Momentum-Effekt: Das Geheimnis der Gewinneraktien
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Oft sind Praktiker den Theoretikern meilenweit voraus. An der Börse gilt das ganz besonders. Denn wer eine Strategie gefunden hat, mit der eine Outperformance am Markt möglich ist, dürfte in der Regel einen größeren Anreiz haben, dieses Rezept zu Geld zu machen, als es zu veröffentlichen.
So ist es auch kein Geheimnis, dass eine an der Börse besonders gut funktionierende und gleichzeitig sehr einfache Strategie bei Praktikern seit Jahrzehnten oder womöglich gar seit Jahrhunderten bekannt ist, aber von der Wissenschaft lange Zeit ignoriert wurde. Es geht um den sogenannten Momentum-Effekt. "Momentum" bedeutet so viel wie "Schwung" oder "Impuls" (und hat in der hier verwendeten Bedeutung nur sehr wenig mit dem gleichnamigen charttechnischen Indikator zu tun). Der Momentum-Effekt bedeutet, dass Vermögenswerte, die in der Vergangenheit eine besonders gute oder schlechte Wertentwicklung gezeigt haben, dies häufig auch in Zukunft tun.
Praktiker formulieren den Momentum-Effekt verständlicher und praxisbezogener: Es gibt an den Finanzmärkten erkennbare Trends, die häufig eine längere Zeit erhalten bleiben und von Anlegern ausgenutzt werden können. Das praktische Ausnutzen dieser Trends geschieht im Rahmen sogenannter Trendfolgestrategien.
Auch in der wissenschaftlichen Literatur gibt es seit Jahrzehnten Belege für den Momentum-Effekt. Wegen des vorherrschenden Dogmas der Effizienzmarkthypothese wurden diese vereinzelten Belege aber lange Zeit ignoriert. Ein Pionier, der mit seinem Konzept der "Relativen Stärke" eine Ausprägung des Momentum-Effekts bereits in den 1960er-Jahren dokumentierte, war R.A. Levy. In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Momentum-Effekt in immer neuen Spielarten nachgewiesen. Inzwischen ist gut belegt, dass es den Momentum-Effekt nicht nur bei praktisch allen Anlegeklassen (Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Währungen) gibt, sondern dass er tatsächlich bereits seit Jahrhunderten funktioniert. Nobelpreisträger Eugene Fama hat den Momentum-Effekt inzwischen sogar als "größte Peinlichkeit" für die von ihm entwickelte Markteffizienzhypothese bezeichnet, hofft aber weiter darauf, "dass er verschwindet", wie er in einem Interview freigiebig erläuterte.
In der Wissenschaft wird zur Bestimmung des Momentums meist ein sehr einfaches Rezept verwendet und einfach die Wertentwicklung über die letzten 12, 6 oder 3 Monate betrachtet. Dabei wird der letzte Monat allerdings oft ausgeklammert, weil auf Zeitebenen von einem Monat und darunter häufig ein Rebound-Effekt zu beobachten ist: Auf diesen Zeitebenen werden starke vorherige Bewegungen häufig zeitweise wieder korrigiert.