Kommentar
09:10 Uhr, 22.12.2016

Ab dieser Anleiherendite werden Aktien wahrscheinlich fallen!

Jeder weiß: steigende Zinsen belasten den Aktienmarkt. Wieso aber fallen dann die Aktienkurse in diesen Wochen nicht?

Die Idee, dass es Aktien schwer haben, wenn die Zinsen steigen, ist bestechend. Je höher die Zinsen sind, desto attraktiver sind Anlageklassen wie Anleihen. Aktien bringen historisch zwar eine höhere Rendite als Anleihen, doch dafür sind sie auch deutlich schwankungsanfälliger. Mit Aktien lassen sich zwar 7-9 % pro Jahr verdienen und im jahrzehntelangen Durchschnitt mit Anleihen weniger als 6 %, doch dafür müssen Anleger bei Aktien immer wieder Rücksetzer von 30-50 % ertragen.

Haben Anleger die Wahl zwischen sicheren 5 % ohne allzu große Schwankungen und 9 % mit dem Risiko auch innerhalb eines Jahres 50 % verlieren zu können, dann ist die Entscheidung für viele klar. Nun stehen die Zinsen noch lange nicht bei 5 %, doch immerhin, mit langlaufenden US-Anleihen lassen sich 2,6 % (10-jährige Anleihen) bis 3,2 % (30-jährige Anleihen) verdienen. Im Vergleich zu den 1,3 % vor einem halben Jahr ist das geradezu sensationell.

Es ist jedoch noch nicht sensationell genug, um Anleger aus Aktien herauszulocken. Noch haben Aktien die besseren Perspektiven. Obwohl die Zinsen derzeit so schnell steigen wie seit vielen Jahren nicht mehr, kommen Aktien nicht unter die Räder.

LPL Financial hat dieses Phänomen auf den Punkt gebracht. Untersucht wurde der Zusammenhang von Zinsen und Aktienkursen. Grundsätzlich kann man zwar sagen, dass steigende Zinsen Aktien unter Druck bringen, doch es kommt nicht nur darauf an, ob Zinsen steigen, sondern auch darauf, von welchem Niveau aus sie steigen.

Die Grafik zeigt, worum es geht. Es gibt eine „magische“ Grenzlinie bei Zinsen. Als Zins gilt die Rendite 10-jähriger US-Anleihen. Befindet sich diese unterhalb der Grenzlinie von 5 %, dann gehen steigende Zinsen mit steigenden Aktienkursen einher. Das war z.B. von 2003 bis 2007 gut zu beobachten.

Liegen die Zinsen oberhalb der Marke von 5 % und steigen weiter an, dann geraten Aktien unter Druck. Das war vor 2001 der Fall, als die Zinsen noch bei mehr als 5 % lagen. Zu beobachten war das viele Male, z.B. 1994, 1990, 1988, 1984, 1981 usw.

Kurz gesagt kann man sich folgende Regel merken: steigen die Zinsen von einem Niveau von weniger als 5 % aus, dann steigen Zinsen und Aktien gemeinsam. Die Korrelation ist positiv. Steigen die Zinsen hingegen von einem Niveau aus, welches höher als 5 % ist, dann fallen die Aktienkurse bei steigenden Zinsen. Die Korrelation ist negativ.

Der Grund dafür liegt mehr oder minder auf der Hand. Solange Anleihen weniger als 5 % Rendite abwerfen, sind Aktien attraktiver. Sie schwanken zwar stärker als Anleihen, doch die Überrendite ist das Risiko wert. Können mehr als 5 % durch ein relativ sicheres Investment erzielt werden, machen Aktien weniger Sinn. Die Überrendite ist im Vergleich zu der Schwankungsbreite zu klein.

Die Grenze von 5 % gilt seit Jahrzehnten. Man kann aber nicht mit Sicherheit sagen, dass sie auch in Zukunft noch gilt. Nach vielen Jahren, in denen Anleger mit Anleihen weniger als 2 % verdienen konnten, ist ein Zinsanstieg über 3 % möglicherweise schon ein Auslöser für negative Korrelation.

Jeffrey Gundlach hält das für möglich. Er vermutet, dass Aktien nicht weiter steigen werden, wenn die Rendite 10-jähriger US-Anleihen über 3 % steigt. Da ist durchaus etwas dran, denn Aktien sind hoch bewertet. Je höher Aktien bewertet sind, desto geringer ist die zukünftig erwartete Rendite. Die Überrendite, die sich mit einer Aktie mit einem KGV von 20 gegenüber Anleihen erzielen lässt, ist kleiner als die Überrendite einer Aktie mit einem KGV von 15.

Die erwartete Überrendite von Aktien sinkt derzeit aus zwei Gründen: immer höhere Bewertung der Aktien und steigende Zinsen. Wann genau der „Tipping Point“ von positiver zu negativer Korrelation erreicht wird, lässt sich im Vorfeld nicht sagen. 3 % erscheinen mir persönlich jedoch eine sinnvolle Größenordnung zu sein. Anleger sollten diese Marke im Auge behalten.

Clemens Schmale

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5 Kommentare

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  • Market Impact
    Market Impact

    genauso gut könnte sich aber auch die skala von 5% auf 8% ausweiten wenn die preise (inflation)schneller als die 10jährigen steigen ;)

    14:52 Uhr, 22.12. 2016
  • tschak
    tschak

    guter Input! DANKE

    09:10 Uhr, 22.12. 2016
  • dschungelgold
    dschungelgold

    @Ridicule. Lachhaft. In den 50 wurde die Wirtschaft nach dem Krieg aufgebaut und ALLES boomte.....und JETZT? Gar nix boomt ausser Pixeln und Luxus fuer die Reichen. Is ja alles ausgetoppt. Das ganze ist eine grosse Illusion.

    09:03 Uhr, 22.12. 2016
  • Silberpapst
    Silberpapst

    Aktienkurse steigen meiner Meinung nach weiter aufgrund des Windowdressings. Bis Ende des Jahres will kein Fondsmanager mehr sinkende Kurse sehen damit man seine Provision einstecken kann. Anfang des neuen Jahres wird es ungemütlich.....

    08:05 Uhr, 22.12. 2016
  • Ridicule
    Ridicule

    Was wäre, wenn wir eine Phase wie in den 50er Jahren bekommen?! Steigende Zinsen damals sorgten für eine Vervielfachung von Aktien innerhalb von 10 Jahren. Muss alles so nicht (wieder) kommen, aber würde eine Erklärung sein, warum vieles nicht so ist, wie Lehrbuchexperten aktuell erwarten (Hinweis: damit meine ich nicht Sie, H.Schmale. Sie nehmen häufig einen willkommenen Standpunkt abseits des Mainsteam ein.)

    07:33 Uhr, 22.12. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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