Kommentar
17:56 Uhr, 23.08.2013

Zeitenwende: China stößt US-Staatanleihen ab

Die USA leben seit Jahrzehnten auf Pump. Was für die Volkswirtschaft als Ganzes gilt, gilt auch für den US-Staatshaushalt. Jedes Jahr wird ein riesiges Defizit angehäuft, das vor allem von China, anderen asiatischen Staaten und seit der Finanzkrise in zunehmendem Maße auch über die Notenpresse finanziert wird.

Wie Daten des US-Finanzministeriums (U.S. Departement of the Treasury) aus der vergangenen Woche zeigen, scheinen ausländische Investoren aber den Geschmack an US-Staatsanleihen so langsam zu verlieren. Länder wie China und Japan verringern nämlich das Volumen ihrer US-Anleihebestände.

Hinter dem in den vergangenen Monaten zu beobachtenden Renditeanstieg bei US-Staatsanleihen stecken also vor allem ausländische Investoren, die ihre Bestände an US-Staatsanleihen deutlich verringern. Seit Anfang Mai ist die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen extrem stark von 1,66% auf zuletzt 2,90% angestiegen. Nicht wenige Experten sehen eine historische Trendwende am Anleihemarkt: Der seit Jahrzehnten bestehende Bullenmarkt (steigende Kurse, sinkende Renditen) dürfte zu Ende gehen.

Bei Anleihen entwickeln sich Kurs und Rendite grundsätzlich gegenläufig zueinander. Der feste Zinssatz einer Anleihe bezieht sich nämlich immer auf den Nominalwert, während der Kurswert schwankt. Nehmen wir an, eine Anleihe mit einem festen Zinskupon von 3% wird zum Nominalwert von 100 Euro begeben. Die Rendite beträgt also 3%. Sinkt der Kurs und ein Anleger erwirbt die Anleihe in der Folge zu 50 Euro, so erhält er 3 Euro Zinsen (3% vom Nominalwert) für einen Einsatz von nur 50 Euro, was einer Rendite von 6% entspricht. Die Rendite bezieht sich also immer auf einen Anleger, der die Anleihe zum aktuellen Kurs erwirbt. Halbiert sich der Kurs, so verdoppelt sich die Rendite.

Die Angst vor weiteren Kursverlusten durch eine Reduzierung der Fed-Anleihekäufe dürfte auch der Hauptgrund sein, warum ausländische Investoren ihre Bestände an US-Staatsanleihen jetzt verringern. In der vergangenen Woche hatten wir gezeigt, dass es angesichts der jüngsten Konjunkturdaten für die Fed eigentlich höchste Zeit wäre, ihre Anleihekäufe schleunigst zu reduzieren (siehe hier).

Sollte sich nun bewahrheiten, dass Ausländer ihre US-Staatsanleihen im großen Stil verkaufen, könnte der Fed aber möglicherweise gar nichts anderes übrig bleiben, als mit ihren Anleihekäufen fortzufahren oder das Volumen sogar noch zu erhöhen, da sonst die Zinsen in den USA extrem steigen würden. Ein solcher Zinsanstieg könnte aber die gerade erst wieder erblühende US-Konjunktur abwürgen, was die Fed kaum zulassen dürfte.

Der Ausstieg aus der ultalockeren Geldpolitik dürfte für die US-Notenbank also ziemlich schwierig werden: Verringert sie ihre Anleihekäufe, so besteht die Gefahr schwerer wirtschaftliche Rückschläge, weil die Zinsen steigen. Gut möglich, dass die US-Wirtschaft längst abhängig ist von der beständigen Unterstützung durch die Notenpresse. Das gilt vor allem, wenn ausländische Investoren ihre US-Anleihen im großen Stil verkaufen.

Oliver Baron

Hinweis: Christian Stern befindet sich aktuell im Urlaub. In zwei Wochen wird er in der Rubrik "Project Future" wieder seinen gewohnten Wochenendartikel veröffentlichen.

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Über den Experten

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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