Kommentar
07:49 Uhr, 08.02.2017

Zinskurven spielen verrückt: Was ist mit dem Bond-Markt los?

Der Anleihemarkt ist Gold wert. Die Entwicklung der Zinsen ist ein sehr zuverlässiger Indikator, wenn es um die Wirtschaftsaussichten geht. Kaum ein anderer Indikator ist so zuverlässig.

Der Bond-Markt ist zwar ein extrem zuverlässiger Indikator, doch in den letzten Wochen kommt etwas Verwirrung auf. Es zeigt sich nämlich eine äußerst merkwürdige Entwicklung der Zinskurven. Grafik 1 zeigt diese Entwicklung. Dargestellt sind die Zinskurven (Zinsdifferenzen) zwischen den zehn- und zweijährigen Anleihen und den dreißig- und zehnjährigen Papieren.

Generell laufen diese beiden Zinskurven parallel. Beide haben die gleiche Aussage. Je höher die Zinsdifferenz ist, desto zuversichtlich sind Anleger, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht. Sind die langfristigen Zinsen höher als die kurzfristigen, erwarten Anleger einen Zinsanstieg. Einen solchen Anstieg gibt es nur, wenn auch mehr Wachstum und Inflation erwartet werden.

Seit der US-Wahl Anfang November ist nun aber etwas Außergewöhnliches geschehen. Die beiden Zinskurven gehen radikal auseinander. Die Zinsdifferenz zwischen 10- und 2-jährigen Anleihen steigt rasant an, die andere Zinsdifferenz fiel wie ein Stein. Was bedeutet das bloß?

Das Wall Street Journal interpretierte diesen Umstand durch folgenden (frei übersetzten Titel): „Der Markt glaubt langfristig nicht an Donald Trump.“ So ein Titel sitzt. Schmeichelhaft geht anders.

Die Zeitung orakelt in die Entwicklung Folgendes hinein: die kürzere Zinsdifferenz (10 minus 2 Jahre) zeigt, dass der Markt an einen Aufschwung unter Trump glaubt. Der Markt glaubt aber nicht, dass dieser Aufschwung nachhaltig ist. Wäre er nachhaltig, dann hätte auch die lange Zinsdifferenz steigen müssen.

Diese Interpretation ist auch im längerfristigen Bild (Grafik 2) dargestellt. Das langfristige Bild zeigt jedoch wie belanglos die Interpretation eigentlich ist. Divergenzen gab es immer wieder. So fiel die lange Zinsdifferenz 2013 während die kürzere stieg. So etwas sehen wir derzeit auch wieder. Damals kam es im Zuge der Divergenz zu einer Wachstumsbeschleunigung.

Persönlich sehe ich in der jüngsten Entwicklung kein Grund für Besorgnis. Die lange Zinsdifferenz ist noch komfortabel im positiven Bereich. Sie ist im Vergleich zu den letzten Jahren nicht besonders hoch, doch im Vergleich zu den letzten 40 Jahren ist sie extrem robust. Ein Abschwung wird nicht angekündigt, wie es bei einem negativen Wert der Fall wäre.

Obwohl die lange Zinsdifferenz fällt, bedeutet das nicht, dass sich die langfristigen Aussichten wesentlich eintrüben. Will man die Divergenz positiv interpretieren, kann man sogar festhalten, dass solche Divergenzen auf eine Wachstumsbeschleunigung hindeuten. Wie nachhaltig diese ist, kann man aus den beiden Zinskurven nicht herauslesen. Sie sind sehr zyklisch und haben gegenüber der realen Entwicklung eine Vorlaufindikatorfunktion. Der Vorlauf beträgt jedoch nur zwei bis maximal drei Jahre. Über Nachhaltigkeit lässt sich keine Aussage treffen.

Clemens Schmale

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  • bembes
    bembes

    Gibt es bald eine neue Bund Future-Analyse ??? danke

    08:19 Uhr, 08.02.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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