Wissensartikel
09:47 Uhr, 21.11.2017

So können auch Privatanleger Optionsstrategien der Profis nutzen

Viele Anleger verfügen (noch) nicht über die Möglichkeit, an Terminbörsen zu handeln und selbst Optionen zu schreiben. Falls Sie dazu gehören, haben Sie aber indirekt dennoch die Möglichkeit, einige der Profistrategien von Optionshändlern zu nutzen.

Erwähnte Instrumente

Viele vorgefertigte Anlageprodukte sind nämlich letztlich nichts anderes als verbriefte Optionskonstruktionen. Im Rahmen der Beitragsreihe möchte ich Ihnen einige davon vorstellen. Wir beginnen mit einer sehr verbreiteten Strategie, dem Covered Call Writing.

Was bedeutet Covered Call Writing und was sind die Voraussetzungen?

Covered Call Writing setzt voraus, dass sich der Basiswert (in ausreichender Menge) im eigenen Bestand befindet oder zumindest unmittelbar zeitgleich mit dem Schreiben der Optionen angeschafft wird. Beim Handel von Aktienoptionen an einer Terminbörse berechtigt ein Kontrakt in der Regel zum Bezug von 100 Aktien. Das Schreiben von (vollständig) gedeckten Call Kontrakten auf Ihren Aktienbestand setzt also in den meisten Fällen voraus, dass Sie von der jeweiligen Gattung mindestens 100 Stück besitzen.

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Wenn Sie zum Beispiel am 17.11.2017 100 Daimler AG Aktien besitzen und davon ausgehen, dass die Aktie in den nächsten 12 Monaten seitwärts läuft, also nicht mit einem deutlichen Kursanstieg rechnen, könnten Sie einen Call Kontrakt auf Daimler mit Basispreis 70 EUR (Abstand zum Aktienkurs: 1,5 %) und Laufzeit bis zum 21.12.2018 schreiben. Dadurch würden Sie eine Prämie in Höhe von 451 EUR (4,51 EUR x 100) einnehmen. Annualisiert entspricht dies einer Rendite von ungefähr 6 % auf den Wert Ihres Aktienbestands. Worin besteht nun das Risiko? Das Risiko, dass sich der Wert Ihres Aktienbestandes deutlich reduziert, tragen Sie ohnehin – auch dann, wenn Sie keine Optionen verkaufen würden. Theoretisch könnte Ihre Einschätzung jedoch zu pessimistisch gewesen sein und es kommt während der Laufzeit der Optionen zu einem starken Kursanstieg der Daimler Aktie. Dann müssten Sie Ihre Aktien dennoch zum Preis von 70 EUR herausgeben. Das Call Writing führt also zu einer Begrenzung des maximalen Gewinns (Cap). Die Prämie des Optionsverkaufs verbleibt jedoch selbstverständlich bei Ihnen. Das bedeutet, dass Sie erst bei Kursen über 74,51 EUR, entsprechend Strike-Preis 70 EUR + 4,51 EUR (451 EUR Prämie / 100 Aktien) ohne das Schreiben der Optionen mehr verdient hätten. Nur wenn der Aktienkurs also innerhalb der Laufzeit der geschriebenen Call Optionen um mehr als 8 % zulegen würde, würden Sie ohne das Stillhaltergeschäft mehr verdienen.

Discountzertifikate als verbriefte, geschriebene Covered Calls

Vielleicht ist Ihnen beim Lesen bereits die Ähnlichkeit der Konstruktion mit den Merkmalen eines Discountzertifikats aufgefallen. Durch den Kauf eines Discountzertifikats befinden Sie sich wirtschaftlich betrachtet in einer ähnlichen Situation wie ein Optionshändler, der Covered Call Writing anwendet. Die oben angesprochene Optionsprämie, die Händler beim Covered Call Writing erhalten, ist vergleichbar mit dem Preisabschlag (Discount) bei einem Discountzertifikat gegenüber dem aktuellen Kurs des Basiswertes. Die (relative) Höhe des Discounts hängt dabei maßgeblich von zwei Faktoren ab: der erwarteten Schwankungsbreite (Volatilität) und der Restlaufzeit. Im Optionsmarkt werden für die Möglichkeit starker Kursausschläge höhere Prämien gezahlt als für niedrige Schwankungsbreiten. Bei größeren Prämien für den verkauften Call kann der Emittent einen höheren Verkaufserlös erzielen und dadurch beim Discountzertifikat einen attraktiveren Rabatt anbieten. Sind die erzielbaren Optionsprämien aufgrund geringer Volatilität dagegen niedrig, fällt auch der Rabatt des Zertifikats geringer aus.

Wie der Optionshändler beim Covered Call Writing nehmen auch Anleger, die ein Discountzertifikat kaufen, für diesen Rabatt eine Begrenzung der maximalen Gewinnchance hin. Auch hier spricht man von einem Cap. Einerseits gilt: Je niedriger der Cap, desto höher der Discount. Der Discount schützt Anleger also begrenzt vor Kursverlusten des Basiswerts und ermöglicht positive Renditen bereits bei seitwärts laufenden und sogar leicht fallenden Kursen. Andererseits gilt: Je höher das Cap, desto höher ist auch der maximal mögliche Ertrag.

Wie auch die Strategie des Covered Call Writings bieten sich Discountzertifikate an, wenn Anleger davon ausgehen, dass sich der Kurs des zugrunde liegenden Basiswerts während der Laufzeit nicht wesentlich verändert, also weder stark steigt noch stark fällt. Im Gegensatz zu einem Direktinvestment lässt sich bereits bei stagnierenden Kursen eines Basiswerts eine positive Rendite erzielen. Der rabattierte Einstiegspreis bietet dabei einen begrenzten Schutz vor Kursverlusten.

Risiken bei Discountzertifikaten bestehen jedoch durch stark fallende Kursen des Basiswerts. Liegt der Kurs des Basiswerts am Laufzeitende unterhalb des Caps, erfolgt eine Rückzahlung in Höhe des Schlusskurses des Basiswerts (Cash Settlement) oder eine Lieferung der zugrunde liegenden Aktie (Physical Settlement). Dies bedeutet aber noch nicht zwangsläufig einen Verlust, da der Preisabschlag des Zertifikats ja für einen begrenzten Schutz vor Kursverlusten sorgt. Nur wenn der Kurs des Basiswerts am Laufzeitende unterhalb des Einstiegspreises liegt, ergeben sich Verluste. Diese fallen jedoch niedriger aus als bei einem Direktinvestment. Bei einem wertlos gewordenen Basiswert oder einem Zahlungsausfall des Emittenten können Anleger aber einen Totalverlust erleiden. Sollte der Kurs des Basiswerts über das Cap steigen, ist der Rückzahlungsbetrag eines Discountzertifikats auf diesen Höchstbetrag beschränkt.

Betrachten wir wie bereits oben beim Covered Call Writing wieder die Aktien der Daimler AG als Basiswert. Geht man wie der Optionshändler im obigen Beispiel davon aus, dass der Kurs der Aktie in den nächsten 12 Monaten auf der Stelle tritt und 70 EUR nicht wesentlich überschreitet, kann man beim Eintritt dieses Szenarios mit einem Discountzertifikat profitieren. Dazu wählen wir ein Discountzertifikat, dessen Cap ungefähr auf diesem Kursniveau, also bei 70 Euro liegt. Ein solches Zertifikat mit Bewertungstag am 21.12.2018 kostete am Abend des 17.11.2017 62,21 EUR. Bei einem Aktienkurs von 68,95 EUR zu dieser Zeit ergibt sich ein Abschlag in Höhe von 6,74 EUR (entsprechend 9,78 %). Bei jedem Abrechnungskurs, der oberhalb des Kaufkurses von 62,21 Euro liegt, erwirtschaften Anleger einen Gewinn, jeder Abrechnungskurs unterhalb von 62,21 Euro führt zu einem Verlust, der jedoch stets um den Discount von 6,74 EUR geringer ausfällt als bei einem Kauf der Aktie. Der maximal erzielbare Ertrag einer solchen Anlage steht von vorneherein fest. Er ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Höchstbetrag (Cap) und dem Kaufpreis, hier also 7,79 EUR pro Zertifikat (entsprechend einer Maximalrendite in Höhe von 12,5 %).

Mögliche Szenarien bei Fälligkeit

Im Idealfall schließt die Daimler Aktie am Laufzeitende auf oder leicht oberhalb dem Niveau des Caps. Im Beispiel reicht also ein unveränderter Aktienkurs, um die maximale Rendite zu erzielen. Anleger erhalten in diesem Szenario den Höchstbetrag von 70 Euro. Lediglich dieser Höchstbetrag von 70 Euro wird jedoch auch gezahlt, wenn die Daimler Aktie wesentlich stärker gestiegen ist. Der Aktienkurs, oberhalb dessen sich eine Direktanlage in der Aktie als lohnenswerter erweist, wird Outperformance-Punkt genannt. In diesem Beispiel würde er bei 77,57 EUR (entsprechend der Maximalrendite 12,5 % bezogen auf den Aktienkurs 68,95 EUR) liegen.

Ähnlich wie die eingenommene Prämie beim Covered Call Writing federt der Rabatt bei Discountzertifikaten Verluste bis zu einem bestimmten Niveau ab. Liegt die Daimler Aktie am Laufzeitende beispielsweise knapp 10 % unter dem Kurs zum Zeitpunkt des Kaufs des Discountzertifikats und damit auch unter dessen Cap, erhalten Anleger je nach Produktausgestaltung eine Rückzahlung entsprechend diesem Kurs oder die physische Lieferung von Daimler Aktien. Sie realisieren dabei jedoch noch keinen Verlust, da dieser Kurs ihrem rabattierten Einstandspreis entspricht und sind damit - von eventuellen Dividendenausschüttungen abgesehen - besser gestellt als Aktionäre, die bereits einen Verlust von 10 Prozent zu verbuchen hätten.

In einem negativen Szenario schließt die Aktie am Bewertungstag unterhalb des Kaufpreises des Discountzertifikats, zum Beispiel bei 57 EUR. Dies entspricht dann dem Rückzahlungsbetrag des Zertifikats oder dem Gegenwert der gelieferten Aktie, so dass Anleger einen Verlust von 5,21 EUR oder 8,4 % erleiden. Aktionären ist dagegen eine Verlust von knapp 12 EUR also rund 17 % angefallen.

Bei der Verwendung von Discountzertifikaten können grundsätzlich drei Strategien unterschieden werden.

Anleger, die eine defensive Strategie verfolgen, wählen einen möglichst tiefen Cap. Je tiefer der Cap, desto größer der Discount, desto geringer aber auch die mögliche Maximalrendite. Ein hoher Discount kann helfen, auch bei negativer Kursentwicklung des Basiswerts noch eine positive Rendite zu erzielen.

Wer dagegen eine neutrale Strategie mit Discountzertifikaten umsetzen möchte, kann ein Cap in Höhe des aktuellen Kursniveaus des Basiswerts wählen. Dabei fällt der Discount geringer aus, für die etwas höhere Risikobereitschaft steigt aber die Maximalrendite an. In diesem Fall genügt eine Seitwärtsbewegung des Basiswerts, um die Maximalrendite zu realisieren.

Eine offensivere Strategie bietet sich an, wenn Anleger von weiteren Kurssteigerungen des Basiswerts ausgehen und deshalb einen Cap oberhalb des aktuellen Kurses wählen. Wichtig ist jedoch, dass der Cap nicht zu weit über dem aktuellen Kurs liegt. Wenn der Discount nämlich auf fast null Prozent sinkt, macht es keinen Sinn, eine Gewinnbegrenzung zu akzeptieren.

Im nächsten Teil der Betragsreihe schauen wir uns weitere Anlageprodukte an, mit denen Privatanleger von Profistrategien der Optionshändler profitieren können, ohne selbst an einer Terminbörse handeln zu müssen.

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