Kommentar
09:02 Uhr, 04.03.2022

Zumindest diese Notenbank spricht Klartext

EZB und Fed vermeiden alles, was Panik auslösen könnte. Andere Notenbanken sind da nicht so zimperlich.

EZB und Fed kommunizieren viel, allerdings ist der Inhalt meist vage. Kleinere Notenbanken sind da direkter und ja, vermutlich auch ehrlicher. So liest sich der geldpolitische Entscheid der neuseeländischen Notenbank ganz anders als jene in Europa oder den USA, die drei Extrarunden im Weichspüler hinter sich haben.

Neuseelands Notenbank (RBNZ – Reserve Bank of New Zealand) stellt fest, dass die Nachteile hoher Inflation überwiegen. Inflationserwartungen drohen sich zu lösen. Es ist das letzte Puzzlestück, welches noch fehlt, damit alle Inflationsdämme brechen. Aus diesem Grund hob die RBNZ den Leitzins auf 1 % an und schraubt ihre Leitzinserwartung deutlich nach oben (Grafik 1).

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Die Inflationsrate liegt mit knapp 6 % in etwa so hoch wie in Europa und tiefer als in den USA. Das Inflationsziel ist eine Bandbreite von 1 % bis 3 %. Trotz größerer Flexibilität beim Inflationsziel und einem Leitzins, der sich deutlich von 0 % gelöst hat, soll entschlossen reagiert werden. Bis Jahresende wird ein Leitzins von 2,5 % erwartet.

Im Februar dachten Notenbanker auch an eine Zinsanhebung von 0,5 Prozentpunkten. Am Ende blieb es bei 0,25 Prozentpunkten. Die Entscheidung war jedoch knapp. Die RBNZ will bremsen. Sie hält die tiefe Arbeitslosenrate für zu niedrig und nicht nachhaltig. Der Immobilienmarkt gilt als überhitzt.

Beides lässt sich auch auf die USA und viele Euroländer übertragen. Im Gegensatz zu den großen Notenbanken will die RBNZ das Risiko einer davongaloppierenden Inflation nicht eingehen. Die Wirtschaft läuft über Potenzial. Das ging in der Vergangenheit weder in Neuseeland noch sonst irgendwo auf der Welt gut.

Die Notenbank prognostiziert wegen strafferer Geldpolitik und damit langsameren Wachstums eine steigende Arbeitslosenrate. Bis zu Ende des Prognosehorizonts 2024 soll die Arbeitslosenrate von derzeit 3,2 % auf fast 4,5 % steigen. Das ist eine sehr ehrliche Beurteilung der eigenen Politik und deren Konsequenzen und sie werden in Kauf genommen.

EZB und Fed geben sich der Illusion hin, dass die Inflationsrate auf wundersame Weise doch von alleine wieder das Inflationsziel erreicht. Vermutlich wissen sie, dass dies Wunschdenken ist, vermeiden jedoch die ehrliche Kommunikation. Inflation sinkt, wenn Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht finden. Das Angebot kann die Notenbank kurzfristig nicht beeinflussen, nur die Nachfrage.

Durch straffere Geldpolitik kann die Nachfrage (=höhere Arbeitslosigkeit) gebremst werden. In Neuseeland wird das ausgesprochen, was auch in anderen Ländern gilt, aber mit allen Anstrengungen nicht gesagt wird. Die Illusion, dass es ohne eine grobe Bremsung geht, wird auffliegen. Dann ist es endgültig zu spät.

Man kann nicht ausschließen, dass Fed und EZB früher oder später der Politik der RBNZ folgen. Das ist nicht nur eine schlechte Neuigkeit. Die Abwicklung des Anleihekaufprogramms erfolgt in Neuseeland behutsam. Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollen Staatsanleihen abgestoßen werden (Grafik 2). Das ist langsamer als es etwa die Fed vorhat.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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