Kommentar
15:20 Uhr, 28.05.2021

Wieso arbeiten viele Amerikaner nicht?

Der Aufschwung in den USA stockt. Dafür wird ein Mangel an Arbeitnehmern verantwortlich gemacht. Verantwortlich ist das hohe Arbeitslosengeld, sagen viele. Aber stimmt das?

Vor Beginn der Krise arbeiteten in den USA 158,7 Mio. Menschen. Im April 2020, als der Lockdown die Wirtschaft lahmlegte, waren es nur 133,4 Mio. Derzeit gelten 151 Mio. als beschäftigt. Die Differenz zum Ausgangswert ist mit 7,7 Mio. stattlich. Theoretisch sollten Unternehmen noch mindestens 7,7 Mio. Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, um offene Stellen zu besetzen.

Das sieht nicht nach einem Mangel an Arbeitskräften aus. Genau darüber wird jedoch berichtet. Die Schlussfolgerung ist für viel klar. Die Menschen wollen nicht arbeiten, weil das Arbeitslosengeld zu hoch ist. Tatsächlich gibt es einige Berufsgruppen, für die sich Arbeit derzeit nicht lohnt.

Es ist allerdings zu einfach, den Mangel an Arbeitskräften allein durch höheres Arbeitslosengeld zu erklären. Es steckt mehr dahinter. Seit einem Jahr erhebt das Census Büro Daten dazu, weshalb genau Menschen nicht arbeiten. Die Zahl derjenigen, die momentan nicht arbeiten wollen, ist seit Pandemiebeginn von 3,4 Mio. auf 5,8 Mio. gestiegen (Grafik 1).


Dieser Anstieg entspricht am ehesten dem Grund, dass das Arbeitslosengeld zu attraktiv ist. 2,4 Mio. Menschen könnten arbeiten, tun es aber derzeit einfach nicht. Gegenüber den 7,7 Mio., die bis zur Vorkrisenbeschäftigung noch fehlen, lässt sich grob ein Drittel mit staatlichen Leistungen erklären. Es bleiben dann aber immer noch 5,3 Mio. Menschen übrig und es muss Gründe geben, weshalb diese keine Jobs annehmen.

Diese Gründe gibt es. Knapp 7 Mio. Personen geben an, dass sie nicht arbeiten, weil sie die Kinderbetreuung übernehmen müssen. Solange nicht alle Schulen usw. wieder geöffnet sind, bleiben einige Eltern dem Arbeitsmarkt fern. Aus Sorge vor dem Virus bleiben noch 3,5 Mio. dem Arbeitsmarkt fern.

Insgesamt 5,7 Mio. geben an, dass ihr Arbeitgeber permanent oder temporär geschlossen hat und daher nicht gearbeitet wird. Es ist also nicht so, dass es schon wieder alle Jobs gibt, die während der Krise verlorengingen.

Zu guter Letzt gab es eine Pensionierungswelle. Vor einem Jahr gaben 37 Mio. an in Rente zu sein. Aktuell sind es über 42 Mio. (Grafik 2). Ein Großteil derer, die wegen der Krise in Rente gegangen sind, wird vermutlich nicht mehr auf den Arbeitsmarkt zurückkehren.


Insgesamt arbeiten fast 102 Mio. Amerikaner nicht. 70 % davon sind etwa in Rente oder erkrankt (nicht Covid bezogen). 30 % sind mehr oder weniger direkt an die Pandemie gebunden. Ein Teil will nicht arbeiten, ein anderer Teil, immerhin über 2 Mio. Personen, ist an Covid erkrankt oder kümmert sich um einen Covid-Erkrankten. 12 Mio. wurden entlassen, wobei davon ca. 7 Mio. auf Covid entfallen.

Würde das zusätzliche Arbeitslosengeld morgen gestrichen, kann man nicht erwarten, dass der Arbeitsmarkt plötzlich wieder boomt. Ob Arbeitslosengeld oder nicht, irgendjemand muss sich um Kinder kümmern, wenn die Schule nicht geöffnet ist. Das alles deutet daraufhin, dass der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt noch monatelang zäh bleiben könnte.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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