Höhenflug des DAX
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Erwähnte Instrumente
- Obwohl die Fundamentaldaten schlecht waren, haben sich die deutschen Aktien in diesem Jahr so gut wie schon lange nicht mehr entwickelt.
- Sechs Gründe, wie es zu dieser Diskrepanz kommen konnte.
- Die seit zehn Jahren anhaltende Aufwärtsbewegung ist volatiler geworden, aber nach wie vor ungebrochen. 2020 wird jedoch schwieriger.
Versetzen Sie sich einmal zurück zum Beginn des Jahres. Hätten Sie damals Aktien gekauft, wenn Sie gewusst hätten, was 2019 alles passieren würde? Ich sicher nicht. Dabei hat sich der deutsche Aktienindex so gut wie schon lange nicht mehr entwickelt. Er stieg im bisherigen Jahresverlauf um 15 %. Das war mehr als im Goldilocks-Jahr 2017. Selbst wenn er im Rest des Jahres nicht mehr weiter nach oben geht, wird es das beste Aktienjahr seit 2013. Der amerikanische S&P war nicht besser, der japanische Nikkei war wesentlich schlechter.
Und das alles in einem Umfeld, das kaum hätte schlechter sein können. Die Konjunktur hat sich abgeschwächt. Eine Rezession ist nicht mehr auszuschließen. Die Zahl der Krisenherde in der Welt war noch selten so groß. Der globale wirtschaftspolitische Unsicherheitsindex, der seit über 20 Jahren erhoben wird, hat einen absoluten Höchststand erreicht.
Aufwärtstrend ungebrochen
DAX seit Anfang 2009
Quelle: Bundesbank
Wie passt das mit steigenden Aktienkursen zusammen? Hier sechs Gründe, die das erklären. Sie deuten allerdings auch darauf hin, dass nicht alles so bleiben wird wie bisher.
Der erste Grund war die monetäre Erleichterung, die es in diesem Jahr gab. Die Phase der "Normalisierung der Geldpolitik" war vorbei. Die Zentralbanken begannen wieder zu lockern. Die amerikanische Fed hat ihre Leitzinsen bereits einmal gesenkt. Weitere Schritte stehen bevor. Die Europäische Zentralbank hat ein umfangreiches Expansionspaket angekündigt. In dieser Woche wird sie vermutlich den Einlagenzins herunternehmen. Das macht Aktien natürlich attraktiver.
»Es sieht so aus, als bewahrheite sich der alte Spruch, dass politische Börsen kurze Beine haben.«
Der zweite Grund war die Hoffnung, dass der Tiefpunkt der konjunkturellen Entwicklung im Laufe des Jahres erreicht werden würde. Die Endphase eines Zyklus ist für die Aktienmärkte erfahrungsgemäß stets die Beste. Es kann nicht mehr schlechter werden, sondern nur noch besser. Die Gewinne der Unternehmen sind zwar im Keller; sie werden aber wieder steigen. Hier sind im Laufe des Jahres freilich nicht alle Blütenträume in Erfüllung gegangen. Der Tiefpunkt der Konjunktur wurde noch nicht erreicht. Das erklärt die zeitweise größeren Schwankungen der Kurse im Sommer.
Der dritte Grund für den Anstieg des DAX ist der außerordentliche Rückgang der Renditen am Bondmarkt. Sie sind so stark gesunken, dass ein Ungleichgewicht zu den Aktien entstanden ist. Jetzt müsste auch der Letzte erkannt haben, dass Dividendenpapiere trotz des erreichten hohen Kurs-/Gewinnverhältnisses immer noch attraktiv bewertet sind.
Viertens ist die Konjunktur nicht so schlecht, wie sie von manchen Analysten gemacht wird. Die USA sind noch weit, weit weg von einer Rezession. Für den Euroraum rechnet der IWF mit einer Zunahme des realen BIPs von respektablen 1,3 %. Vor allem Frankreich hält sich wegen der Macron'schen Reformen gut. Es sind nur Italien und Deutschland, die wirklich Probleme haben.
Fünftens, in der deutschen Wirtschaft tut sich mehr, als aus den Makrozahlen erkennbar ist. Eine Reihe von Unternehmen haben erhebliche Anpassungsmaßnahmen begonnen. Die Deutsche Bank hat ein weitreichendes Restrukturierungsprogramm in Gang gesetzt. BMW hat den Vorstandschef ausgetauscht. Bayer ergreift Maßnahmen gegen das Debakel mit Glyphosat. Thyssen will seine Aufzugssparte verkaufen. Nicht alles wird gelingen. Aber – anders als in der Politik – es bewegt sich etwas. Das ist wichtig für die Aktienmärkte.
Schließlich spielte bei der guten Performance des DAX auch Glück eine Rolle. Just zum Ende des vorigen Jahres lief eine dramatische Abwärtsentwicklung aus. Sie hatte den DAX binnen sechs Monaten um 3.000 Punkte heruntergeprügelt. Von einem so tiefen Niveau war es nicht so schwer, eine Rallye zu starten. Dies umso mehr, als die Umsätze zum Jahreswechsel saisonbedingt immer vergleichsweise niedrig sind. Ein kleiner Impuls reichte, um eine große Wirkung zu erzielen.
In jedem Fall ist festzuhalten, dass der Aufwärtstrend des DAX seit dem Tiefpunkt im März 2009 ungebrochen ist (siehe Grafik). Protektionismus und populistische Tendenzen in vielen Ländern haben ihn nicht brechen können. Das hat mich überrascht. Es sieht so aus, als bewahrheite sich der alte Spruch, dass politische Börsen kurze Beine haben. Das ist eine gute Ausgangsbasis für die kommende Entwicklung.
Wenn man sich die Gründe für den Anstieg der Kurse in diesem Jahr anschaut, dann wird es allerdings schwer, die Performance von diesem Jahr noch einmal zu wiederholen. Was sicher hilft, ist die Geldpolitik. Sie wird auch weiterhin locker bleiben. Vermutlich werden auch fiskalische Impulse hinzukommen. Wo es schwieriger wird, ist bei der Konjunktur. Viel spricht dafür, dass 2020 in Europa der Tiefpunkt erreicht wird. Dann entfällt manches von der Fantasie, die die Kurse dieses Jahres getrieben hat. Umgekehrt in den USA. Dort kann niemand ausschließen, dass es 2020 zu einer Rezession kommt. Ob Trump mit Steuersenkungen gegensteuern wird und wie Wall Street darauf reagiert, ist offen. Ein Unsicherheitsfaktor sind schließlich die Bondzinsen. Sie werden sich nach dem starken Rutsch nach unten nicht noch einmal in diesem Ausmaß verringern.
Für den Anleger
2019 wird trotz schlechter Konjunktur und erheblicher Belastungen von der Politik aller Voraussicht nach ein gutes bis sehr gutes Aktienjahr. Natürlich soll man den Tag nicht vor dem Abend loben. Es gibt genügend Beispiele, dass die Märkte in den letzten Monaten des Jahres noch eingebrochen sind. 2020 wird es mit der Aufwärtsentwicklung aber vermutlich nicht so reibungslos weitergehen.
Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen:martin.huefner@assenagon.com.
Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.
der Frankfurter Oberbürgermeister hat Redeverbot auf der IAA, soweit sind wir schon.
willkommen in der Diktatur, da kann man nur noch kotzen
mhm. Börse eben. Und keine Angst, Hr. Hübner: Aktien können auch 3 oder 4Jahre hindurch steigen. Also auch im Jahr 2020 !! Die deutschen Standardwerte sind recht preiswert, alleine ein Blick auf die Dividendenrendite gibt hier OBJEKTIV ein gutes Bild. Also: Investor bleiben und keine Angst vor 2020 - man investiert sowieso eher für 5 bis 8 Jahre (mind.) als nur für 1 , oder 2 Jahre. Das weiß jedes Kind ;-)
die Erklärung ist zu einfach, das sieht jeder
entscheidend für mich ist, dass wir seit 10 jahren geldpolitische Maßnahmen sehen, die zwar finanzmärkte temporär stabilisieren, aber nicht die Gesellschaften, da passiert genau das Gegenteil
das aufpumpen von vermögensblasen beschert uns tiefe gesellschaftliche Spaltungen, daher wird sich das alles als wertlos herausstellen. Politik und Gesellschaft sind nicht imstande, der Gesellschaft ein belastbares wertegerüst bereitzustellen. materieller Wohlstand ist das einzige, was einfällt...wie armselig
Danke Herr Hüfner! Immer wieder lesenswert.
Eine schöne Analyse des Marktes. Leider sind die von Ihnen erwähnten Gründe nur eine Darstellung der sich womöglich abgespielten Entwicklungen. Der hauptsächliche Grund der Marktentwicklung ist meines Erachtens nach ganz anderes Und zwar. niemand ist für die Geldmengenerweiterung verantwortlich, die Zombieunternehmen können sich weiter verschulden, letztendlich betrifft es auch die ganze Staaten. Es wundert mich, dass Sie über günstige oder noch nicht zu teuere Dividendenpapiere schreiben, obwohl die Kurse vieler dieser Titel gerade wegen dieser Überteuerung am Aktienmarkt und sich abzeichnenden Konjunkturschwäche gefallen sind ! Die Zukunft bedeutet erstmal keine Erfolge aus den Umstrukturierungen, denn diese sind zu spät erfolgt und sind noch lange nicht abgeschlossen. Weiterhin muss erwähnt werden, dass die Kurse zwar steigen können, diese jedoch aufgrund der enormen Geldmenge. die aus dem Nichts enstanden ist und entsteht, beigesteuert sind, also unter keinem Fall wiederspiegeln sie die Gewinne der Unternehmen. Sie müssen sich doch nur eine Frage stellen; die Schulden sind seit ca. 10 Jahren um ca. 40-50 % gestiegen und die Produktivität kaum gestiegen! Die Lage der Unternehmenhat sich verschlächtert, die sogenannten "geretteten" Unternehmen sind weiter bankrott. Warum erwähnen Sie diese Tatsachen nicht sondern beschreiben Sie in 6 Punkten Dinge die nicht der Grund für steigende Märkte sein können.