Kommentar
09:35 Uhr, 15.12.2016

Wie weit kann der Trump-Boom führen?

Trump will die USA wieder groß und großartig machen, vor allem beim Wachstum. Wie viel kann er, ganz fern jeglicher ideologischer Debatte, wirklich erreichen?

Die Trump-Administration ist sich sicher: 3.5 % bis 4 % sind möglich – und zwar nachhaltig. Viele Ökonomen bezweifeln das mit gutem Grund. Trotzdem beharrt Trump darauf, dass es funktionieren kann und funktionieren wird.

Am Ende wird uns die Geschichte die Antwort geben, was tatsächlich möglich ist. Aus ökonomischer Sicht kann man allerdings vorab schon einmal recht konkrete Zahlen nennen. Alles, was über diese Zahlen hinausgeht ist sehr, sehr unwahrscheinlich.

Wie schon oft beschrieben kann eine Wirtschaft nur so schnell wachsen wie die Beschäftigung und die Produktivität wächst. Wächst beides um 1 %, dann beträgt das gesamtwirtschaftliche Wachstum 2 %. Neben diesen Daten, die man beobachten kann, lässt sich aus den zwei Faktoren auch ableiten, wie hoch das potenzielle Wachstum einer Wirtschaft ist.

Das potentielle Wachstum setzt sich aus dem möglichen Beschäftigungs- und Produktivitätswachstum zusammen. Derzeit stagniert die Produktivität. Das tut sie inzwischen schon seit Jahren. Das begrenzt das Wirtschaftswachstum derzeit auf das Beschäftigungswachstum.

Die neue Administration behauptet, dass die Produktivität unter den vorgeschlagenen Reformen wieder wächst. Persönlich sehe ich das nicht unbedingt Wirklichkeit werden, aber nehmen wir an, es gelingt und die Produktivität wächst systematisch um 0,5 % pro Jahr mehr als derzeit. Damit hätte die Administration schon einmal ein Wachstum von 0,5 % pro Jahr eingeloggt.

Wesentlich für sensationelle Wachstumszahlen ist das Beschäftigungswachstum. Grafik 1 zeigt dazu die Zahl der derzeit Beschäftigten und die arbeitsfähige Bevölkerung. Es sind derzeit etwas über 200 Mio. Menschen arbeitsfähig (Alter zwischen 15 und 64). Davon arbeiten 152.1 Mio. Menschen. Das bedeutet, dass 73.3 % der arbeitsfähigen Bevölkerung tatsächlich arbeitet.

Der historische Maximalwert lag bei 76.8 %. Geht unter Trump alles gut, dann kann er diesen Wert wieder erreichen. Am Ende seiner Amtszeit würden dann 8.3 % mehr Amerikaner arbeiten als derzeit. Dieser Anstieg setzt sich aus dem Anstieg der arbeitsfähigen Bevölkerung und einem Anstieg der tatsächlich Beschäftigten zusammen.

8.3 % Wachstum auf Sicht von 4 Jahren sind recht beeindruckend. Pro Jahr entspricht dies einem Wachstum von 2 %. Zusammen mit dem Produktivitätswachstum würde der US-Wirtschaft das sensationelle Wachstum von 2.5 % gelingen.

2.5 % Wachstum sind etwas mehr als zuletzt, aber noch weit entfernt von den angekündigten 3.5-4 %. Wegen mangelndem Beschäftigungswachstum muss man sich nicht entmutigen lassen. Die US-Wirtschaft hat nämlich noch Aufholpotenzial. Grafik 2 zeigt dieses Potenzial. Es zeigt die tatsächliche Wirtschaftsleistung im Verhältnis zur potentiellen.
Der Prozentsatz liegt aktuell bei 98.5 %. Das Output Gap beträgt also 1.5 %. Historisch schwankt das Verhältnis um 100 % herum. Es gibt Zeiten, in denen die Wirtschaft über Potential wächst (Überhitzung) und Zeiten, in denen sie langsamer wächst oder gar schrumpft.

Das historische Maximum, welches die USA bisher erreicht haben, war ein Überschießen des potentiellen BIPs um 6 Prozentpunkte in der zweiten Hälfte der 60er Jahre. Dieses Überschießen kam zustande, weil die Wirtschaft kurzfristig schneller wuchs als ihr Potential (Beschäftigung, Produktivität) vermuten ließ.

Das Wachstum war mehrere Jahre höher als erwartet. Diese Wachstumslücke, die positiv und negativ sein kann, ist in Grafik 3 dargestellt. Man erkennt, dass die Wirtschaft bereits in den letzten Jahren über Potential wuchs. Tut sie dies noch einige Quartale länger, dann liegt das tatsächliche BIP der USA wieder beim potentiellen BIP.

In den vergangenen Jahren wuchs die Wirtschaft ungefähr 0.6 Prozentpunkte über Potential. Zuletzt wurde in den 80er Jahren kurzfristig mehr erreicht. Nehmen wir an, dass Trumps Politik Erfolg hat, gelingt ihm vielleicht ein Wachstum von einem Prozentpunkt über Trend.

Alles zusammengenommen ergibt dies dann ein maximales Wachstum von 3.5 % für die US-Wirtschaft. Dies schließt mit ein, dass die Wirtschaft am Ende der Amtszeit 4 % über ihrem Potential steht. Das ist ein überaus seltenes Phänomen, welches es zuletzt vor über 40 Jahren gab.

Wenn also wirklich alles sensationell funktioniert und das Maximum (Beschäftigung, Produktivität, Überschießen des Potenzials) ausreizt, ist der Deckel bei 3.5 % Wirtschaftswachstum. Dass alles gutgehen wird ist unwahrscheinlich. Es dürfte für Trump extrem schwierig werden, das große Versprechen einzulösen.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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