Kommentar
12:02 Uhr, 16.03.2022

Wird auch die letzte Notenbank schwach und erhöht die Zinsen?

Selbst die EZB, die eine unglaublichen Bandbreite von unterschiedlichen Volkswirtschaften unter einen Hut bringen muss, hat sich zur Zinswende durchgerungen. Fällt nun auch Japan als letzte Nullzinsbastion?

Lange hat es gedauert, doch nun kommt die Inflation auch in Asien an. Bisher waren die Inflationsraten in vielen asiatischen Ländern geradezu unheimlich tief. Für einige Länder gilt das immer noch. Zu diesen Ländern gehört China. Die Inflationsrate liegt gerade einmal bei einem Prozent.

Das lässt sich zum einen durch den Währungstrend erklären. Der Yuan wertet kontinuierlich auf. Zum anderen verflogen viele Länder eine Art Null-Covid-Strategie. Die Wirtschaft hat weniger Schwung. Auch fehlten die überdimensionierten Konjunkturprogramme wie etwa den USA.

Asien kann man nicht einheitlich betrachten. In Singapur stieg die Inflation zuletzt auf 4 %. Das ist der höchste Wert seit 10 Jahren und auch einer der höchsten in den letzten vier Jahrzehnten. In Südkorea zeigt sich ein ähnliches Bild. Hier ist die Marke von 4 % in greifbarer Nähe. In Thailand strebt die Inflationsrate sogar Richtung 6 %.

In Hong Kong, Vietnam, Indonesien oder den Philippinen tut sich hingegen wenig. Das ist auch in Japan vordergründig der Fall. Die Konsumentenpreise stiegen zuletzt um 0,5 % gegenüber dem Vorjahr. Das ist eine immer noch sehr niedrige Rate. Hinter den Kulissen tut sich aber etwas. Die Produzentenpreise waren zuletzt im Jahr 1981 so hoch wie jetzt (Grafik 1).

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Normalerweise sollten die Konsumentenpreise die Entwicklung mit Verzögerung und nicht in vollem Umfang nachbilden. Bisher ist das noch nicht erkennbar. Unternehmen scheuen sich, die Preise zu erhöhen. Japanische Konsumenten reagieren sehr empfindlich auf Preissteigerungen.

Obwohl die Preise bisher kaum gestiegen sind, haben Konsumenten den Eindruck, dass die Inflation davonläuft. Im Mittel erwarten Konsumenten im kommenden Jahr eine Inflationsrate von 5 % und in fünf Jahren von 3 % (Grafik 2). Die Inflationserwartungen der Haushalte sind vollkommen losgelöst von der Realität.

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Tatsächlich schätzen Konsumenten die Inflation deutlich höher ein als sie ist. Auf die Frage, wie hoch die Inflation im vergangenen Jahr war, antworten Haushalte derzeit mit 5 % (Grafik 3). Tatsächlich erreichte die Inflationsrate zum Jahreswechsel ein Hoch bei 0,8 %. Zwar kennt man das Phänomen der Überschätzung der Teuerung, doch in Japan ist es exzessiv.

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80 % der befragten Haushalte gehen inzwischen davon aus, dass die Inflationsrate im kommenden Jahr mindestens 2 % betragen wird. Das ist ein mehrjähriges Hoch auch in dieser Erwartungskomponente. Wenn es um Inflationserwartungen geht, hat die japanische Notenbank ihr Ziel längst erreicht. Nur fehlt die tatsächliche Inflation.

Solange die Wirtschaft nicht wie in den USA oder Europa geöffnet wird, wird die Inflationsrate trotz Rohstoffpreisanstiegs moderat bleiben. Anleger wittern dennoch eine Zeitenwende. Die Rendite für 10-jährige Anleihen testet immer wieder das obere Band der erlaubten Rendite (Grafik 4). Wird dieses erreicht, kauft die Bank of Japan Anleihen.

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Trotz Zinskontrolle erreichte die Rendite den höchsten Stand seit 2015. 40-jährige Anleihen, die nicht von der Notenbank kontrolliert werden, zeigen einen klaren Aufwärtstrend. Das macht nur Sinn, wenn Anleger auch in Japan höhere Inflation erwarten.

Bisher hält die Notenbank an ihrer Politik fest. Sie macht nicht die geringsten Anstalten einer Zinswende. Am 17. März fällt der nächste Zinsentscheid. Er wird aller Voraussicht nach unspektakulär. Wenn etwas zu erwarten ist, dann die Bestätigung, dass Japan vorerst die letzte Nullzinsbastion bleiben wird.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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