Kommentar
12:44 Uhr, 13.10.2022

750 Mrd. USD weniger Geldmenge pro Monat: Geht das gut?

Geldmengenwachstum war die Allzweckwaffe der letzten Jahre. Nun schrumpft die Geldmenge in atemberaubendem Tempo.

Man kann mit der Geldmenge nicht alle Probleme lösen, aber viele. Das gilt zumindest dann, wenn die Inflation niedrig ist. Ist sie hoch, ist Geldmengenwachstum genau das falsche Mittel. Notenbanken strengen sich daher an, das enorme Geldmengenwachstum der vergangenen Jahre rückgängig zu machen.

Das Wachstum beschleunigte sich nach der Finanzkrise und erreichte zu Beginn der Pandemie neue Höchstwerte. Das Wachstum war über mehrere Jahre gesehen allerdings weniger bedrohlich, als man vielleicht denkt. In den 20 Jahren bis zur Jahrtausendwende wuchs die Geldmenge M2 mit durchschnittlich 6 % pro Jahr. Bis zur Finanzkrise stieg die Wachstumsrate auf 8 % und seither lag sie bei 9 % (Grafik 1).

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Wächst etwas mit 9 % anstatt mit 6 % pro Jahr, ist das in einem einzelnen Jahr kein großer Unterschied. Geschieht dies über viele Jahre, ergibt sich wie beim Zinseszinseffekt ein enormer Hebel. Die Geldmenge stieg so seit der Finanzkrise in den großen Währungsräumen (USA, Eurozone, Japan, China) von 28 Billionen auf knapp 90 Billionen USD. Seit Erreichen des Hochs im Frühjahr 2022 geht es nun in atemberaubendem Tempo abwärts.

In den vergangenen Monaten verschwanden im Durchschnitt 750 Mrd. USD an Geldmenge pro Monat. Diese Größenordnung kann man sich nur schwer vorstellen. Noch weniger kann man sich vorstellen, dass dieses Tempo nicht zu Verwerfungen führt. Langfristig scheint die Geldmenge nicht unbedingt mit dem Aktienmarkt zu korrelieren (Grafik 2). Der DAX etwa konnte auch in Zeiten steigen, in denen die Geldmenge stagnierte.

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Betrachtet man nicht die absoluten Werte, sondern das Wachstum, zeigt sich ein klarerer Trend (Grafik 3). Die Korrelation ist nicht perfekt. Nicht nur die Geldmenge bestimmt die Kurse. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle.

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Da die meisten Notenbanken die Geldpolitik weiter straffen werden, dürfte das Geldmengenwachstum tiefer in den negativen Bereich vorstoßen. Schon jetzt ist das Wachstum rekordverdächtig negativ. In naher Zukunft sollte der bisherige Rekord gebrochen werden.

Dies wird Aktienkurse tendenziell belasten. Dies gilt nicht nur für den Dax, sondern alle Aktien weltweit. Die Korrelation des S&P 500 zum Geldmengenwachstum ist leicht höher als etwa beim Dax. Die seit Jahresbeginn schweren Zeiten dürften sich kurzfristig fortsetzen.

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Bleiben Notenbanken bei ihren Zinsplänen, ist zumindest ein Ende der Zinserhöhungen Anfang 2023 absehbar. Die Geldmenge wird zwar weiter schrumpfen, jedoch in geringerem Tempo. Damit lässt sich Licht am Ende des Tunnels erkennen. Das Schlimmste ist fast vorbei.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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