Kommentar
07:47 Uhr, 11.01.2018

Wir haben 30 gute Jahre vor uns!

Trotz Wirtschaftswachstums und niedriger Arbeitslosigkeit ist die Unzufriedenheit in vielen Ländern groß. In Staaten, die die Krise nicht so gut gemeistert haben, kann man gar von einer verlorenen Generation sprechen.

So trüb die letzten Jahre für viele waren, so wundervoll kann es die nächste Generation haben. Nach Rezession, Stagnation und fallender Realeinkommen ist nun Licht am Horizont. Möglich macht das der technologische Fortschritt. Dieser hievt seit Jahrhunderten den Lebensstandard auf immer neue Höhen.

In den letzten 250 Jahren gab es fünf Innovationszyklen. Alles begann mit der Dampfmaschine (siehe Grafik). Die Produktivität nahm vor der Erfindung und der Verbreitung der Dampfmaschine viele Jahre lang ab. Es dauerte auch nach der Einführung der Innovation relativ lange, bis die positiven Effekte sichtbar wurden.

Der Dampfmaschine folgte die Eisenbahn, der Strom, die Chemie, das Auto und die IT. Seit etwa 10 Jahren befindet sich die Welt nun aber in einer Produktivitätskrise. In Großbritannien war der Rückgang so persistent wie seit Jahrhunderten nicht mehr.

Andere Länder hat es nicht ganz so schlimm erwischt, doch die Geschichte von sehr niedrigem Produktivitätswachstum kennen wir alle. Vielen ist das ein unlösbares Rätsel. Sie befürchten einen Paradigmenwechsel und eine Welt, in der Wachstum für immer Mangelware bleiben wird.

Andere sind nicht ganz so pessimistisch und erklären sich das langsame Produktivitätswachstum durch fehlerhafte Messmethoden. Wie misst man auch den Nutzen eines kostenfreien Service, den man über eine Smartphone App verwendet?
Die Probleme der Messung haben sicherlich Substanz, doch sie tragen nur einen kleinen Teil bei. Viel wichtiger ist ein ganz anderer Faktor. Ein Paper (Artificial Intelligence and the Modern Productivity Paradox) geht der Sache nach. Demnach ist es unwahrscheinlich, dass die Produktivität einfach nur falsch gemessen wird, es kaum noch Fortschritt gibt oder ein Großteil der Wirtschaft einfach nichts vom Fortschritt hat.

Die wahrscheinlichste Erklärung ist auch die banalste: es braucht Zeit, bis die Innovation in der Wirtschaft ankommt. Blickt man 250 Jahre zurück, erscheint das durchaus realistisch. Bis die Dampfmaschine die Produktivität merklich anschob, vergingen Jahrzehnte. Die Erfindung allein reicht nicht. Sie muss weit verbreitet werden. Das wiederum braucht Zeit und kostet auch zunächst einmal viel Geld.

Bevor die Welt von schnellerem Transport durch die Eisenbahn profitierte, musste Jahrelang ein Schienennetz aufgebaut werden. Bis es so groß war, dass ein ganzes Land bzw. die Welt davon profitierten, vergingen nicht nur ein paar wenige Jahre, sondern relativ viele.

Von der Innovation zum realen Effekt ist es ein weiter Weg. Am Anfang einer Innovation stehen hohe Implementierungskosten. Nicht jeder glaubt an die Vorteile bzw. sind die Kosten einfach zu hoch. Es kann 10 oder 20 Jahre dauern, bis sich eine Innovation durchsetzt. Das Internet ist ein gutes Beispiel. Erst in den letzten Jahren haben sich all die Vorteile gezeigt, die man Mitte der 90er Jahre erwartete und das Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Ähnlich ist es bei der Automatisierung, Robotik und künstlicher Intelligenz. Wir stehen erst am Anfang des Zyklus und es wird wohl bis in die 20er Jahre dauern bis wir einen Produktivitätsschub aus diesem Innovationszyklus sehen. Wir mussten ungewöhnlich lange darauf warten (20 Jahre lang). Dafür genießt die Generation, die von diesem Zyklus am meisten profitiert, wohl goldene Jahre und einen deutlich steigenden Lebensstandard.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • godfather
    godfather

    Für meinen Geschmack eine sehr gewagte und naive These aber in 30 Jahren sind wir schlauer...

    18:21 Uhr, 11.01.2018
  • Glattsteller
    Glattsteller

    Herr Schmale die steigende Produktivität wird doch nicht angestrebt, damit sich die Menschen ausruhen können und ihre gewonnene Freizeit genießen können, nein die gewonnene Freizeit wäre bloß die Folge daraus, aber nicht das Ziel. Ziel ist die Gewinnmaximierung und die Fähigkeit, Anteileigner zu bedienen. Sinn würde es nur ergeben, wenn die überschüssigen ex AN an der steigenden Produktivität partizipieren könnten, auch ohne Arbeitsleistung. Aber das würde ja das gesamte Modell konterkarieren. Dann könnte man die Leute ja auch einfach weiter beschäftigen. Somit gehe ich nicht zwingend davon aus, dass die Jahre immer goldiger werden. Der Wohlstand ist eben begrenzt und wird sich auf immer mehr Menschen verteilen. Aber für den Einzelnen wird es denke ich nicht unbedingt besser werden.

    13:42 Uhr, 11.01.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Powerseller61
    Powerseller61

    Ein recht sinnloser Beitrag finde ich.

    10:00 Uhr, 11.01.2018
  • 8X57IS
    8X57IS

    keine Grafik

    09:59 Uhr, 11.01.2018
  • CallPut
    CallPut

    Das Wirtschaftliche ist die eine Seite. Dem gegenüber stehen aber so große Themen wie Überbevölkerung, Klima, und all die anderen Probleme die einem deutlich steigenden Lebensstandard massiv entgegenwirken werden....

    08:03 Uhr, 11.01.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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