Kommentar
06:32 Uhr, 06.02.2017

Zinswende schon vorbei? Achten Sie auf diesen Kontraindikator!

Alle Welt geht von steigenden Zinsen aus. Große Wetten laufen darauf. Doch oftmals kommt es anders als die Mehrheit denkt.

Seit Ende November hat sich auf dem Zinsmarkt nicht mehr viel getan. Obwohl die Börsen noch immer in Feierlaune sind und der Dow Jones erst unlängst die Marke von 20.000 knacken konnte, ist die Dynamik auf dem Zinsmarkt ausgetrocknet. Dass alle weiterhin von der Zinswende reden, verwundert da ein wenig.

Auch die US-Notenbank zeigte sich in ihrem Statement diese Woche extrem zurückhaltend. Das Statement war so neutral, dass es keine Aussage besaß. Das war in der Vergangenheit ein Hinweis darauf, dass die Zinsen auch beim nächstmöglichen Termin nicht angehoben werden. Praktisch bedeutet dies für die USA, dass der nächste Zinsschritt erst im Juni kommen dürfte.

Freilich können die Notenbanker ihre Meinung noch ändern. Es gibt keine Garantie für keinen Zinsschritt. Sollen die Zinsen jedoch Mitte März angehoben werden, müssen die Notenbanker Gas geben, um den Markt vorzubereiten. Der Markt geht aktuell mit weniger als 20 % Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Zinsen im März steigen werden. Die Fed erhöht die Zinsen für gewöhnlich nur, wenn die Wahrscheinlichkeit über 50 % liegt.

Die Zinsen für Anleihen befinden sich aktuell auf einem Niveau, welches bereits die kommenden Zinsschritte berücksichtigt. Um die Zinsen weiter in die Höhe zu treiben, muss etwas Neues passieren. Das wäre z.B. ein nachhaltiger Inflationsanstieg, der die Notenbank zu einer rascheren Straffung zwingt. Aktuell ist das nicht in Sicht.

Untermauert wird das (vorläufige) Ende der Zinswende vom Konsumenten. Grafik 1 zeigt wie Konsumenten den Immobilienmarkt wahrnehmen. Die Immobilienpreise werden aktuell als hoch eingestuft. Das zeigt die orangene Linie. Direkt nach dem Platzen der Immobilienblase stieg der Indikator auf ein Allzeithoch. Konsumenten war absolut bewusst, dass die Preise unglaublich niedrig waren. Sie sind also prozyklisch.

So ähnlich verhält es sich auch bei den Zinsen. Eine wichtige Motivation für den Kauf einer Immobilie sind niedrige Zinsen. Immerhin sitzt man jahrelang auf einem Kredit und muss Zinsen dafür zahlen. Je niedriger die Zinsen sind, desto besser. Die Zinsen werden derzeit als noch niedrig empfunden, doch diese Wahrnehmung ändert sich gerade rapide.

Das führt zu einer antizyklischen Betrachtung, wenn man nicht die Wahrnehmung betrachtet, sondern die konkreten Entscheidungsgründe. Diese sind in Grafik 2 dargestellt. Konsumenten sehen eine Kaufgelegenheit vor allem aus zwei Gründen. Zum einen wird gekauft, wenn erwartet wird, dass die Preise weiter steigen. Zum anderen wird gekauft, wenn davon ausgegangen wird, dass die Zinsen steigen werden. Beide Zeitreihen verlaufen parallel.

Wie die Historie zeigt, erreichen die Indizes für diese beiden Kaufgründe Höchstwerte, wenn auch die Zinsen ihr Hoch erreichen. Konsumenten kaufen also Immobilien, weil sie Angst haben, dass die Zinsen steigen werden. Tatsächlich ist die Angst vor steigenden Zinsen am größten, wenn die Zinsen bereits ihr Hoch erreicht haben.

Aktuell gehen so viele Konsumenten von steigenden Zinsen aus, dass es sich um den höchsten Wert seit 2006 handelt. 2006 war das letzte Jahr, indem der Markt noch mehr oder minder rund lief. Die Werte erreichen gerade Werte wie wir sie kurz vor dem Kollaps des Marktes gesehen haben. Einen deutlicheren Kontraindikator gibt es kaum.

Auch hier muss man sagen, dass es keine Garantie gibt. Dennoch erscheint es möglich, dass wir zumindest temporär bereits ein Zinshoch in den USA gesehen haben. Es handelt sich meiner Einschätzung nach nicht um ein zyklisches Hoch auf Sicht von mehreren Jahren, sondern eher um ein mittelfristiges Hoch auf Sicht von einem Jahr. 2017 dürften die Zinsen in den USA kaum noch steigen.

In Europa sieht das anders aus. Hier gibt es praktisch nur eine Richtung. Obwohl die US-Zinsen seit zwei Monaten nicht mehr steigen, sind die Renditen vieler Euroländer ungebrochen in einem Aufwärtstrend. Das spricht ganz nebenbei auch dafür, dass der Dollar 2017 nicht mehr wesentlich weiter aufwerten wird.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • trunki
    trunki

    Zinswende schon vorbei?

    Niemals, bei dem boomenden Arbeitsmarkt Herr Schmale (Ironie Off!!)

    Sie hauen innerhalb von 24h zwei Berichte raus mit komplett widersprüchlichen Aussagen und Schlussfolgerungen. Halten Sie die Leser für unfähig in Zusammenhängen zu denken oder sind die Ursachen für solch skurrile Interpretationen anderweitig zu verorten?

    08:25 Uhr, 07.02.2017
  • peterschirl
    peterschirl

    Kurzfristig noch mal runter ja.

    und dann geht es richtig los nach Süden .

    Nächstes Jahr im 2 stelligen Bereich.

    19:10 Uhr, 06.02.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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