Kommentar
17:01 Uhr, 29.07.2019

Zinssenkung in der Eurozone: Eine gute Idee?

Die EZB war bei ihrem letzten Zinsentscheid ziemlich deutlich: es wird wieder gelockert. Aber ergibt das wirklich einen Sinn?

Die Frage kann man noch spezifizieren: fĂŒr wen ist eine weitere geldpolitische Lockerung eine gute Idee? Eine Antwort darauf findet man nicht so leicht. Die EZB beteuert zwar, dass sie viele Instrumente zur VerfĂŒgung hat, doch wem diese eigentlich nĂŒtzen sollen, bleibt unklar. Anstatt einer klaren ErklĂ€rung des Nutzens wird auf die Inflation verwiesen. Hier ist das Inflationsziel von knapp 2 % nun wohl demnĂ€chst wie in den USA auch symmetrisch. Ein Überschießen wird geduldet – als ob ein Überschießen in naher Zukunft ĂŒberhaupt ein Thema wĂ€re... Den Nutzen niedriger Zinsen haben am Ende die Staaten, die hoch verschuldet sind. Die EZB kann noch so sehr auf die Inflation verweisen, am Ende sind es die Staatsschulden, die zĂ€hlen. So offen sagt das natĂŒrlich niemand, liegt aber auf der Hand. Die Wirtschaft wĂ€chst in der Eurozone kaum noch. Konjunkturprogramme lassen sich kaum verhindern. Diese erhöhten die Verschuldung und ohne ein Eingreifen der EZB wĂ€ren die nicht tragbar.

Man kann auch sagen, wem eine mögliche Zinssenkung nicht nutzt: den Banken. Ein einfacher Vergleich zwischen den Zinsen und dem Euro Stoxx Banken Index spricht BĂ€nde (Grafik 1). Nun kann es natĂŒrlich auch nicht sein, dass die Zinsen nur steigen, damit Bankaktien wieder auf die Beine kommen.


Trotzdem ist die Sache durchaus relevant. Funktioniert das stark von Banken abhĂ€ngige europĂ€ische Finanzsystem nicht, hat die Wirtschaft von niedrigeren Zinsen wenig. Es braucht einen Übertragungsmechanismus und der geht ĂŒber die Banken. Schwache Banken verhindern eine effektive Übertragung der untralockeren Geldpolitik der Notenbank.

Die EZB ĂŒberprĂŒft derzeit, ob die Zinsen daher nun gestaffelt gesenkt werden. Ein Teil der Überschussreserven der Banken wird nicht mehr mit -0,4 % belegt, sondern mit weniger negativen Zinsen oder sogar Nullzinsen. Das wĂŒrde Banken erheblich entlasten und am Ende stĂ€rken.

Die EZB kann den Einlagensatz, der nur noch fĂŒr einen minimalen Teil der Reserven gĂŒltig ist, dann fast beliebig tief ins Minus drĂŒcken, da Banken kaum noch darunter leiden. Wenn niemand mit dem Zins belegt wird, fragt man sich natĂŒrlich, was er ĂŒberhaupt bringt, außer der Illusion niedriger Zinsen.

Anleger wĂŒrden sich ĂŒber einen gestaffelten Einlagensatz freuen. Allein der Gedanke daran hat Bankaktien Ende Juli beflĂŒgelt. Nachdem Bankaktien immer noch ĂŒber 80 % unter ihren Hochs stehen, fĂ€llt das natĂŒrlich kaum auf. Man darf sich auch keine Hoffnung machen, dass ein gestaffelter Einlagensatz die Lösung aller Probleme ist.

Japan hat ein gestaffeltes System. Den Banken hat es trotzdem nicht geholfen. Der Topix Bankenindex befindet sich in der NĂ€he seiner Tiefs aus dem Jahr 2012 (Grafik 2). Seit den Allzeithochs hat der Index 90 % verloren und seit 2013 geht es seitwĂ€rts. Das ist auch in der Eurozone zu befĂŒrchten. Bankaktien in Europa sind fast ein Garant fĂŒr Kursverluste.

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