Grossman-Stiglitz-Paradox: Warum effiziente Märkte unmöglich sind
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Erwähnte Instrumente
- VinFast Auto Ltd.Kursstand: 29,495 $ (Nasdaq) - Zum Zeitpunkt der VeröffentlichungVerkaufenKaufen
Die Hypothese der effizienten Märkte besagt, dass alle verfügbaren Informationen in den Preisen von Finanzinstrumenten bereits enthalten sind, wodurch es schwierig ist, systematisch überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen.
In der Praxis gibt es unzählige Gegenbeispiele, die zeigen, dass die Märkte in der Realität zumindest zeitweise und bei bestimmten Basiswerten alles andere als effizient sind. Zwei besonders markante Beispiele sind:
- Der Eistee- und Limonadenhersteller Long Island Iced Tea änderte den Firmennamen auf dem Höhepunkt der Bitcoin-Euphorie im Jahr 2017 in Long Blockchain ab. Diese Namensänderung, zusammen mit der (später nicht umgesetzten) Ankündigung, die eigenen Aktivitäten auf den Blockchain-Bereich ausdehnen zu wollen, führte zu einem Kursanstieg von in der Spitze mehr als 500 Prozent.
- Die Aktien des vietnamesischen Elektroautoherstellers VinFast stiegen nach ihrem Börsendebüt an der Nasdaq vor rund drei Wochen so stark an, dass der Börsenwert des Unternehmens zeitweise höher war als der von Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz zusammen. Dabei lieferte VinFast im ersten Halbjahr 2023 nur 11.300 Fahrzeuge an die Kunden aus. Volkswagen brachte es konzernweit auf 5,1 Mio., BMW auf 1,2 Mio. und Mercedes-Benz auf 1,0 Mio. Fahrzeuge. Zusammen lieferten die drei deutschen Autobauer rund 650 Mal so viele Fahrzeuge aus wie VinFast, waren aber trotzdem weniger an der Börse wert als der vietnamesische Konkurrent.
Die Beispiele zeigen, dass die Märkte in der Realität alles andere als effizient sind und zumindest zu gewissen Zeiten und bei bestimmten Basiswerten zu völlig irrationalen Kursbewegungen und Bewertungen neigen.
Dass völlig effiziente Märkte in der Realität nicht existieren können, zeigt das sogenannte Grossman-Stiglitz-Paradox, das schon 1980 von den Wirtschaftswissenschaftlern Sanford J. Grossman und Joseph E. Stiglitz in ihrem Artikel "On the Impossibility of Informationally Efficient Markets" vorgestellt wurde.
Das Paradox besteht aus folgenden Argumenten:
- Die Hypothese der effizienten Märkte besagt, dass alle verfügbaren Informationen bereits in den Preisen von Wertpapieren eingepreist sind. Dies bedeutet, dass keine Anleger systematisch höhere Renditen erzielen können als der Markt selbst, da sie keine zusätzlichen Informationen haben, die noch nicht im Preis reflektiert sind.
- Die Sammlung, Analyse und Verwendung von Informationen sind jedoch mit Kosten verbunden. Um Informationsvorteile zu erlangen, müssen Anleger Zeit und/oder Geld investieren, um Daten zu sammeln, auszuwerten und daraus Handelsentscheidungen zu erzeugen.
- Wenn die Märkte vollständig effizient und alle Informationen bereits in den Kursen enthalten wären, gäbe es für Anleger keine Anreize, in die Sammlung und Auswertung von Informationen Zeit und Geld zu investieren, da sie keine zusätzlichen Gewinne daraus ziehen könnten. Wenn jedoch niemand mehr in die Sammlung und Auswertung von Informationen investiert, können die Märkte auch nicht effizient bleiben bzw. sein, da keine neuen Informationen in den Preisen reflektiert würden.
Das Grossman-Stiglitz-Paradox zeigt also, dass es einen inhärenten Widerspruch zwischen der Idee der Markteffizienz und den Anreizen für Anleger gibt, in die Sammlung und Nutzung von Informationen zu investieren. Zwar haben Computer und das Internet die Sammlung und Auswertung von Informationen deutlich erleichtert und die Kosten, die dafür nötig sind, stark gesenkt. Aber mit gewissen Kosten bleiben diese Tätigkeiten dennoch verbunden. Selbst wenn eine Künstliche Intelligenz (KI) Anlageentscheidungen trifft, führt dies zu Kosten, da die KI Energie in Form von elektrischem Strom benötigt.
Fazit: Damit ein Markt völlig effizient ist, müssen zu jedem Zeitpunkt sämtliche relevanten Informationen im Preis enthalten sein bzw. neu auftretende Informationen eingepreist werden. Diese Einpreisung von Informationen geschieht aber nicht von selbst und ist auch nicht kostenlos. Das kontinuierliche Einpreisen neuer Informationen geschieht nur, weil (meist professionelle) Anleger mit gutem Know-how und technischer Ausstattung sowie niedrigen Transaktionskosten mit diesem Einpreisen neuer Informationen Geld verdienen können. Sie kaufen Wertpapiere, die sie angesichts neuer Informationen für unterbewertet halten und verkaufen Wertpapiere, die sie angesichts ihres Informationsstandes für überbewertet halten. Wäre der Markt völlig effizient, würde es sich für diese Marktteilnehmer nicht mehr lohnen, Informationen einzupreisen und der Markt würde innerhalb kurzer Zeit wieder ineffizient werden (was dann wieder kurzfristige professionelle Marktteilnehmer auf den Plan rufen würde, die den Markt wieder in Richtung Effizienz bewegen). Weil die Informationsauswertung nicht kostenlos ist, ergibt sich ein Gleichgewichtszustand, der sich dadurch auszeichnet, dass die allerbesten Marktteilnehmer zwar immer noch eine Überrendite erzielen können, weil sie schneller oder besser darin sind, neue Informationen einzupreisen, dass der Markt insgesamt für die Mehrzahl der Marktteilnehmer aber doch einem effizienten Markt sehr ähnlich ist.
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Es gibt doch nichts schöneres als Paradoxien :D