Wir brauchen eine Wende in der Nahrungsmittelindustrie
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Tatsächlich sind nicht in allen Bereichen steigende Preise festzustellen. Nach Angaben des US-Bundesamtes für Statistik betragen zum Beispiel die Kosten für einen Fernseher, bereinigt um Qualitätsverbesserungen, nur etwa ein Prozent des Preises von 1982. Laut derselben Quelle ist der Preis für Fernsehgeräte gemäß dem Verbraucherpreisindex im Vergleich zum Vorjahr um 16,5 Prozent gesunken. Das passt wenig zur aktuellen Inflationsstory. Abgesehen von lebensnotwendigen Gütern sind auch die Teuerungsraten für Sportartikel, Spielzeug und Vereinsbeiträge im Vergleich zu vor sechs Monaten niedriger. In der Welt der Technologie und Kommunikation verlangsamt sich die Inflationsdynamik ebenfalls. Die Inflationsrate für drahtlose Telefondienste war im vergangenen Jahr negativ, ebenso wie die Teuerungsrate für PCs und Peripheriegeräte - basierend auf dem US-Verbraucherpreisdaten. Trends mögen in anderen Regionen abweichen.
…aber in den Bereichen Nahrung und Energie schon
Aber wenn die Inflation in den USA nachlässt, ist das eine sehr gute Nachricht für die Zinsaussichten und die Stimmung der Anleger und Verbraucher. Die wirkliche Inflation betrifft jedoch eher die essenziellen Dinge – Energie und Lebensmittel. Im Oktober lag die Inflation bei Lebensmitteln immer noch bei zwölf Prozent, während die Energierechnungen der Haushalte um 17 Prozent und die Benzinpreise immer noch um 14 Prozent höher waren als ein Jahr zuvor. Auch das Wohnungswesen ist eine aktuelle Inflationsquelle, da die Mietkosten an die höheren Zinsen gebunden sind. Die gute Nachricht ist, dass einige dieser Inflationsraten ihren Höhepunkt erreicht zu haben scheinen und sich in den vergangenen Monaten abgeschwächt haben.
Damit nur einige Beispiele genannt, und es muss eingeräumt werden, dass die aggregierte Kerninflation, gewichtet nach dem Anteil der durchschnittlichen Haushaltsausgaben an Gütern und Dienstleistungen insgesamt, in den USA im Oktober immer noch bei 6,3 Prozent lag (6,5 Prozent in Großbritannien und fünf Prozent in Europa). Für die Notenbanken ist dies immer noch zu hoch und es bedarf weiterer Beweise dafür, dass die Inflation bei immer mehr Waren und Dienstleistungen nachlässt. Der Konsens geht für die Kerninflationsrate im November von einem weiteren Rückgang auf etwa sechs Prozent aus. Es wird langsam gehen und deshalb sind wir der Ansicht, dass die Zinsen 2023 hoch bleiben werden und es für die Zentralbanken einige Zeit lang nur begrenzten Spielraum gibt, um eine Lockerung zu signalisieren. Die Nachfrage nach lebensnotwendigen Gütern ist viel weniger elastisch als die nach langlebigen Haushaltsgütern und „Nice to have“-Dienstleistungen, so dass die hartnäckige Inflation bei Lebensmitteln, Energie und Mieten für die Verbraucher ein Belastungsfaktor bleibt. Sie muss erst zurückgehen, bevor wir bezüglich der allgemeinen Aussichten optimistischer sein können.
Wende im Nahrungsmittelbereich
Wie erwähnt, bleibt Energie entscheidend, denn höhere Energiepreise wirken sich direkt auf die Inflation aus -führen aber auch zu höheren Lebensmittelpreisen. Man braucht Energie, um landwirtschaftliche Betriebe zu betreiben, Futter und Düngemittel zu produzieren, Lebensmittel zu verarbeiten, sie zu verteilen und in Geschäften zu verkaufen. Die Landwirtschaft ist direkt für fast 20 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich und noch viel mehr, wenn man den Energieverbrauch in der Verarbeitung und der Lieferkette berücksichtigt. Es ist ein Sektor, der sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus Gründen des Klimawandels seine Energienutzung dringend diversifizieren muss. Und er ist eine Quelle von Risiken für die biologische Vielfalt, da einige Anbaumethoden zur Entwaldung, Bodenerosion und Verschlechterung der Wasserressourcen beitragen. Diese Probleme sind zwar bekannt, werden aber nicht in gleichem Maße thematisiert wie die Klimakrise.
Nahrungsmittel bleiben Quelle der Inflation
Wenn wir in der Lage wären, die Kosten für diese Auswirkungen in ähnlicher Weise zu berechnen, wie es bei der direkten Kohlenstoffnutzung möglich ist, dann ist zu vermuten, dass die Lebensmittelpreise einem noch größeren Aufwärtsdruck ausgesetzt wären. Würde man den Lebensmittelfirmen den Verlust der biologischen Vielfalt, die Umweltverschmutzung und die negativen gesundheitlichen Folgen in Rechnung stellen, entstünden ihnen enorme Kosten, die – zum Teil – an die Verbraucher weitergegeben würden. Der Sektor braucht günstigere und sauberere Energie, aber auch Investitionen in Technologien und Anbaumethoden, die den intensiven Druck auf empfindliche Ökosysteme und Gemeinschaften verringern, also die externen Kosten senken. Es ist klar, was bei der Energiewende getan werden muss, und trotz der zu langsamen politischen Unterstützung für den Wandel sehen wir eine starke Dynamik bezüglich der Energiewende im Unternehmens- und Investmentsektor. Bei Lebensmitteln ist es nicht das Gleiche, auch wenn sich in Bezug auf nachhaltige Landnutzung, pflanzliche Proteine, laborgestützte Anbautechniken viel tut. Bei Energie ist die Wertschöpfungskette von der Ölplattform im Nahen Osten bis zum Benzin, mit dem man das Auto betankt, offensichtlicher. Dagegen ist es nicht so einfach, die Auswirkungen der Lieferkette, von der Rodung von Teilen des Amazonas für die Viehzucht bis zum Burger, den man isst, zu verstehen. Und natürlich sind Klimawandel und Ernährungssicherheit untrennbar miteinander verbunden.
Energie und Lebensmittel sind die wahren Ursachen der aktuellen Inflation, und wenn wir das globale Wirtschaftssystem allmählich so weiterentwickeln, dass die Kosten für die Gesundheit des Planeten und seiner Bewohner aufgrund nicht nachhaltiger Praktiken internalisiert werden, werden sie auch weiterhin eine potenzielle Inflationsquelle darstellen. Die Regierungen müssen dies deutlicher anerkennen und ihre Bemühungen verstärken, um mehr Investitionen in nachhaltige und letztlich billigere Produktionstechnologien in den Bereichen Energie und Nahrungsmittel zu fördern. Es gibt kein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ohne einen nachhaltigen Planeten und gesunde, gut ernährte Menschen.
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