Zertifikatemarkt bewegt sich in dünner Höhenluft
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Konnte noch im Juni laut der von der European Derivatives Group (EDG) im Auftrag des DDV monatlich bei 16 Banken erhobenen Marktvolumenstatistik die 110-Mrd.-Euromarke hochgerechnet auf den Gesamtmarkt zurückerobert werden, ging es im betrachteten Juni wieder leicht auf 109,3 Mrd. Euro zurück, wobei auch negative Preiseffekte eine Rolle spielten.
Hebel-Papiere fallen leicht zurück
Der Rückgang fiel bei Anlage-Produkten mit insgesamt 1,2 Prozent nicht ganz so stark aus wie bei Hebel-Papieren, bei denen der Open-Interest gleich 6,1 Prozent einbüßte. Auf das Verhältnis zwischen den beiden Kategorien wirkte sich diese Entwicklung nur ganz gering aus, wobei sich der Anteil der spekulativen Produkte noch weiter auf 1,4 Prozent reduzierte. In diesem Segment verloren Knock-Outer mit -5,1 Prozent etwas weniger als Optionsscheine mit –7 Prozent.
Discounter schließen zu Express-Papieren auf
Auf Produktkategorie-Ebene im Anlagebereich ging bei den „Garantierten“ die leichte „Umschichtung von Kapitalschutz-Zertifikaten (-1,5 Prozent) zu den kupontragenden strukturierten Anleihen (+1,4 Prozent) weiter. Auch Index- bzw. Partizipations-Produkte verzeichneten mit 1,1 Prozent noch ein leichtes Plus. Dagegen konnte der Teilschutz-Sektor nur mit Minuszeichen glänzen. Dabei verzeichneten Bonus-Zertifikate mit einem Rücksetzer von 2,5 Prozent noch den geringsten Abschlag, während Discounter schon um 4,5 Prozent nachgaben. Noch schlimmer erwischte es mit jeweils -6,5 Prozent Aktienanleihen und Express-Zertifikate. Damit war zwischen den vorzeitig kündbaren Produkten und den Rabatt-Papieren nun endlich mit je acht Prozent Marktanteil ein Gleichstand hergestellt. Eindeutiger Verlierer unter den Anlage-Produkten waren allerdings mit einem Minus von über 23 Prozent Outperformer und Sprinter, bei denen es sich um die wahren Hebel-Zertifikate handelt, als die häufig sogar von diversen Emittenten auch Knock-Out-Produkte bezeichnet werden. Auch mal eine längst überfällige Anregung für die ansonsten nimmermüde Transparenzoffensive der Branche, den Begriff „Zertifikat“ als Anlage-Produkt zu positionieren und exakt von reinen Derivatestrukturen abzugrenzen, bei denen der Basiswert nicht wie bei Anlage-Papieren erst auf 0 fallen muss, um zu einem Totalverlust zu führen.
Renten machen Aktien weiter das Leben schwer
In Sachen Basiswerte tat sich auch im Juni wenig Spektakuläres. So konnten bei den Anlage-Produkten Renten mit einem Plus von 1,3 Prozent erneut leicht gegenüber Aktien mit einem Minus von 3,3 Prozent aufholen, was einem Verhältnis von jetzt 45,1 zu 51,1 Prozent zugunsten von Aktien-Produkten bedeutet. Andere Underlyings spielen bekanntlich in diesem Sektor kaum eine Rolle. Bei Hebel-Papieren führt auch weiterhin kein Weg an Aktien mit einem Marktanteil von über 76 Prozent vorbei. Die zweite Kraft bilden hier Produkte auf Währungen und Rohstoffe mit einem Gewicht von 22,2 Prozent.
„Zocker“ werden im Juli wieder ihrem Ruf gerecht
Die Börsenumsatzstatistik des DDV für den Handel in Stuttgart und Frankfurt weist für den Monat Juli insgesamt einen Wert von 4,55 Mrd. Euro aus, was gegenüber dem Vormonat einem Zuwachs von 12,5 Prozent entspricht. Besonders rege gehandelt wurden diesmal Hebel-Instrumente mit einem Plus von 17,7 Prozent gegenüber einer Zunahme der Handelsaktivität bei Anlage-Papieren von „nur“ 5,7 Prozent. Die Emittentenrangliste wurde im Betrachtungsmonat auch diesmal wieder angeführt, welch große Überraschung von der Deutschen Bank mit einem Anteil von 26,8 Prozent, vor dem ewigen Widersacher der Commerzbank mit 21,3 Prozent. Dahinter mit großem Abstand fast gleichauf die BNP Paribas (7,4 Prozent) und die RBS (7,2 Prozent).
Ungebrochene Emissionsflut – wann ist die Million voll?
Besonders interessant bei dieser Erhebung die Zahl der im Juli insgesamt an den Börsen gelisteten Produkte, nachdem die auf Hochtouren laufende Zertifikate-Maschinerie im Juni erstmals seit längerer Zeit mit einem Wert von rund 713.600 Papieren erstmals gegenüber den Vormonaten etwas ins Stocken geriet. Doch die beruhigende Erkenntnis des Folgemonats: Nach der kleinen Auszeit geht der Wahnsinn weiter. So schraubte die Industrie den neuen Wert Ende Juli 2011 auf fast 767.000 Produkte, vor allem dank der besonders zahlreich emittierten Optionsscheine und Knock-Outer. In diesem Zusammenhang wäre es schön, wenn mit der Produktflut auch die entsprechenden Auswahl-Tools mitwachsen würden, die zum Teil noch immer in den Kinderschuhen stecken bzw. nur auf diversen Emittentenseiten richtig funktionieren. Wer mit anbieterübergreifenden Tools arbeitet, sieht sich häufig mit diversen Datenfehlern konfrontiert, die beispielsweise falsche Unterscheidungen zwischen gecappten und nicht gecappten Produkten vornehmen oder ganz einfach wichtige Parameter wie das Aufgeld oder den Basiskurs unterschlagen, der beispielsweise wichtig für die Auswahl geeigneter Reverse-Bonus-Zertifikate zur Absicherung ist. Insgesamt herrscht hier noch ein großer Mangel, der allerdings mit der Verbesserung der Datenqualität einhergehen müsste, da sich sonst Fehler aufgrund der Masse von Produkten gleich verzigfachen und so kein klares Bild für den Anleger entsteht. Das häufig von Anbieterseite ganz lapidar geäußerte Argument für die Produktschwemme, der Investor bräuchte nur ein entsprechendes Tool verwenden, würde sonst geradezu ad absurdum geführt. Vielleicht hat auch so mancher Banker noch gar nicht selbst konkret mit der einen oder anderen frei verfügbaren Suchmaschine gearbeitet.
Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate
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