2015 durch offensive Geldpolitik der Notenbanken geprägt
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Die Experten von J.P. Morgan Asset Management sind weiterhin optimistisch gestimmt, was die Entwicklung der Anleihenmärkte betrifft: „Seit Beginn des Jahres sind die Renditen der US-Treasuries gesunken, weltweit werden Staatsanleihen in Höhe von fast 2 Billionen US-Dollar mit negativen Renditen gehandelt, und mehr als 20 Zentralbanken haben quantitative Lockerungsmaßnahmen durchgeführt“, erläutert Robert Michele, Chief Investment Officer für die Anleihenseite bei J.P. Morgan Asset Management. So erscheint ihm das Jahr 2015 hauptsächlich von einer offensiven und potenziell uneinheitlichen Geldpolitik der Zentralbanken geprägt. Obwohl sich die Konjunktur in weiten Teilen der Welt langsam erhole, sei das Inflationsniveau anhaltend gering, und der gesunkene Ölpreis sowie der starke US-Dollar belasten die globalen Märkte. In seinem Ausblick für das zweite Quartal betont er jedoch, dass dies sein Basisszenario nicht verändert. „Wir sehen die Wahrscheinlichkeit für eine Erholung leicht unterhalb oder oberhalb des Trendniveaus mit jeweils 45 Prozent als gleich hoch an. Allerdings lässt sich mit einer zehnprozentigen Wahrscheinlichkeit das Risiko einer globalen Krise – möglicherweise aufgrund des Einbruchs der Rohstoffpreise oder geldpolitischer Fehlentwicklungen – nicht gänzlich ausschließen.
Der Normalisierungsprozess könnte weniger „dramatisch“ als erwartet ausfallen
In den USA hat die US-Notenbank (Fed) laut dem Experten anerkannt, dass sich das Konjunkturumfeld seit ihrer Umstellung auf eine Nullzinspolitik deutlich verbessert hat: Der Arbeitsmarkt hat sich erholt, und die Liquiditätsspritzen scheinen mittlerweile überflüssig zu sein. Die Fed sieht jedoch auch, dass die Kerninflation nach wie vor sehr niedrig ist und die signifikante Aufwertung des US-Dollars in den letzten Monaten bereits zu verschärften finanziellen Rahmenbedingungen geführt hat. Die US-Notenbank wartet auf eindeutige Anzeichen dafür, dass sich die Inflation, insbesondere die Lohninflation, auf den Zielwert von 2 Prozent hinbewegt, und hat de facto die Erwartung des Markts bezüglich einer ersten Zinsstraffung von Juni auf September verschoben. „Wir gehen davon aus, dass die Renditen der 10-jährigen US-Treasuries in den kommenden drei Monaten weitgehend unverändert bleiben. Auf das Gesamtjahr 2015 betrachtet könnte sich überraschenderweise aber durchaus ein Szenario ergeben, in dem die Fed zwar mit der Anhebung des Tagesgeldsatzes beginnt, die Renditen für US-Staatsanleihen über die Kurve hinweg jedoch gegenüber dem Vorjahr zurückgehen“, so Michele.
In der Vergangenheit haben Zinsanhebungen durch die Notenbank die Märkte häufig beeinträchtigt – Aktien erlebten eine Korrektur, und die Renditen der Staatsanleihen legten zu. „Aktuell will die Fed diese Auswirkungen abmildern, indem sie Ruhe vermittelt und den Prozess der Anhebungen gezielt steuert. Wenn nun die Fed den Tagesgeldsatz anhebt, lässt dies die Renditen am kurzen Ende der Kurve zwar leicht ansteigen – das lange Ende dürfte aber durch Zuflüsse aus Europa und Japan gestützt werden. Es könnte also sein, dass der Normalisierungsprozess weniger dramatisch ausfällt“, betont der Experte.
Renditeanstieg durch Rückgang der Inflation
Der Stratege sieht die Anleihenkäufe im Rahmen der quantitativen Lockerungsmaßnahmen weiterhin als wichtigen Impuls an. „Das Inflationsniveau geht rund um die Welt zurück: Fast 30 Prozent aller Länder verzeichnen eine Disinflation und ein ähnlich hoher Anteil weist eine Kerninflation von weniger als einem Prozent auf. Der Rückgang der Inflation hat zu einem Anstieg der realen Renditen geführt – genau die Entwicklung, die die meisten Zentralbanken zu verhindern suchen. Um weiterhin für Unterstützung von der Zinsseite zu sorgen und das Wachstum anzukurbeln, werden die geldpolitischen Entscheidungsträger ihre großzügigen Liquiditätsspritzen fortsetzen.“
Die ambivalente Wirkung des starken US-Dollars und niedriger Rohstoffpreise
Die „Sorgenkinder“ im aktuellen Szenario von Robert Michele sind der stark aufwertende US-Dollar, die anhaltende Schwäche der Rohöl- und Rohstoffpreise sowie die Wachstumsverlangsamung in China. Obwohl sich der handelsgewichtete Wechselkurs des Dollars zuletzt etwas abgeschwächt habe, hat die US-Währung in den vergangenen zwölf Monaten mit einem extremen Tempo aufgewertet – und es scheint noch Spielraum nach oben zu geben. „Wenn die Fed als erste und vorerst einzige große Zentralbank mit einer Anhebung der Zinsen beginnt, dürfte dies den US-Dollar zusätzlich stärken. Unserer Ansicht nach kann die Währung gegenüber ihrem aktuellen Stand noch weitere 10 bis 20 Prozent zulegen. Bislang hat sich die Stärke des US-Dollars als Positivfaktor erwiesen. Ein weiterer Anstieg könnte jedoch das Wachstum in den USA belasten und die Probleme in den Schwellenmärkten verschärfen“, unterstreicht Michele.
Der deutliche Rückgang der Ölpreise hatte enorme Auswirkungen auf die Märkte und ist laut dem Experten der wesentliche Grund für die gesunkenen Inflationsraten. „Die Lagerkapazitäten sind fast ausgereizt, und mittlerweile ist entweder eine Drosselung der Produktion oder ein noch deutlicherer Rückgang der Ölpreise erforderlich. Geringere Ölpreise können sich in vielen Regionen günstig auswirken, stellen in einigen Schwellenmärkten jedoch auch ein Risiko für die Stabilität dar.“ Auch die Rohstoffpreise, vor allem für Kupfer und Eisenerz, gaben nach – in erster Linie wegen der Wachstumsrisiken in China. Kapitalabflüsse und Wettbewerbsdruck werden mit selektiven geldpolitischen Maßnahmen bekämpft, was das Land jedoch benötigt, ist ein Anstieg des Konsums. „Die Lage in China muss auf lange Sicht genau beobachtet werden“, so Michele.
„Don’t fight the Fed“ – Flexibilität ist gefragt
Robert Michele betont, dass Anleger sich im aktuellen Umfeld nicht gegen die Zentralbanken positionieren sollten: „Sie versorgen den Markt jeden Tag mit Liquidität. Sie kaufen Anleihen und zwingen Anleihenanleger wie uns, ihnen mehr Staatsanleihen zu verkaufen und die Verkaufserlöse anderweitig einzusetzen. Obwohl die Geldpolitik für Stabilität zu sorgen scheint, ist ungewiss, ob die zusätzliche Liquidität zu einem realen Ausgabenwachstum führt. Es ist jedoch klar, dass sie eine Vermögenspreisinflation zur Folge hat.“ Der Kreditzyklus endet üblicherweise erst 12 bis 18 Monate nachdem die Zentralbanken ihre geldpolitische Straffung abgeschlossen haben – und sie haben aktuell noch nicht einmal damit begonnen. Es ist daher auf kurze Sicht kaum sinnvoll, sich gegen die Zentralbanken in aller Welt zu stellen.
Vielmehr dürfe jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die zusätzliche Liquidität den Risikoanlagen zugute kommt. So ist Robert Michele derzeit sehr von Hochzinsanleihen überzeugt – sowohl in den USA als auch in Europa. Auch europäische Finanztitel, darunter insbesondere hybride Bankanleihen, sieht er positiv. Das generelle Umfeld für die Schwellenmärkte ist seiner Ansicht nach sehr heterogen zu beurteilen – hier sei eine Differenzierung von entscheidender Bedeutung: „Wir konzentrieren uns auf Länder mit geringerem Finanzierungsbedarf, die Rohstoffe importieren und nicht exportieren, und die Strukturreformen durchführen.“
Umso wichtiger ist es laut dem Experten, sich in diesem Umfeld flexibel positionieren zu können: Ein benchmarkunabhängiges Konzept ermöglicht es, in die Bereiche zu investieren, die das attraktivste risikoadjustierte Ertragspotenzial aufweisen – und zwar ohne Sektorvorgabe und unabhängig von der geografischen Region. „Ein solcher flexibler Ansatz bietet größere Diversifizierung und potenziell höhere Erträge sowie einen gewissen Schutz gegenüber Abwärtsbewegungen“, betont Michele. „Denn die Benchmark bindet den Investor üblicherweise in der Duration und beschränkt das Anlagesegment. Zudem belohnen Rentenindizes streng genommen Fehlentwicklungen: Wenn sich ein Land oder ein Unternehmen hoch verschuldet und viele Anleihen am Markt platziert, steigt automatisch seine Gewichtung innerhalb des Index – und das in einer Zeit, in der die Rückzahlungsfähigkeit tendenziell sinkt.“
Seit etwas mehr als zwei Jahren setzt Robert Michele eine solche flexible Strategie im JPMorgan Funds – Global Bond Opportunities Fundum. Gemeinsam mit den beiden Co-Fondsmanagern Nicholas Gartside und Iain Stealey investiert er in ein breit diversifiziertes Portfolio über das gesamte Spektrum globaler Anleihen hinweg. Die benchmarkunabhängige Strategie nutzt dynamisch alle Anleihenmarktsegmente verbunden mit aktivem Durationsmanagement, um sich jederzeit auf verändernde Marktbedingungen einzustellen. Der Investmentprozess des Fonds basiert dabei sowohl auf qualitativem als auch auf quantitativem Input der über 200 globalen Anleihenexperten. Etwas defensiver ist der JPMorgan Funds – Global Strategic Bond Fund ausgerichtet, der sich inzwischen seit über 4 Jahren bewährt hat.
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