Kommentar
12:34 Uhr, 16.02.2017

Wird Trump jetzt präsidial?

In den letzten Tagen wurde der Ton aus Washington gegenüber wichtigen internationalen Handelspartnern weicher. Mit Japan wurde geradezu ein Schmusekurs eingeleitet. Kann man nun Entwarnung geben, insbesondere für China?

Präsident Trump und Premierminister Abe scheinen sich gut zu verstehen. Für Japan ist das eine Erleichterung. Es ist nicht zu befürchten, dass die USA in einen verbalen oder auch faktischen Handelskrieg mit Japan einsteigen. Auch der Ton gegenüber China hat sich etwas entschärft. Nachdem Trump die Ein-China-Politik indirekt in Frage stellte, indem er mit der taiwanesischen Premierministerin telefonierte, beteuerte er jetzt gegenüber China, dass die Politik Bestand hat.

An allen Orten entschärft sich der Ton, von Ausnahmen wie Iran abgesehen. Nun fehlen nur noch ein paar wohlwollende Worte gegenüber Mexiko und das Thema dürfte so gut wie abgehakt sein. Für viele ist das eine große Erleichterung, doch man sollte den Tag nicht vor dem Abend loben. Das gilt insbesondere für China, die gerade jetzt auf den Handel angewiesen sind.

China kämpft mit einer der schwersten Krisen seit vielen Jahren. Bei deutlich positiven Wachstumsraten mag das merkwürdig erscheinen, doch kontinuierliche Kapitalflucht, die Abwertung der Währung und überschuldete Unternehmen lasten auf der Stabilität. Zuletzt fielen die Währungsreserven unter die wichtige Marke von 3 Billionen Dollar. Immerhin konnten sich die Kapitalabflüsse zuletzt etwas reduzieren (Grafik 1).

China scheint ohnehin gerade das Unmögliche zu gelingen. Trotz äußerst widriger Umstände gelingt dem Handel ein kleiner Rebound. Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Exporte, die seit 2014 rückläufig waren. In Originalwährung (in Yuan) stabilisiert sich die Lage schon seit einigen Monaten. Nun gelingt auch seit langem wieder ein kleiner Rebound in Dollar gerechnet.

Noch eindrücklicher ist der Rebound bei den Importen. In Yuan gerechnet bildet zeigt sich seit einigen Monaten wieder ein Aufwärtstrend. In Dollar gerechnet beginnt der Turnaround gerade. Der Trend sieht dabei nicht wie eine Eintagsfliege aus. Der Trend könnte durchaus nachhaltig sein.

Für China ist das wie ein Befreiungsschlag. Im vergangenen Jahr hielt sich die Wirtschaft vor allem wegen eines Konjunkturprogramms über Wasser. Getrieben wurde das Wachstum von staatlichen Investitionen und einen erneuten Run auf dem Immobilienmarkt. Beides ist nun am Ende und kann die Wirtschaft nicht mehr unterstützen.

Die Verschuldung ist 2016 auf ein neues Rekordniveau gestiegen. Diesen Preis musste China in Kauf nehmen, um das Wachstum stabil auf hohem Niveau zu halten. Ewig lässt sich die Wirtschaft nicht durch diese altbewährten Mittel stützen. Da kommt eine Belebung des Handels gerade recht.

Die Belebung des Handels hilft in vielerlei Hinsicht. Einerseits helfen steigende Exporte den chinesischen Unternehmen, die unter Überkapazitäten und hoher Verschuldung leiden. Andererseits steigen die Einnahmen aus Exporten in Originalwährung schon bei einer kleinen Belebung überproportional, da die Währung in den letzten zwei Jahren deutlich abwertete.

Ist das nun die große Entwarnung, auf die alle gewartet haben? Sind China und der Welthandel damit über den Berg?

Wohl kaum. Die fundamentalen Probleme Chinas (hohe Verschuldung) bleiben bestehen. Die steigenden Importe haben wenig mit steigenden Volumina zu tun. Der höhere Warenwert spiegelt vor allem gestiegene Rohstoffpreise wider. Das gleiche gilt auch für den Export. Die Preise steigen einfach wieder und nicht so sehr das Volumen.

Natürlich hilft auch das, doch ohne diese Sondereffekte hat sich fundamental wenig geändert. Zudem strafft China vorsichtig die Geldpolitik, um den Yuan zu stützen. Das dürfte ein wichtiges Entgegenkommen gegenüber den USA sein. Straffere Geldpolitik hilft den hoch verschuldeten Unternehmen natürlich wenig.

Auch der sanftere Ton aus Washington ist kein Grund für Entwarnung. Die Meinung kann sich einerseits wieder komplett ändern, andererseits wurde keine der möglichen Maßnahmen (z.B. Zölle) effektiv abgesagt. Politiker wollen den Handel durch Eingriffe beeinflussen. Es wird einen Eingriff geben. Derzeit wissen die Politiker aber selbst noch nicht, was genau das sein wird.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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