGVe verhängt der Markt nicht, weil temporär ein paar Mrd. an Belastungen anstehen; das wird eingepreist und gut ist. Was der Markt hier aber m.E. zu sehen scheint, ist die lahmende Innovationskraft (und auch der zugehörige Willen) der deutschen Autobauer; im DAX siind das aber noch weitere Unternehmen. Ohne den Rückenwind vom EURO wäre die Krise dieser Branche schon sehr viel früher augenfällig geworden; da hat man sich aber lieber noch im Glanz der eigenen Kompetenz gesonnt. Und jetzt holt noch eine TESLA zum A....tritt aus. Als Tradingvehikel sind die deutschen Autobauer vielleicht interessant, das niedrige KGV sollte aber eher nachdenklich stimmen.

    07:33 Uhr, 03.08. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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