Kommentar
08:37 Uhr, 23.09.2019

Wieso steigt der Euro nicht?

Ganz einfach, denken sich jetzt wahrscheinlich viele. Immerhin hat die EZB die Zinsen gesenkt. So einfach ist die Sache aber nicht.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,10179 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,10179 $ (FOREX)

Der Euro hätte eigentlich schon längst steigen müssen – und zwar richtig. Gegenüber dem Dollar wären Kurse von 1,30 angebracht. Das ist zunächst nicht besonders intuitiv. Die Zinsen in der Eurozone gehören zu den niedrigsten der Welt. Das Bild ist natürlich je nach Land verschieden.

In Deutschland findet man so niedrige Zinsen wie sonst kaum irgendwo. Selbst in Japan sind die Zinsen im Vergleich hoch. In Italien hingegen ist der Marktzins, vor allem bei längeren Laufzeiten, noch vergleichsweise hoch. Doch auch hier liegt der 10-Jahressatz bereits bei deutlich weniger als 1 %.

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Die niedrigen Zinsen sind keine Neuheit. Auch die jüngste Zinssenkung um 10 Basispunkte wurde schon lange erwartet. Tatsächlich verändert sich die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa zugunsten des Euro. In den USA sind die Zinsen ebenfalls gesunken und zwar viel schneller als in der Eurozone.

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Zugegeben, der Euro hätte im Jahr 2018 auch tiefer fallen müssen als er es getan hat. Neben den Zinsen gibt es aber auch noch einen zweiten Faktor, der den Kurs aus fundamentaler Sicht bestimmt. Die Eurozone weist einen Leistungsbilanzüberschuss aus. Es werden mehr Güter und Dienstleistungen exportiert als importiert.

Da ein Überschuss besteht, ist die Nachfrage nach Euro groß. Es fließt über den Handel Geld in die Eurozone hinein. Die hohe Nachfrage nach Euro sorgt für Aufwertungsdruck. Nun kommt es aber darauf an, was mit diesen Überschüssen geschieht.

Ein Großteil wird wieder ins Ausland geschickt. Es werden Anleihen anderer Staaten und ausländischer Unternehmen gekauft oder auch Aktien. Da dieser Geldstrom aus der Eurozone heraus 2018 immer kleiner wurde, wertete der Euro nicht so stark ab wie es die Zinsen vermuten ließen.

Nun bewegen sich die Zinsen zugunsten des Euros und die Portfolioinvestitionen (das Geld, das wieder ins Ausland fließt), sind gering. Es gibt für den Euro überhaupt keinen Grund weiter abzuwerten. Trotzdem steht das Währungspaar immer noch bei 1,10 anstatt bei 1,20 oder sogar 1,30.

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Das lässt sich nur erklären, indem ausländische Investoren Geld aus der Eurozone abziehen und so für einen Abwertungsdruck sorgen. Die fundamentalen Gegebenheiten sprechen für einen steigenden Kurs. Der Anstieg hätte bereits zu Jahresanfang beginnen sollen. Das tat er nicht. Der Euro schleppt sich zäh seitwärts.

Aktuell ist noch nicht vorstellbar, dass ausländische Investoren zurückkommen. QE-Programme haben allerdings Angewohnheit für mehr Risikofreude zu sorgen. So kann es sein, dass Investoren die Eurozone wieder als attraktiver empfinden. Gerade wegen der Zinssenkung und QE könnte der Euro also aufwerten.

Nachdem ich schon seit geraumer Zeit von dieser Aufwertung ausgehe, sie aber noch nicht gekommen ist, wage ich es nicht, ein genaues Timing anzugeben. Entgegen der allgemein vorherrschenden Meinung wäre ich von einer Eurorallye aber nicht überrascht.

Lesen Sie auch: EUR/USD-Tagesausblick - Stillstand

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15 Kommentare

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  • Market Impact
    Market Impact

    Wieder jede Menge Träumer hier , der Euro und die ihn wollen machen aber nicht was Träumer sich wünschen :))

    13:41 Uhr, 28.09. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • kuek
    kuek

    ohne GAP-Closing (Macron) kein Anstieg. Der Anstieg seinerzeit bis 1.25 war auf reine Hoffnung und Symphatie gebaut, fundamental war da noch nix Neues. Wenn nun der Euro -aus welchen Gründen auch immer - auf 1.30 oder gemäss EW Gesichtspunkten (Thiedje) auf neue Allzeithochs rauf soll, kann ich mir das Offenlassen dieses charttechnische Damoklesschwertes schlecht vorstellen.

    Zu fantasieren hat es aber immer genug Raum....

    13:36 Uhr, 28.09. 2019
  • Siegfried75
    Siegfried75

    Es wundert mich, dass viele Analysten so bullisch gegenüber dem Euro eingestellt sind. Herr Schmale ist da nicht der einzige. Oberflächlich betrachtet müsste er ja auch steigen - die Kaufkraftparität liegt irgendwo zwischen 1,20 und 1,30, die Zinsdifferenz verringert sich langsam. Was sich jedoch unter der Oberfläche abspielt, wird auch heute noch als Horrormärchen und Weltuntergangsprophetie abgetan. Zumal sich auch die früheren Euro-Untergangsprognosen bis heute nicht erfüllt haben.

    Von Dr. Markus Krall wissen wir aber bereits, dass die Erträge europäischer Banken dahinschmelzen wie der Schnee unter den warmen Sonnenstrahlen. Und das Schlimmste dabei: es gibt keinen Ausweg aus diesem Dilemma! Deswegen wird diese Tatsache einfach ignoriert - das übliche Vogel-Strauß-Spielchen. Nicht einmal renommierte Vermögensverwalter wie Grüner & Fisher habe es auf dem Radar. Und doch wird es so kommen, die nächste Weltwirtschaftskrise wird von der Eurozone ausgelöst, nicht von den USA, nicht von Japan, nicht von den EM, auch nicht wegen England & Brexit, nicht wegen des Handelskriegs. Nein, es werden die Banken aus der Eurozone sein, die die Lawine auslösen.

    Die europäischen Banken werden letzten Endes auch dem Euro selbst das Genick brechen, wie zuvor auch der gesamte Euro-Wirtschaft. Und das ist nach meiner festen Überzeugung auch der Grund, warum EUR/USD nicht steigt und auch in Zukunft nicht mehr signifikant steigen wird. Der Markt weiß mehr, als die meisten glauben.

    13:29 Uhr, 28.09. 2019
  • tight-man
    tight-man

    deswegen im Euro Raum dringend Gold halten, es ist die beste Absicherung gegen dessen Untergang.

    11:47 Uhr, 28.09. 2019
  • tight-man
    tight-man

    Zinssenkungen haben überhaupt gar keine Wirkung im Euro -Raum. In USA und UK zum Beispiel sind Aktien Teil eines breiteren Haushaltvermögens , in Kontinentaleuropa ist dies nicht der Fall . Deshalb unterstützen dort auch niedrige Zinsen nicht die Konjunktur, sie verpuffen einfach. Das spiegelt sich nartürlich auch in der Währung nieder. So einfach ist das.

    11:46 Uhr, 28.09. 2019
  • Howi007
    Howi007

    Welche Währung zuerst steigt oder fällt...nun ja....running to the bottom.....es fragt sich halt welche Währung im Verhältnis zu anderen Papierwährungen am schnellsten an Wert verlieren "darf"....muss oder "soll"........ein Wettlauf....bzw- der Start von Währungskriegen!

    15:22 Uhr, 23.09. 2019
  • godfather
    godfather

    Für die Stärke/Schwäche einer Währung ist auch die Wirtschaftskraft des Landes bzw. der Region (EU) von Bedeutung.

    Die EU und insbesondere Deutschland marscheiern zwar fürs Klima aber nebenbei auch voll in die Rezession. Die heutigen Konjunkturdaten sind nur EIN weiterer Beleg dafür.

    Vor dem Hintergrund, dass die EZB schon reichlich Pulver verschossen hat und der neuen Chefin, Frau Lagarde, hinsichtlich unkonventioneller Maßnahmen alles zuzutrauen ist, könnte der Euro auch noch deutlich mehr an Kaufkraft verlieren.

    10:24 Uhr, 23.09. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • Der Sezessionär
    Der Sezessionär

    Wieso sollten Anleger an einer Währung Interesse haben , die wahrscheinlich keine 3Jahre mehr existiert ???

    09:09 Uhr, 23.09. 2019
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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