Wissensartikel
12:05 Uhr, 31.10.2017

10 Dinge, die ich von erfahrenen Tradern lernen konnte

Auf meiner Reise durch die Finanzmärkte konnte ich vielen erfahrenen Händlern über die Schulter gucken. Manche Beobachtungen waren dabei sehr überraschend und ganz anders, als ich sie erwartet hätte.

1) Trading beeinflusst unser Denken und das Denken beeinflusst unser Trading

Es ist ein bisschen wie das berühmte Henne-Ei-Problem. Was war zuerst da? Unser negatives Denken über das Trading oder hat das schlechte Ergebnis unser negatives Denken ausgelöst, das dann am nächsten Tag zu einem schlechten Ergebnis geführt hat?

Wie so oft kommt es auch beim Trading auf unsere Einstellung an. Wichtig ist, dass wir diesen Kreislauf erkennen und aus ihm ausbrechen.

Unser Denken beeinflusst den Ausgang stärker als wir glauben, weil wir dadurch unterbewusst Dinge anders machen und somit Verhalten oder erlernte Strategien abrufen können, auf die wir in diesem Moment bewusst nicht zugreifen können, z.B. weil uns im Verlustfall gerade die Angst oder Panik lähmt.

2) Auch Profis erleben Emotionen und Stress beim Trading

Ich weiß noch, wie ich so richtig erschrak, als der sonst so überlegt und kühl wirkende Senior Trader neben mir auf einmal seinen Papierkorb wütend den Gang runter kickte. Ich glaube, er ärgerte sich selbst danach mehr über seinen Gefühlsausbruch, als über den „Miss-Trade“. Er hatte sich verklickt und ein guter Trade war ihm weggesprungen.

Egal wieviel Jahre Tradingerfahrung wir auf dem Buckel haben: Es ist eine Illusion, dass wir eines Tages wie emotionslose Roboter vor unseren Schirmen unseren Handelsstil durchexerzieren. Im Gegenteil. Ich glaube daran, dass wir besser mit unseren Gefühlen arbeiten können, wenn wir bereit sind sie wahrzunehmen, rauszulassen und dann darüber zu reflektieren.

3) Verluste tangieren unser Gehirn stärker als Gewinne

Es ist absurd, aber ich habe irgendwann eingesehen, dass mein Gehirn nicht anders kann. Auch wenn ich am Vormittag einen großen Gewinn machte, konnte mir ein kleiner und regelbasierter Stop-Loss am Nachmittag den Tag verderben.

Als ich erkannte, dass nicht „Ich“ an diesem Denken Schuld habe, sondern ich einfach so konstruiert bin (unser Gehirn versucht uns eben die ganze Zeit vor Gefahren zu warnen...), da hörte ich auf dagegen anzukämpfen. Manchmal reicht es schon zu wissen, wo ein Gefühl herkommt, um es relativ schnell ziehen lassen zu können.

4) Stress ist mit der Größe unserer Trading-Positionen korreliert

Ich weiß nicht mehr bei wie vielen Tradern ich diese Zettel am PC gesehen habe, aber der Berühmteste unter ihnen ist mit Sicherheit Paul Tudor Jones. In einem Zeitungsartikel sieht man ihn vor seinen Schirmen sitzen und an der Wand steht groß: „Losers average Losers“ - „Nur Verlierer kaufen im Verlust nach.“

Ich habe diese Marotte schon bei vielen Tradern gesehen. Gehen Sie mal in einen Handelssaal, da finden Sie überall diese kleinen Erinnerungswecker an die Bildschirme gepinnt, sowas wie „Sei diszipliniert“ oder „Die Börse hat morgen auch noch auf.“


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Der Grund ist einfach. Alle diese erfahrenen Trader haben schon einmal das schmerzhafte Erlebnis gehabt, in welchen Stress sie geraten, wenn die Positionsgröße eines einzelnen Trades plötzlich exorbitant ansteigt, z.B. weil man im Verlust nachgekauft hat. Es geht gar nicht mal so sehr darum, ob das vielleicht sogar hier und da technisch Sinn machen kann, sondern nur um die Erfahrung, dass man ab einem bestimmten Positionsgrößengrad einfach nicht mehr klar denken kann. Die Katastrophe ist dann vorprogrammiert.

Paul Tudor Jones selbst erzählt in einem Interview mit Jack Schwager von einer frühen und für seine Laufbahn prägenden Erfahrung, wie er 20 Prozent eines Kundendepots über Nacht in einem einzelnen Trade versenkte. Solche Lektionen sind schmerzhaft, aber sehr wertvoll. Was uns zum nächsten Punkt führt.

5) Bücherwissen ist wichtig, aber nur hartes Training macht uns zu einem wahren Trader

Wenn Menschen auf ihr Leben zurückblicken, dann sagen ja viele, dass sie die meisten ihrer Entscheidungen im Leben noch einmal genau so und nicht anders hätten treffen wollen. Egal wie gut oder schlecht die Dinge letztlich für sie gelaufen sind.

Der Grund ist, dass wir oftmals zu dem Menschen, der wir heute sind, mit all unseren Stärken und Einsichten, nur werden konnten, weil wir eben diese Entscheidungen getroffen haben. Die Guten und die Schlechten.

Das gleiche gilt für das Trading. Ich selbst musste wohl auch alle meine schlechten Trading-Entscheidungen bis hierher treffen, um der Trader zu werden, der ich heute bin. Es ist schade um die Verluste, aber ich will die Dinge, die ich durch sie lernen und erkennen durfte, nicht missen.

6) Erfolgreiche Trader haben eine mentale Schatzkarte

Wie soll man noch Freude empfinden, z.B. beim gemütlichen Abendessen mit der Familie oder beim Sport mit den Freunden, wenn der Trading-Tag so richtig schlecht lief?

Erfolgreiche Trader haben meines Erachtens nach einen Weg gefunden, eine mentale Schatzkarte gezeichnet, die ihnen hilft diese Rückschläge besser zu verkraften als andere Händler. Der Trick ist (und das ist wohl einer der größten Trading-Irrtümer), dass erfolgreiche Trader nicht nur Gewinne machen und daher die ganze Zeit „happy“ sind, sondern dass sie „happy“ sind, auch wenn sie Fehler und Verluste machen, nur eben einen anderen Weg gefunden haben damit umzugehen. Das hilft diesen Tradern auch am nächsten Tag wieder fit und motiviert an ihren Schirmen zu sitzen und vielleicht den Verlust vom Vortag nicht nur auszubügeln, sondern noch Gewinne draufzupacken.

Wie meine persönliche, mentale Schatzkarte aussieht, das werde ich mit allen interessierten Teilnehmern meines erstmal stattfindenden Online-Coachings teilen und Hilfestellungen und Checklisten präsentieren.

7) Märkte verändern sich – erfolgreiche Trader stellen sich darauf ein

Wie oft haben wir den Spruch gehört: „Der Markt ist nicht mehr der, der er früher war.“

„Früher war alles besser und einfacher. Da haben wir jeden Tag Gewinne gemacht.“

„Die Algos sind schuld, der Markt ist manipuliert, die Zentralbanken kontrollieren die Kurse, usw.“

Ich weiß nicht ob es früher wirklich einfacher war Trading-Gewinne zu machen. Und ich habe auch keine Ahnung, inwiefern Computer-Algorithmen oder Zentralbänker heute ihre Finger in den Märkten im Spiel haben.

Aber der Markt ist nunmal heute so wie er ist, z.B. in diesen Tagen sehr bewegungsarm aufgrund der niedrigen Volatilität (die Aktien indirekt durch die Niedrigzinsphase als sehr sicher einstuft).

Das einzige, was ich machen kann, ist damit zu leben und mich darauf einzustellen, z.B. durch Trading-Strategien, die nicht abhängig von einer bestimmten Marktphase sind.

8) Auch die besten Trader machen Verluste

Ich hatte irgendwie früher dieses Bild von Profi-Tradern, dass die am laufenden Band Gewinne an den Märkten erwirtschaften.

Profis und Verluste, das passte irgendwie nicht zusammen für mich.

Das Problem ist hier ganz klar auch unsere „Sieger-Mentalität“. Wir sprechen immer gerne über unsere Erfolge (wer macht das nicht) und lassen die Rückschläge unter den Tisch fallen. Von außen sieht das dann oft so aus, als würden wir vom Start zum Ziel entlang einer perfekten Gerade gehen.

Professor Martin Weber hat mal in einem Vortrag folgendes Bild gezeichnet: Wenn wir 10.000 Probanden jeweils 10 mal würfeln ließen, dann gäbe es eine bestimmte Wahrscheinlichkeit dafür, dass es zumindest einen einzigen Würfler unter diesen 100.000 Würfen gibt, der 10 mal hintereinander eine sechs, also die höchste Zahl auf einem Würfel, werfen würde. Während das in dieser Versuchsreihe logischerweise nur Glück war, so erklären wir einen Trader mit einer ähnlichen Erfolgsserie zu einem Genie und kämen nicht auf die Idee, dass er vielleicht einfach nur eine Glückssträhne hatte.

9) Nicht nur das eigene Trading-System, sondern auch die Auswahl des richtigen Marktes ist entscheidend

Charlie Munger, der Geschäftspartner von Warren Buffett, hat mal gesagt, dass „Business“ (und da zähle ich mal das Trading weitestgehend dazu) im Gegensatz zu vielen anderen Betätigungsmöglichkeiten, z.B. Sport, uns nicht erfolgreicher macht, wenn wir gegen starke Spieler antreten. Beim Sport werden wir besser, wenn wir mit jemanden trainieren, der uns überlegen ist. In der Wirtschaft kann das aber sehr töricht sein, z.B. wenn wir uns mit einem klar überlegenden Konkurrenten in den Wettbewerb stellen.

Das macht uns nicht besser, sondern nur Pleite.

Beim Trading ist es ähnlich. In den meisten Strategien sind uns die hochgerüsteten Trading-Algorithmen der Finanzindustrie klar überlegen. Es könnte also eine Möglichkeit sein, bessere Ideen in Märkten oder Aktien zu finden, in denen die Konkurrenz nicht zu groß oder überlegen ist.

Zu diesem Thema und wie man „leichte Trades“ findet, dazu werde ich am Mittwoch nächste Woche im Online-Coaching sprechen.

10) Nicht der Einstieg in einen Trade entscheidet über Sieg oder Niederlage, sondern wie wir diesen Trade managen

Egal ob wir langfristig mit Aktien oder ETFs investieren, oder ob wir kurzfristig aktiv traden: Ein Grundgesetz der Märkte scheint zu sein, dass nicht die Idee für einen Trade letztlich entscheidend ist, sondern wie wir ihn managen, z.B. wie konsequent wir beim Trading unsere Verluste eindämmen.

Viele Grüße
Jakob Penndorf

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Jakob Penndorf
Jakob Penndorf

Jakob Penndorf teilt seit 2015 seine Expertise als Finanz- und Tradingexperte auf GodmodeTrader und Guidants, den Finanzportalen der BörseGo AG. Er startete seine Karriere als Börsenhändler und Analyst bei einer Wertpapierhandelsbank, war Berater und Fondsmanager für Asset Manager in Frankfurt am Main und Gründer eines Finanztechnologie-Unternehmens in Berlin. Jakob Penndorf hat zahlreiche Lehrgänge absolviert, u.a. ist er akkreditierter Berater der namhaften Investmentgesellschaft Dimensional Funds Advisors (DFA) aus den USA, deren Vorstand und Verwaltungsrat führende Finanzforscher wie Kenneth French, Roger Ibbotson oder Eugene Fama angehören. Jakob Penndorf veröffentlichte zahlreiche Fachartikel über Börsenstrategien, Anlegerverhalten und technische Handelssysteme. Er trainiert Unternehmer, Börsenhändler und Investoren im Umgang mit Risiken an den Finanzmärkten.

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