Kommentar
15:28 Uhr, 05.09.2019

Wieso crasht der Aktienmarkt nicht?

An Gründen für einen Crash oder eine schmerzhafte Korrektur mangelt es nicht. Wieso aber bleibt der Crash dann aus?

Es mangelt nicht nur an Gründen für eine Korrektur, es gibt auch genügend Anlageklassen, die genau das prognostizieren. Zinsen befinden sich im freien Fall. Es herrscht Panik. Von Notenbanken wird zwar erwartet, dass sie die Zinsen weiter senken werden, aber das rechtfertigt nicht den massiven Rückgang, den wir schon jetzt beobachten können.

Manche Staaten müssen überhaupt keine Zinsen mehr zahlen, egal mit welcher Laufzeit sie Anleihen ausgegeben haben. Über die gesamte Zinskurve ist keine positive Rendite mehr zu finden. Das gilt inzwischen für Laufzeiten bis zu 50 Jahre. Das ist nicht normal. Es ist pure Verzweiflung.

Woher diese kommt, ist relativ einfach auszumachen. Es gibt Sorgen um die globale Konjunktur. Diese haben auch wieder ihre Ursachen. Begonnen hat alles bereits vor 4 Jahren. Damals verlangsamte sich das Wachstum in China erheblich. Der Aktienmarkt vollzog eine entsprechende Korrektur.

Erschwerend kam ein Überangebot an Rohstoffen hinzu. Es führte zu einem Preiskollaps, der die entsprechenden Aktien teils um 90 % einbrechen ließ. All das trug zu einem crashartigen Kursverfall an der Börse bei.

Dank eines großen Konjunkturprogramms kam Chinas Wirtschaft wieder in Fahrt. Das beflügelte Europas Exporte. Kurz darauf senkten die USA die Steuern. Auch das führte zu einem Boom. Es überdeckte die latente Schwäche der Weltwirtschaft. Nun schimmert sie durch. China kämpft wieder gegen eine Verlangsamung des Wachstums und weil die USA eine Handelspolitik betreiben, die schwer vorhersehbar ist, investieren Unternehmen immer weniger.

Wenn man als US-Unternehmen nicht abschätzen kann, ob man morgen noch Produkte aus der eigenen Fabrik in China in den USA verkaufen darf, investiert man eben nicht. Unsicherheit führt zur Verzögerung vieler Investitionen. Je länger dieser Zustand anhält, desto eher wird es auch auf den Arbeitsmarkt übergreifen.

Dieser ist nicht nur in den USA eine Stütze. Global läuft der Jobmotor. Unternehmen sind alles andere als guter Laune. Der globale Einkaufsmanagerindex befindet sich unterhalb der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Dafür sind Konsumenten aber noch gut gelaunt (siehe Grafik).

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Genau darauf beruhen die Hoffnungen der Anleger. Noch nie war die Divergenz zwischen Herstellern und Verbrauchern so groß. Im Normalfall laufen beide Indizes parallel. Seit einiger Zeit ist das nicht der Fall. Da der Konsum in vielen Ländern wichtiger ist als die Produktion, wird von einem milden Abschwung ausgegangen.

Daher crasht der Markt auch nicht. Es gibt berechtigte Hoffnung, dass alles nicht so schlimm wird. Hoffen darf man ja. Es wäre allerdings das erste Mal, dass eine Rezession in der Industrie nicht auch auf den Rest der Wirtschaft übergreift. Es bleibt nicht nur ein Risiko, dass der Abschwung alle Bereiche erfasst, es ist sogar wahrscheinlich. Die Gefahr einer heftigen Korrektur am Aktienmarkt ist alles andere als gebannt.

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1 Kommentar

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  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Wenn man nun noch berücksichtigt, dass die Einkaufsmanager mit ihren Einschätzungen einer konjunkturellen Eintrübung um einige Zeit früher dran sind als die Verbraucher (was ja auch logisch ist), dann kann man erwarten, dass die beiden Kurven sich mittelfristig wieder annähern werden.

    17:06 Uhr, 05.09. 2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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