Kommentar
06:55 Uhr, 09.12.2015

2016 - Ein super Börsen-Jahr?

Goldman Sachs ist sich sicher: 2016 wird eine Wiederholung von 2015. Im Klartext bedeutet das stagnierende Aktienkurse, fallende Rohstoffe und volatile Anleihemärkte.

Immerhin sollten einige der „idiotensicheren“ Trades nach wie vor funktionieren, z.B. der EUR/USD Short. . Generell wird 2016 jedoch sehr, sehr schwierig, mindestens so herausfordernd wie 2015.

Im ersten Teil des Artikels habe ich beschrieben, wieso 2016 ein desaströses Anlagejahr wird. Zusammengefasst lässt sich die Lage wie folgt beschreiben:

Aktien tendieren seitwärts, Anleihen fallen, aber nicht viel, Rohstoffe geben weiter ab, Währungen zeigen keinen klaren Trend.

Mit anderen Worten: wohin auch immer man als Anleger sein Geld lenkt, es wird nicht viel nützen, da sich so ziemlich jede Anlageklasse gleich verhält und volatil seitwärts/abwärts läuft.

Für eine Wiederholung des Jahres 2015 gibt es viele gute Gründe. Sie sind jedoch alle von bestimmten Annahmen abhängig. Letztlich hängen sie fast ausnahmslos von einem weiter aufwertenden Dollar ab. Wertet der Dollar auf, dann sinken die im Ausland erwirtschafteten Gewinne der US Unternehmen. Ein starker Dollar lastet auch auf den Rohstoffpreisen, was die Gewinne von Rohstoffunternehmen weiter drückt. Was aber geschieht, wenn der Dollar nicht weiter aufwertet?

Zunächst muss man festhalten, dass die Dollaraufwertung von zwei Faktoren getrieben ist: der Zinswende und den Emerging Markets. Die Zinswende spielt eine relativ untergeordnete Rolle, selbst wenn das unlogisch klingt. Grafik 1 zeigt den Dollar Index, die Langfristzinsen und US Aktien. Der Dollar wertete unter anderem von 1995 bis 2001 auf. Gleichzeitig sanken die Zinsen. Der Theorie nach hätte der Dollar abwerten müssen, da die Zinsen fielen. Von 2003 bis 2007 stiegen die US Zinsen. Im gleichen Zeitraum fiel der Dollar.

So kontraintuitiv das alles ist, die US Zinsen haben relativ wenig mit dem Dollarwert zu tun. Vielmehr geht es darum, was US Anleger tun. US Anleger und Investoren haben viele Billionen Dollar im Ausland investiert – sei es in Aktien, Anleihen oder dem Kreditmarkt. Solange die Bedingungen im Ausland günstig sind (überproportionales Wachstum, politische Stabilität usw.) wird investiert. Sobald sich die Perspektiven eintrüben wird das Geld in den Dollarraum zurückgeholt. Genau das geschieht seit mehreren Jahren und lässt den Dollar aufwerten.

Die Perspektiven der US Wirtschaft sind nach wie vor gut. Es ist also nicht unbedingt davon auszugehen, dass die Repatriierung gleich morgen beendet wird. Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass viel Geld bereits zurückgekehrt ist und die Perspektiven vieler Auslandsregionen kaum noch schlechter werden können. Gleichzeitig liquidieren Länder wie China und Japan langsam aber sicher ihre Dollar-Anleihenbestände, weil sie das Geld brauchen. China braucht Dollarliquidität, um die Währung zu managen und hat geschätzte 300 Mrd. Dollar an Anleihen bereits aufgelöst. Es fließt also auch viel Geld aus dem Dollarraum ab.

2016 wird es darauf ankommen, ob die Mittelabflüsse die Repatriierung zumindest ausgleichen können. Davon ist vor allem dann auszugehen, wenn US Anleger bemerken, dass sich die Perspektiven der US Wirtschaft nicht weiter verbessern. Hier spielt auch die Zinswende eine indirekte Rolle. Werden die Zinsen nur sehr langsam angehoben, dann sieht der Dollar gleich deutlich weniger attraktiv aus.

Der Dollar hat ohnehin nur einen geringen Einfluss auf Aktienkurse. Das ist ebenfalls in Grafik 1 zu sehen. Ob der Dollar nun steigt oder fällt – Aktien können genau das gleiche, aber auch genau das Gegenteil tun. Eine Zinsanhebung muss auch das Bewertungsniveau von Aktien nicht zwangsweise drücken. Grafik 2 zeigt nochmals US Aktien, die Langfristzinsen und das KGV des S&P 500.

Generell wird davon ausgegangen, dass steigende Zinsen das KGV stauchen. Zukünftige Unternehmensgewinne und damit der Wert von Unternehmen, werden weniger wert, wenn man sie mit einem höheren Zinssatz abzinst. Das trifft grundsätzlich auch zu. Dennoch ist der direkte Zusammenhang nicht eindeutig zu erkennen, wenn man die Entwicklung von Zinsen, KGV und Aktien aus Grafik 2 betrachtet.

Es ist nicht davon auszugehen, dass moderat steigende Zinsen das KGV des Marktes drücken werden. Der Zinsanstieg ist dafür einfach zu gering. Das kann für einen deutlichen Schub der Kurse sorgen, sofern Anleger ihre Sorgen über hohe Zinsen ablegen können. Sofern Anleger erkennen, dass die Zinsen nur minimal und über einen langen Zeitraum ansteigen spricht nichts für eine Reduktion des Markt-KGVs.

Letztlich bestimmen weder der US Dollarkurs noch die Zinsen die Aktienkurse. Beide Faktoren haben einen indirekten Einfluss über die Unternehmensgewinne (Dollar) und Barwert der Gewinne (Zinsen). Worauf es jedoch unterm Strich ankommt ist nur Eines: der absolute Gewinn, den Unternehmen erwirtschaften.

Grafik 3 zeigt US Aktien und den durchschnittlichen Gewinn je Aktie seit 1871. Der Gewinn je Aktie und Aktienkurse laufen Hand in Hand. Das ist beruhigend, denn es zeigt, dass Aktienkurse doch sehr viel mit den fundamentalen Gegebenheiten zu tun haben.

Derzeit sinken die Gewinne der US Unternehmen (von Ausnahmen wie Google usw. abgesehen). Dafür sind sinkende Rohstoffpreise und der starke Dollar verantwortlich. Sollte der Dollar im kommenden Jahr nicht mehr oder nur noch minimal aufwerten, dann ergibt sich allein daraus ein Gewinnwachstum, welches drei Prozentpunkte über dem diesjährigen liegt. Wertet der Dollar ab, dann werden daraus schnell 5 bis 7 Prozentpunkte.

Fallen Rohstoffpreise nicht weiter bzw. können sich moderat erholen, dann addiert das noch einmal zwei Prozentpunkte zum Gewinnwachstum hinzu. Gleichzeitig sorgen Aktienrückkäufe für weitere 3 bis 3,5 Punkte Gewinnwachstum. Theoretisch – wenn wirklich alles gut läuft – kann das Gewinnwachstum der US Unternehmen im kommenden Jahr bei 12,5% liegen. Das katapultiert Unternehmensgewinne auf neue Rekordstände. Aktienkurse würden zwangsläufig steigen.

Persönlich halte ich ein gutes Anlagejahr 2016 inzwischen für möglich. Grundvoraussetzung ist, dass der Dollar nicht weiter in Rekordtempo aufwertet. Alles andere ist sekundär. Was bedeutet das nun für die einzelnen Anlageklassen? – US Aktien sollten stark performen, der Dollar dürfte seitwärts tendieren, Rohstoffe können sich erholen und Anleihen tendieren volatil abwärts.

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4 Kommentare

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  • Garten
    Garten

    ... hatte nur die Beschriftung in Grafik 2 gesehen ...

    11:32 Uhr, 09.12. 2015
  • Garten
    Garten

    In dem Dollar Index fehlt der Peak von 1985 - welche Art Dollar Index ist das? Vielleicht würde man mit einem richtigen Dollarindex und der Berücksichtigung der Inflation bei den Aktienkursen mehr sehen.

    https://research.stlouisfed.org/fred2/series/TWEXB...

    11:26 Uhr, 09.12. 2015
  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    Wir sehn betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen.... ;)

    10:15 Uhr, 09.12. 2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Ich finde, Sie schreiben hier mit die besten Artikel ... - dafür einen Dank von meiner Seite.

    08:50 Uhr, 09.12. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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