Kommentar
09:40 Uhr, 11.05.2020

Wirtschafts-Rebound: Das ist die große Unbekannte

Warren Buffett sagt: Wir wissen einfach nicht, was mit der Wirtschaft geschieht, wenn wir sie anhalten. Recht hat er.

Warren Buffett ist für vieles berühmt. Eines seiner unterschätzten Talente gehört nicht dazu. Er bringt den Kern der Sache in einfachen Worten auf den Punkt. Im Fall der Coronakrise ist es die Unsicherheit rund um den wirtschaftlichen Rebound. Die Krise ist aus wirtschaftlicher Sicht sehr komplex. Die Wirtschaft wurde absichtlich zum Stillstand gebracht. Das hat natürlich Folgen. Das haben auch Regierungen erkannt und Hilfspakete auf den Weg gebracht. Die Wahrheit ist aber: wir wissen einfach nicht, was mit der Wirtschaft geschieht, wenn man sie anhält. Platt ausgedrückt: wir haben schlichtweg keine Ahnung, was die langfristigen Folgen sind.

Im besten Fall erholt sich die Wirtschaft schnell von dem Schock. Im schlimmsten Fall dauert es viele Jahre, bis die Wirtschaft annähernd wieder normal läuft. Vor Mitte der 20er Jahre kann man dann nicht von Normalität sprechen. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo zwischen dem besten und schlechtesten Fall.

Wo wir letztendlich landen werden, liegt am Arbeitsmarkt. Hier ist die große Unbekannte. Besonders eindrücklich erkennt man das in den USA. Im April stieg die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahr um 17 Mio. Die Beschäftigung ging allerdings um 23 Mio. zurück (Grafik 1).


Die Differenz, 6 Mio., sind die Unbekannte. Die Differenz muss man aber erst einmal erklären. Als arbeitslos gelten alle, die ihren Job verloren haben und wieder beschäftigt werden wollen. Wer seinen Job verliert und nicht nach einer neuen Beschäftigung sucht, gilt nicht als arbeitslos. 6 Mio. Menschen haben sich in den USA aus dem Arbeitsmarkt verabschiedet.

Die Erwerbsbevölkerung (alle die arbeiten können und wollen) schrumpfte in der jetzigen Krise wie in keiner anderen (Grafik 2). Es ist normal, dass Wirtschaftskrisen die Erwerbsbevölkerung drücken. Viele Menschen verlieren die Hoffnung und verabschieden sich aus dem Arbeitsmarkt.


Nach der Finanzkrise hat es viele Jahre gedauert bis diese Menschen wieder am Arbeitsmarkt teilnahmen. Bisher ist die Erwerbsbevölkerung in den USA um über 6 Mio. geschrumpft. Selbst wenn also alle, die jetzt als arbeitslos gelten, wieder einen Job finden, haben die USA 6 Mio. weniger Beschäftigte. Das sind fast 4 % der Erwerbsbevölkerung.

Das ist enorm. Wenn die Wirtschaft langfristig 4 % weniger Beschäftigte hat, macht sich das im Konsum bemerkbar. Wie schnell die Wirtschaft wieder zur Normalität zurückkehrt, hängt davon ab wie schnell diese 4 % wieder integriert werden können. Die Erfahrung aus der Finanzkrise zeigt, dass das lange dauern kann. Die Erholung dauert dann länger als sonst üblich und die Wirtschaftsleistung bleibt viel länger unter Potential.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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