Kommentar
12:20 Uhr, 25.05.2011

Zertifikatemarkt lässt sich nicht erschüttern

Der Monat März war in diesem Jahr geprägt durch das schreckliche Erdbeben in Japan mit dem verheerenden Tsunami und dem anschließenden Supergau in Fukushima. Börsianer suchten in diesen Wochen schnell das Weite und ließen die Aktienmärkte zunächst massiv einbrechen. Der Markt für derivative Wertpapiere, also Zertifikate und Hebel-Produkte, mit denen der Anleger sowohl auf steigende wie fallende Kurse setzen kann, hielt sich in dieser Zeit aber dennoch erstaunlich stabil wie sich an den von der European Derivatives Group (EDG) im Auftrag des Deutschen Derivate Verbands (DDV) monatlich bei 16 Banken erhobenen Zahlen zum Marktvolumen für den Monat März erkennen lässt. Denn der Open Interest verringerte sich dabei lediglich um ein Prozent, was hochgerechnet auf den Gesamtmarkt einen Rückgang von 109,7 auf 108,6 Mrd. Euro bedeutete.

Zocker-Papiere weniger gefragt

Während die zuletzt stark aufgekommenen Hebel-Papiere anteilsmäßig nur geringfügig gegenüber Zertifikaten verloren, fiel der Rücksetzer aufgrund des niedrigen Gewichts von insgesamt 1,5 Prozent am gesamten Kuchen auf Produktkategorie-Ebene deutlich stärker aus, wie sich an dem Einbruch bei Optionsscheinen von über zehn Prozent und bei Knock-Out-Produkten sogar von mehr als 20 Prozent dokumentieren lässt. Die abstürzenden Kurse der Basiswerte wurden folglich nicht unbedingt entsprechend stark dazu genutzt, schnell die Pferde zu wechseln und von der Long- auf die Shortseite zu springen, sondern veranlassten viele „Zocker" eher nach der Devise „rette sich wer kann" zu verfahren. Allerdings dürfen gerade hier wie auch bei den anderen Kategorien natürlich die negativen Preiseffekte nicht außer Acht gelassen werden.

Mit Vola-Produkten und Outperformern gegen den Trend

Aber auch bei den vermeintlich sicheren Kapitalschutzprodukten ging anders als bei den ebenfalls mit einer Garantie ausgestatteten strukturierten Anleihen das Volumen um immerhin zwei Prozent zurück, was bei einem solchen „Dickschiff" mit einem Marktanteil von über 20 Prozent gleich einmal um rund ein Viertel mehr ausmacht, als bei den Optionsscheinen und Knock-Outern zusammen. Ebenfalls auf der Verliererstraße Bonus-Papiere mit -1,5 Prozent, Index-/Partizipations-Zertifikate, die im Vormonat noch um vier Prozent zulegen konnten, mit einem Minus von jetzt 2,8 Prozent, sowie Express-Produkte, die sogar 4,2 Prozent verloren. Gegen den Trend positiv entwickelten sich mit +0,5 Prozent die angesprochenen strukturierten Anleihen, bei denen das unmittelbare Underlying häufig weniger stark ins Gewicht fällt und Discounter mit +1,4 Prozent, die von der steigenden Volatilität im März ebenso profitieren konnten, wie die immer beliebteren Aktienanleihen, die sogar ein Plus von 2,7 Prozent vorweisen konnten. Hauptgewinner aber Outperformance- und Sprint-Zertifikate mit einem Zugewinn von 3,8 Prozent, was darauf hindeutet, dass es noch jede Menge an unerschütterlichen Optimisten geben muss, die möglicherweise nach dem Erreichen der Märztiefs zum genau richtigen Zeitpunkt beherzt in solche Produkte einstiegen.

Aktien und Rohstoffe die Hauptverlierer

Wie nicht anders zu erwarten war, hatten Aktien-Produkte im März besonders stark unter den Abstürzen zu leiden. Dies zeigte sich auch an den Abschlägen bei dieser Basiswert-Kategorie bei Anlage-Produkten von 1,8 Prozent und Hebel-Papieren von 12,8 Prozent. Noch stärker mit 23,6 Prozent unter die Räder kamen im „Zocker-Segment" Produkte, die Währungen/Rohstoffe als Underlying hatten.

Börsenumsätze brechen im April wieder ein

Wie gewohnt läuft die Veröffentlichung der Börsenumsätze in Stuttgart und Frankfurt durch den DDV dem fast gleichzeitig an den User gebrachten Marktvolumen immer einen Monat voraus. Insofern beziehen sich die aktuellsten Daten jetzt schon auf den Monat April, der dem hektischen März mit einem Anstieg von 15 Prozent nicht folgen konnte. So gingen die Umsätze nach der raschen Erholung an den Märkten im April nicht zuletzt aufgrund der Osterferien und der geringeren Zahl an Handelstagen wieder um 31,2 Prozent gegenüber dem Vormonat zurück. Keine Veränderung dagegen in der Emittentenrangliste mit den großen Zwei Deutscher Bank und Commerzbank, die allein 47 Prozent Marktanteil auf sich vereinen konnten, sowie mit Riesenabstand als Dritten im Bunde der BNP Paribas mit 8,1 Prozent. Besonders auffällig war im vierten Monat des Jahres die Zurückhaltung der Anbieter in Sachen Neuemissionen, wurde doch mit etwas mehr als 96.000 Stück im April etwas weniger geklotzt wie noch in den Monaten zuvor, als sich der Wert immer im sechsstelligen Bereich bewegte. Ein Blick auf die Gesamtzahl der gelisteten Produkte stellt allerdings sofort wieder klar, dass der Trend zur Masse auch in diesem Monat mit einer Zahl von insgesamt 713.197 wieder weiter fortgeschrieben wurde. Es fielen im April eben nur weniger Papiere aus dem großen Ganzen wieder heraus. Zum Vergleich waren es Ende März noch „schlappe" 676.126 gewesen.

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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