Kommentar
14:25 Uhr, 20.01.2020

Will die US-Notenbank jetzt Hedgefonds retten?

Schon die Rettung der Banken mit Steuergeldern während der Finanzkrise war umstritten. In den USA könnte nun ein weiteres Tabu gebrochen werden: Die US-Notenbank denkt darüber nach, frisch gedrucktes Geld direkt an Hedgefonds zu verleihen.

Zum Wesen einer Marktwirtschaft gehört eigentlich, dass derjenige, der sich verspekuliert hat, auch den Verlust tragen muss. Während der Finanzkrise von 2008 wurde dieser Grundsatz schon ausgehebelt: Die Verluste der Banken waren nicht länger die Verluste der Banken, sondern wurden sozialisiert. Der kleine Steuerzahler und die kleine Steuerzahlerin mussten auf einmal dafür geradestehen, dass sich die Banken über Jahre hinweg verspekuliert hatten.

Einen weiteren Tabubruch könnte es jetzt in den USA geben. Dort denkt die US-Notenbank derzeit darüber nach, aus dem Nichts erzeugtes Geld direkt an professionelle Spekulanten zu verleihen, an Hedgefonds. Wie das Wall Street Journal in der vergangenen Woche berichtete, könnte die Fed versuchen, auf diese Weise die Probleme auf dem sogenannten Repo-Markt weiter einzudämmen. Auf dem Repo-Markt versorgen sich vor allem kleinere Banken, Wertpapierhändler und Hedgefonds mit kurzfristiger Liquidität.

Hedgefonds sind Anlagevehikel, die durch das Eingehen hoher Risiken überdurchschnittliche Renditen erzielen wollen. Sie spekulieren dazu nicht nur mit dem Geld ihrer Anleger, sondern können sich zusätzlich noch Fremdkapital leihen, wodurch ein Hebeleffekt entsteht: Sowohl Gewinne als auch Verluste fallen größer aus. Anders als normale Investmentfonds können Hedgefonds außerdem auf fallende Kurse wetten, indem sie Aktien und andere Wertpapiere leerverkaufen. In vielen Ländern dürfen nur sehr vermögende Privatpersonen in Hedgefonds investieren.

Seit September hatte es auf dem Repo-Markt einen Liquiditätsengpass gegeben, den die US-Notenbank mit Repo-Geschäften im Volumen von mehreren hundert Milliarden Dollar sowie dem Kauf von kurzlaufenden US-Staatsanleihen bekämpft. Zwar gingen die kurzfristigen Finanzierungsengpässe dadurch zurück, doch die zugrundeliegenden Probleme wurden so bisher nicht beseitigt.

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Volumen der Repo-Geschäfte der Fed

Hintergrund der Probleme auf dem Repo-Markt ist Berichten zufolge auch, dass die vier großen US-Banken, die auf dem Repo-Markt bisher netto Geld verleihen, nicht mehr bereit sind, dem Rest des Finanzsektors ausreichend Liquidität zur Verfügung zu stellen. In diese Bresche könnte nun die Fed springen.

Über die Fixed Income Clearing Corp., ein staatliches Clearinghaus, könnte die Fed direkt als Gegenpartei kleineren Banken, Wertpapierhändlern und auch Hedgefonds kurzfristige Kredite zur Verfügung stellen, wie das "Wall Street Journal" schrieb. Bisher handelt es sich aber nur um Gedankenspiele.

Die Gelder würden zwar nur zusätzliche Liquidität bedeuten und für Verluste müssten die Hedgefonds weiter selbst geradestehen. Zudem sind die Kredite auf dem Repo-Markt besichert. Beobachter befürchten trotzdem, dass sich für die Fed längerfristig dennoch auch ein Glaubwürdigkeits- und Haftungsrisiko ergeben könnte, wenn sie direkt Hedgefonds mit Liquidität versorgt, die diese für ihre Spekulationen benötigen.

Auch bisher schon können sich Hedgefonds auf dem Repo-Markt mit Liquidität versorgen. Sie tun dies in der Regel aber über eine Geschäftsbank als Mittelsmann, die die Geschäfte der Hedgefonds garantiert. Dies wird auch als "Sponsored Repo" bezeichnet.

In der Vergangenheit hatte die Fed bereits Rettungspakete für Hedgefonds organisiert, etwa für Long-Term Capital Management (LTCM). Der Fonds, an dessen Strategie unter anderem die Nobelpreisträger Myron S. Scholes und Robert C. Merton mitwirkten, kollabierte 1998 und wurde anschließend gerettet. Das Geld für die von der Fed organisierte Rettung kam allerdings nicht von der US-Notenbank, sondern von verschiedenen Geschäftsbanken, die in LTCM investiert hatten.

In den vergangenen Jahren erzielten viele Hedgefonds eine vergleichsweise schlechte Performance und konnten das Versprechen einer überdurchschnittlichen Rendite nicht erfüllen. Zahlreiche Hedgefonds leiden deshalb auch unter Mittelabflüssen ihrer Anleger. Der weltgrößte Hedgefonds, Bridgewater Associates, konnte 2019 praktisch keinen Gewinn für seine Anleger erzielen. Im Vergleich dazu schaffte es der US-amerikanische Leitindex S&P 500 auf ein Plus von 31,5 Prozent im vergangenen Jahr. Wer also mit einem Indexzertifikat oder kostengünstigen ETF einfach in den gesamten US-Aktienmarkt investierte, konnte die Performance von Bridgewater Associates meilenweit übertreffen. Auch viele andere Hedgefonds dürften 2019 weit schlechter abgeschnitten haben als die weltweiten Aktienmärkte.


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  • Der Sezessionär
    Der Sezessionär

    Ist doch jetzt eh alles egal ! Jetzt kommt so wie so die Zombicalypse ....... 😜

    China hat erstmals zugegeben, dass die neuartige Lungenentzündung aus Wuhan von Menschen zu Menschen übertragen werden kann. Inzwischen ist ein viertes Opfer an der Infektion gestorben.

    Kurznachricht –07:41

    08:05 Uhr, 21.01.2020
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Das ist völlig unwichtig. Als Trader muss man mit jeder Börsensituation umgehen können, egal, weshalb die Börsen (lange) steigen oder fallen. Viele suchen nur Ausreden, warum alles irrational ist und eine Blase usw., weil die nicht dabei sind. Denn wären die dabei, würden nicht solche Aussagen kommen und die würden sich stattdessen über ihre Gewinne freuen. Angenommen der Nasdaq würde dieses Jahr noch auf 15000 steigen. Ich wüsste, dass es vollkommen verrückt ist, aber es wäre mir egal, da ich dabei bin und mich über die Kurse freuen würde. Aber es sind eben viele Privatanleger aktuell nicht dabei.

    02:25 Uhr, 21.01.2020
  • 1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Ist mir auch klar, dass die kurzsichtigen und gierigen Anleger ihr Geld aus Fonds wie Bridgewater abziehen um es in diese dummen Indexfonds zu stecken.

    Langfristig wird das gewaltig nach hinten losgehen. Ich fühl mich momentan in den Februar 2000 zurückversetzt, da waren die Anleger auch so ultraschlau und ständig wurde ihnen die Performance des letzten Jahres wie eine Möhre vor die Nase gehalten, hinter der sie hergetrabt sind.

    Ich blicke mal in die Zukunft: der all weather fund von Dalio wird den Markt direkt outperformen, viele ETF werden zwangsliquidiert und Millionen von Anlegern werden gigantische Summen an Geld verlieren.

    Dann rennen sie Dalio wieder die Bude ein.

    So blöd kann doch eigentlich niemand sein, dass er nicht merkt was los ist. Alle reich mit ETF? Wie soll das gehen? Sowas gab es nie, die Masse hat immer geblutet und viel Lehrgeld bezahlt, das wird sich auch nie ändern.

    Was würde ich für ne Meinung vom alten Kosto zum aktuellen Irrsinn geben, der hätte so richtig gewettert und dann hätten sie ihn in einer Talkshow wieder ausgelacht und ein Jahr später Haus und Hof verloren.

    Burry dumm, Dalio dumm, Buffett dumm (er hält ja seine 120 Mrd. zurück, so ein Trottel, sollte Indexfonds kaufen) - nur die Neueinsteiger, die sind schlau. Haben ja letztes Jahr 30 Prozent gemacht.

    Das gibt wohl wieder mal ein Blutbad

    16:59 Uhr, 20.01.2020
  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    Ol hätsch nen Fond :-)

    16:55 Uhr, 20.01.2020
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Ich verstehe nicht, warum man den Bridgewater-Fonds kaufen sollte, wenn man tatsächlich viel Erfahrung hat. Wenn nicht, kann ich das nachvollziehen.

    16:30 Uhr, 20.01.2020
    1 Antwort anzeigen
  • wolp
    wolp

    Der arme kleine Steuerzahler/in... Mensch,was der alles leisten muss. Sauerei. Revolution! Das ganze Geld für Griechenland ist auch weg... Merci

    15:47 Uhr, 20.01.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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