Kommentar
00:03 Uhr, 18.01.2007

Worauf muss beim Investment in Rohstoffe geachtet werden?

Anlegern stehen heute eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, um am Rohstoffboom zu partizipieren. Anlagezertifikate haben Anlegern dabei einen Markt geöffnet, der bisher nur Profis zur Verfügung stand. Dass der normale Anleger hier und da auf Stolpersteine beim Verständnis dieser Märkte stößt, ist wenig verwunderlich. Wir möchten in diesem Artikel die grundlegenden Unterschiede eines Rohstoffinvestments zu einer Aktienanlage beleuchten und Ihnen die wichtigsten Dinge aufzeigen, auf die Sie in Zukunft bei Ihren Rohstoffinvestments achten sollten.

Terminkurven

Unterschied Nummer 1: Aktienanleger beteiligen sich an einem Unternehmen, Rohstoffanleger erwerben Terminkontrakte. Diese Terminkontrakte sind vertragliche Vereinbarungen über die Lieferung einer bestimmten Ware an einen bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Rohstoffe werden an Terminbörsen gehandelt (siehe Tabelle).

Terminbörse

Gehandelte Märkte

CBOT

Mais, Soja, Weizen, Hafer, Reis, Ethanol

NYMEX

Erdöl (WTI), Benzin, Heizöl, Diesel, Gold, Silber, Kupfer, Erdgas (Henry Hub)

LME

Kupfer, Aluminium, Nickel, Zink, Blei, Zinn

CME

Ethanol, Rind, Schwein, Wetterderivate, Butter, Milch

NYBOT

Kakao, Kaffee, Baumwolle, Orangensaftkonzentrat, Zucker, Ethanol

ICE

Brentöl

Erwirbt ein professioneller Händler an der NYBOT beispielsweise einen „März 2007“ Kontrakt auf Kaffee, so sichert er sich das Recht auf eine Lieferung von 37,500 amerikanischen Pfund (454 Gramm) Kaffee. Lieferzeitpunkt ist Ende März, Lieferort New York. Diese Seite des Rohstoffhandels, welche eine physische Lieferung vorsieht, ist jedoch nur für industrielle Abnehmer, beispielsweise einen Kaffeeröster, interessant. Spekulanten und Anleger sind im Unterschied hierzu lediglich an den Preisveränderungen von Kaffee interessiert und müssen daher endfällige Kontrakte verkaufen und in den nächsten Kontrakt „rollen“. Um beispielsweise die Lieferung von Kaffee Ende März zu vermeiden, muss der Märzkontrakt verkauft und Maikontrakt gekauft werden.

Als Zertifikateanleger bekommen Sie hiervon nur wenig mit. Der Emittent kümmert sich für Sie um das „Rollen“ der Kontrakte, sodass Sie letztendlich nicht befürchten müssen, plötzlich einige Tausend Pfund Kaffee geliefert zu bekommen. Sie müssen allerdings eines beachten: Einige Rohstoffe haben eine steigende, andere eine fallende Terminkurve.

Beispiel Erdgas: Hier gibt es eine steigende Terminkurve. Die Preise für Erdgaslieferungen im Herbst und Frühjahr sind normalerweise deutlich günstiger, als Lieferungen in der verbrauchsstarken Sommer- und Winterzeit. Der Erdgaspreis vor einem Monat (5 Dollar) lag über 50% unter dem Preis für Erdgaslieferungen im im Winter (ca. 8,50 Dollar). Wenn der Emittent nun vom aktuellen Kontrakt auf den nächsten Kontrakt rollt, ist er gezwungen, einen um 70% höheren Preis (Verkauf bei 5 Dollar, Kauf bei 8,50 Dollar) zu zahlen. Es entstehen also erhebliche Rollverluste, die an das Zertifikat weiter gereicht werden müssen. Die meisten Erdgaszertifikate entwickeln sich daher weniger stark als der Erdgaspreis selbst. Aktuell liegt die Partizipationsrate der meisten Erdgaszertifikate bei 33-44% - stiege Erdgas also um 10%, so würden sich diese Zertifikate nur um 3,3-4,4% in ihrem Wert steigern.

Ganz anders sieht es aus bei Rohstoffen, die eine fallende Terminkurve aufweisen.

Beispiel Nickel. Bei Nickel sehen wir also eine klar fallende Terminkurve. Der Emittent von Zertifikaten erzielt beim Rollen also Rollerträge, in dem er einen endfälligen Terminkontrakt teurer verkauft, als er den nächsten Kontrakt zurückkaufen muss. Das Resultat: Die meisten Open End Zertifikate auf Nickel bilden den Preisverlauf mit einer Partizipationsrate von ca. 125% nach – sie steigen also stärker, als der Nickelpreis. Stiege Nickel beispielsweise um 10%, so würden diese Zertifikate um 12,5% im Wert hinzugewinnen.

Zwei Fachbegriffe: Contango und Backwardation

Ist die Terminkurve eines Rohstoffs steigend, entstehen also Rollverluste, so notiert dieser Rohstoff in Contango. Im umgekehrten Fall – also immer, wenn Rollerträge entstehen und die Terminkurve fallend ist - liegt der Rohstoff in Backwardation. Als Faustregel kann man festhalten: Die Metalle liegen meist in Backwardation, Erdöl wechselt zwischen Backwardation und Contango und Erdgas sowie die Soft-Commodities sind die meiste Zeit in Contango.

ABN CYD-Indizes

Die ABN AMRO setzt genau an dieser Problematik vieler Rohstoffinvestments an. Sie bietet mit Ihrem CYD Long/Short-Index (ISIN: NL0000713501) die Möglichkeit, „Backwardation-Rohstoffe“ zu kaufen und somit Rollerträge zu erzielen, während Contango-Rohstoffe leerverkauft werden. In den vergangenen 25 Jahren hätte das Long-/Short-Papier den GSCI-Rohstoff-Index pro Jahr um vier Prozentpunkte geschlagen. Zudem wäre Volatilität nur halb so hoch gewesen wie beim GSCI-Index. Beachten Sie jedoch: Wenn Sie Rohstoffe in Rohstoffen mit Backwardation-Struktur long und in Rohstoffen mit Contango-Struktur short gehen, so positionieren Sie sich für fallende Preise für Erdöl, Erdgas sowie Soft-Commodities und für steigende Preise bei den Metallen.

Zinserträge bei Rohstoffindizes

Zinserträge sind der zweite grundlegende Unterschied der Rohstoff- zu den Aktienmärkten. Um das zu verstehen kehren wir zurück zu unserem Beispiel der Kaffeerösterei: Sie geht an die New Yorker Warenterminbörse NYBOT und erwirbt einen „März 2007“ Kaffeekontrakt. Damit sichert sie sich die Lieferung von 37,500 amerikanischen Pfund (454 Gramm) Kaffee. Da sie die Ware jedoch erst Ende März erhält, muss sie für den Kauf des Kaffeekontraktes, der ja lediglich eine vertragliche Vereinbarung für die Lieferung von Kaffee darstellt, nur einen Bruchteil des Warenwertes bezahlen. Diese Zahlung wird Sicherheitshinterlegung oder Marge genannt und liegt bei Kaffee an der NYBOT aktuell bei 2520 Dollar und damit bei 5,6% des Warenwertes von 37,500 Pfund Kaffee (44250 Dollar). Erst bei Lieferung der Ware muss diese Summe vollständig bezahlt werden.

Da Anleger aber im Gegensatz zur Kaffeerösterei nicht an einer Lieferung interessiert sind müssen sie letztendlich auch nur die Marge an den Terminbörsen bezahlen. Zu einer vollständigen Bezahlung der Ware wird es nicht kommen.

„Total Return Indizes“ wie der GSCI Total Reuturn von Goldman Sachs berücksichtigen – ähnlich dem DAX Performanceindex, der Dividenden der Unternehmen enthält – auch die Zinseinnahmen eines Rohstoffinvestments. Sie resultieren aus einer Eigenart des Handels mit Rohstoffen: Indexbetreiber müssen beim Kauf der Rohstofffutures, die dem Index zugrunde liegen, immer nur einen Bruchteil des Kontraktwertes bei den Terminbörsen als Sicherheit hinterlegen. Der Rest wird in kurzlaufenden US Staatsanleihen angelegt. Der Kupon dieser Anleihen beträgt aktuell ungefähr 4,3 Prozent. Auch wenn dies zunächst nicht nach besonders viel klingen mag, möchten wir Ihnen in einer Beispielrechnung anhand des GSCI den immensen Renditeunterschied aufzeigen. Der „GSCI Total Return Index“ stieg in einer Rückrechnung seit 1970 pro Jahr um 12,5 Prozent, während die Rendite des „GSCI Excess Return“, der die Zinsen nicht berücksichtigt, bei 5,7 Prozent pro Jahr lag. Ein in 1970 in den „GSCI Excess Return“ veranlagter Betrag von 10,000 Dollar wäre damit heute auf ungefähr 73,000 Dollar angewachsen, während der „GSCI Total Return“-Anleger sich heute über einen stattlichen Betrag von ungefähr 690,000 Dollar freuen könnte.

Die Inflationsentwicklung und mögliche Gebühren wurden in dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Während der Anleger auf die Inflationsentwicklung bekanntlich keinen Einfluss nehmen kann, gibt es bei den Gebühren doch deutliche Unterschiede. So fallen bei Indexzertifikaten auf den GSCI Total Return sowohl Ausgabeaufschläge als auch laufende Management Gebühren an. Eine elegante Möglichkeit, um in den GSCI Total Return zu investieren, ist der EasyETF GSCI von BNP Paribas und AXA Investment Managers. Der EasyETF hat keine Geld-Briefspanne und somit auch keinen Ausgabeaufschlag. Die jährlich berechnete Gebühr von 0,45 Prozent erscheint im Vergleich sehr annehmbar.

Der EasyETF GSCI kann unter der ISIN LU0203243414 börsentäglich in Euro gehandelt werden. Zudem wurde eine Tranche des EasyETF GSCI in Dollar auferlegt. Sie kann unter der ISIN LU0203243844 gehandelt werden. Ein paar kurze Worte zum GSCI: Der Index besteht, wie bereits in der letzten Ausgabe des Rohstoff-Report beschrieben, aktuell zu 74 Prozent aus Energie-Rohstoffen. Preisveränderungen bei Öl und Gas wirken sich also stärker auf den Index aus, als Bewegungen bei Metallen und Soft-Commodities, die vergleichsweise geringer im GSCI gewichtet sind. Die hohen Preisschwankungen bei Öl und Gas in den letzten Monaten spiegeln sich damit auch in diesem Produkt wider. Jedoch dürfte sich gerade aus der Sicht des jüngsten Preisrückgangs bei Erdöl eine gute Einstiegschance in diesen ETF bieten.

Autor: Jochen Stanzl - Chefredakteur des Rohstoffreports (BörseGo GmbH)

Quelle : Der Rohstoffreport Börsenbrief - Der reichweitenstärkste Börsenbrief in Deutschland mit Schwerpunkt Rohstoffe, Edelmetalle, erneuerbare Energien. Fundamentalresearch und zusätzlich charttechnische Analysen. Melden Sie sich KOSTENLOS an.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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