Kommentar
14:09 Uhr, 14.03.2011

Wie weit geht die Korrektur?

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Nach meinen Beiträgen "Wo bleibt die Korrektur?? und "Hat die Korrektur begonnen?", muss daraus natürlich eine Börsen-Triologie" werden mit dem folgerichtigen Titel: "Wie weit geht die Korrektur?" Keine Frage, die Bären wittern Morgenluft. Ist das nun der Einbruch, der am Jahresanfang nicht kommen wollte? Die Antwort lautet: Ja. Die Frage ist eben nur: Wie weit geht die Korrektur, oder ist es der Beginn einer Baisse?

Zunächst muss die Frage beantwortet werden, inwieweit das Erbeben in Japan und die dramatischen Folgen in Bezug auf das Atomkraftwerk Fukushima das Bild beeinflussen. Der DAX ist heute besonders stark eingebrochen, weil er durch die Schwergewichte RWE, E.ON und Münchener Rück nach unten gezogen wird. Spekulative Hausse-Positionen sind durch das Unglück auf jeden Fall schneller aufgelöst worden, als dies sonst zu erwarten gewesen wäre. Doch verändert es die weiteren Aussichten?

Vergleichen wir das stimmungstechnische Bild von voriger Woche - neuere Daten sind bisher nicht verfügbar - mit dem vom Jahresanfang, dann fällt auf, dass sich so viel nicht geändert hat. Der im Sentix-Indikator zum Ausdruck kommende kurzfristige Pessimismus und große mittel- bis längerfristige Optimismus hat sich in seinem Auseinanderdriften sogar nochmals verstärkt. Hier dargestellt am Beispiel für den EuroStoxx50 Index.

Der schon zum Jahresanfang vorhandene kurzfristige Pessimismus, brachte zum Ausdruck, dass die Mehrheit der Börsianer zunächst mit einem Rückschlag gerechnet, ja diesen geradezu herbeigesehnt hatte. Doch stattdessen legte der DAX nochmals um über 400 Punkte zu und ließ einige verzweifelt auf den fahrenden Zug aufspringen. Andere mussten unter Verlusten Ihre Short-Positionen glattstellen. Erst als die Mehrheit der Bären das Handtuch geworfen hatte, und der Anstieg zu einer prozyklische Meinungsänderung der kurzfristigen Akteure geführt hat, war der Markt dann reif für den Rückschlag.

Der jetzt noch gestiegene kurzfristige Pessimismus spricht auf jeden Fall dafür, dass die Korrektur in seinem Ausmaß begrenzt sein dürfte. Eine mögliche Marke für den Wiedereinstieg ist die 6.723,50. Hier würde der DAX-Future ein Overnight-Gap schließen, dass er am ersten Dezember vergangenen Jahres aufgemacht hatte. Ein solches Overnight-Gap kommt dann zustande, wenn ein Markt deutlich über, oder deutlich unter dem Vortagesschluss eröffnet. Und solange dieser nicht wieder erreicht ist, spricht man von einem offenen Gap. Gerade in Korrekturen neigt der Markt dazu, solche Marken als Anziehungspunkte zu nutzen und nicht selten wendet er dann im Bereich dieser.

Erst eine Kataststrophe, die die langfristig positive Einschätzung der Anlegermehrheit ändern würde, könnte zu einem Auflösen der hinter dieser Sicht stehenden Aktieninvestments und damit zu einer echten Baisse führen. Eine solche Katastrophe ist - so dramatisch die Situation in Japan auch ist - derzeit jedoch nicht erkennbar. Auch das Liquiditätsbild spricht dagegen. Noch bis Juni kauft die US-Notenbank Fed jeden Monat Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Dollar auf. Der europäische Rettungsschirm (EFSF) wurde am Wochenende von 250 auf 440 Millionen Euro aufgestockt. Und der EFSF darf nun auch Staatsanleihen aufkaufen. So kann sich die Europäische Zentralbank (EZB) aus diesem Prozess verabschieden. Die Kritik in Bezug auf die Aufkäufe dürfte insofern zurück gehen, weil zumindest nicht mehr die Unabhängigkeit der Notenbank dadurch in Frage gestellt wird. Und auch das Erbeben bringt nun weitere Liquidität ins Finanzsystem. Die Bank of Japan stellt kurzfristig in einer Notaktion umgerechnet 62 Milliarden Euro zur Verfügung.

Ich bleibe daher bei meiner Einschätzung, dass das Bild kurzfristig weiter positiv bleibt und die Korrektur gute Einstiegsgelegenheiten bietet. Längerfristig sehe ich es jedoch - ebenfalls konträr zur Mehrheit - längst nicht so positiv. Die Konjunkturprognosen für Amerika sowie Europa - mit Ausnahme von Deutschland - sind viel zu optimistisch. Wenn sich dies im zweiten Halbjahr zeigt, bei einem gleichzeitigen Auslaufen der Liquiditätsmaßnahmen, dürfte es schwierig an den Börsen werden.

Mehr und Updates von Stefan Riße finden Sie auf seinem Blog: www.rissesblog.de

Stefan Riße, ist Deutschlandchef und Chefstratege von CMC Markets. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch "Die Inflation kommt", war in den Bestsellerlisten 2010 ganz oben.

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