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13:36 Uhr, 29.04.2015

Wirbelstürme in der Weltkonjunktur

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  • Das erste Quartal hat die Konjunkturperspektiven für die Weltwirtschaft durcheinander gewirbelt.
  • Die USA stehen in diesem Jahr plötzlich schlechter da, die Europäer besser.
  • Das hat Konsequenzen für die Märkte. Die Zinsen steigen später. Der Dollar wird sich nicht so stark aufwerten. Die Aktienmärkte werden sich unterschiedlich entwickeln.

Manchmal platzen Träume schneller als man denkt. An­fang des Jahres sahen die Konjunkturperspektiven für die Industrieländer noch so schön aus. Die Spätfolgen der Finanzkrise sind zu Ende, so dachten wir. Die USA befinden sich in einem ausgeprägten Boom. Sie ziehen andere mit nach oben. Europa kommt aus dem Keller der Rezession und fängt wieder langsam an zu wach­sen.

Es kam jedoch ganz anders. Das erste Quartal hat alles durcheinandergewirbelt. Die USA wurden herunterge­stuft. Die Europäer stehen besser da. Für die Welt sieht es nicht mehr so rosig aus. Das ändert auch die Pers­pektiven für die Märkte.

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Schauen wir uns das etwas genauer an. In den USA ist die Konjunktur im ersten Quartal regelrecht eingebro­chen. Es ist das gleiche passiert wie schon vor einem Jahr. Die meisten führen das wie im Vorjahr auf Son­der­faktoren zurück. Der Winter war besonders kalt. Ha­fen­arbeiter streikten. Das reicht als Erklärung aber nicht aus. Der Verlauf des ISM-Geschäftsklimaindikators (sie­he Grafik) zeigt, dass die Wachstumsschwäche schon länger angelegt ist. Sie hängt mit einer Reihe un­ter­schiedlicher Effekte zusammen.

Da ist zum einen die Unsicherheit, wann und wie stark die amerikanischen Zinsen steigen werden. Hinzu kommt der starke Dollar, der den Unternehmen mehr zu schaffen macht als vermutet. Der Ölpreis ist seit dem Tiefpunkt wieder deutlich gestiegen. Das kann auch eine so dynamische und in manchen Bereichen modernisier­te Wirtschaft wie die der USA nicht so einfach wegste­cken.

Das zweite Quartal wird zwar wegen einiger Aufhol­effek­te aus den ersten drei Monaten besser ausfallen. Für das Gesamtjahr muss das Wachstum aber von den ur­sprünglichen 3,6 % auf 2,5 % herunterrevidiert werden. Für 2016 ist nicht viel mehr zu erwarten. Für die USA ist das enttäuschend. Der Welt fehlt die Lokomotive.

In Deutschland passierte im ersten Quartal fast das ge­naue Gegenteil. Es hatte im Winterhalbjahr ein konjunk­turelles Hoch mit ungewöhnlich hohen Wachstumsraten. Es lag deutlich vor den USA. Das kommt selten vor.

Die Perspektiven für Deutschland sind angesichts der niedrigen Zinsen und dem schwachen Euro eigentlich nicht schlecht. Trotzdem wird es nicht so weitergehen. Die Kapazitäten sind fast voll ausgelastet. Angesichts des verbreiteten Fachkräftemangels können sie kaum ausgeweitet werden. Da sind reale Wachstumsraten von über 1,5 % nicht machbar. Ich rechne daher damit, dass sich die Konjunktur in den kommenden Monaten ver­langsamen wird. Für das Gesamtjahr kann sich aufgrund des statistischen Überhangs noch ein Plus von 2 % oder sogar mehr ergeben. 2016 wird sich das aber in Rich­tung auf 1,5 % zurückbilden.

Im Euroraum insgesamt geht es derzeit noch nicht ganz so dynamisch voran. Das erste Quartal war aber eben­falls nicht schlecht. Hier kommen zu den für Deutsch­land genannten positiven Effekten noch hinzu, dass sich die Reformanstrengungen der letzten Jahre auszuzah­len beginnen. In Spanien ist das schon deutlich sichtbar. Hier nimmt jetzt auch die Beschäftigung zu. In Italien zeigen sich erste Indizien, dass sich die Stimmung nach der Reform der Arbeitsmarktregulierung bessert. Frankreich ist noch nicht ganz so weit. Aber hier spricht die ökonomische Logik dafür, dass sich Reformmaßnah­men wie das "Loi Macron" früher oder später positiv auf das Wachstum auswirken werden.

Kapazitätsgrenzen wie in Deutschland gibt es für den Euroraum nicht. Daher kann das Wachstumstempo hier auch 2016 noch durchgehalten werden. Vielleicht kann es sich auch noch beschleunigen. Ich rechne für 2015 mit einem Wachstum von 1,5 %, 2016 mit knapp 2 %. Das Wachstumszentrum verlagert sich von Nord nach Süd. Die Peripherieländer fangen an, das Zentrum zu überholen. Davon profitiert auch Österreich, das 2016 um 1,5 % wachsen könnte. Euroland wird insgesamt erstmals seit langem schneller als Deutschland wach­sen.

Schade, dass Griechenland bei diesem Aufschwung nicht dabei ist. Es bleibt ein Unsicherheitsfaktor für die Prognose. Hoffentlich bringen die weiteren Wahlen im Euroraum nicht einen ähnlichen politischen Rückschritt. Andererseits: So kontraproduktiv die Ereignisse in Athen auch sind, ein Positives haben sie. In Sachen Reformpo­litik waren sich die Mitglieder der Währungsunion noch nie so einig wie jetzt.

Für den Anleger hat das neue Konjunkturbild drei Kon­sequenzen. Erstens wird die amerikanische Notenbank ihre Entscheidung für eine erste Zinserhöhung bei einem solchen Konjunkturszenario verschieben. Im Juni ste-hen die Märkte noch zu sehr unter dem Eindruck der schlechten Konjunkturzahlen vom ersten Quartal. Das hilft den Rentenmärkten.

Zweitens verliert die Dollaraufwertung an Kraft. Sollten die Märkte trotzdem weiter auf einen festen Dollar set­zen, ist zu vermuten, dass die Politik, auch die Noten­bank, Gegenmaßnahmen überlegt. Im beginnenden Präsidentschaftswahlkampf müssen die Parteien alles tun, um Wirtschaft und Arbeitnehmer bei der Stange zu halten.

Drittens wird sich der amerikanische Aktienmarkt zwar im zweiten Quartal erholen (weil die Gewinne wieder besser laufen). Auf Dauer sind die Aussichten vor allem für die Peripherieländer Europas aber nach wie vor fun­damental besser abgesichert.

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.

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