Kommentar
15:21 Uhr, 20.08.2020

Wie schnell erholt sich die Wirtschaft?

Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe zeigen, dass die US-Wirtschaft noch weit von einem Normalzustand entfernt ist. Besser sieht es in Deutschland aus.

In den USA liefern die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe mit das aktuellste Bild zur wirtschaftlichen Lage. Schließlich dauert es bei anderen Wirtschaftsdaten erheblich länger von der Erhebung bis zur Veröffentlichung. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe zeigen stattdessen innerhalb weniger Tage zumindest grob, wie es um den US-Arbeitsmarkt steht.

Vor den Corona-Beschränkungen lagen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe lange Zeit in einem Bereich von 200.000 bis 300.000 pro Woche. Im Zuge der Corona-Pandemie stieg die Zahl der Erstanträge in der Spitze fast bis auf sieben Millionen. So viele Menschen meldeten sich also innerhalb einer einzigen Woche arbeitslos.

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In den vergangenen Wochen sank die Zahl der Erstanträge dann wieder deutlich. Inzwischen deutet sich eine langsame Stabilisierung bei rund einer Million Erstanträgen pro Woche an. Die gute Nachricht: Das ist deutlich weniger als auf dem Höhepunkt der Corona-Beschränkungen. Die schlechte Nachricht: Es liegt aber auch noch deutlich über dem Niveau von vor der Corona-Pandemie.

In Deutschland scheint die wirtschaftliche Erholung schon deutlich weiter vorangeschritten zu sein. Zwar wird bei uns nicht wöchentlich die Anzahl der Arbeitslosmeldungen veröffentlicht, dafür veröffentlicht die Bundesbank aber seit einiger Zeit den sogenannten Wöchentlichen Aktivitätsindex (WAI). Zur Berechnung des Indikators werden sieben wirtschaftliche Echtzeit-Datenquellen (darunter Stromverbrauch, Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, Google-Suchanfragen, Stickstoffdioxid-Konzentration in der Luft, Bargeldabhebungen) verwendet. Mit Hilfe eines komplexen mathematischen Modells wird aus diesen Daten der sogenannte wöchentlicher Aktivitätsindex (WAI) für die deutsche Wirtschaft berechnet, der näherungsweise die Wachstumsrate der deutschen Wirtschaft gegenüber dem Vorquartal zeigt. Liegt der Index etwa ein gesamtes Quartal bei einem Wert von 1, so würde dies einem Wachstum der deutschen Wirtschaft um ein Prozent gegenüber dem Vorquartal entsprechen.

Aktuell zeigt der WAI, dass sich die deutsche Wirtschaft inzwischen deutlich vom Corona-Einbruch erholt. So lag die Wachstumsrate gegenüber dem Vorquartal laut WAI in der letzten Woche bei rund 1,84 Prozent, Tendenz stark steigend, wie die folgende Grafik zeigt.

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Allerdings muss man bei der Interpretation des WAI auch berücksichtigen, dass dieser einem starken Basiseffekt unterliegt. Da der WAI immer das Wachstum des letzten Quartals (genaugenommen der letzten 13 Wochen) mit dem vorangegangenen Quartal (den vorangegangenen 13 Wochen) vergleicht, ist der Vergleichszeitraum aktuell genau der Zeitraum, in den auch der Corona-Lockdown fiel. Nur in Bezug auf diesen Krisen-Zeitraum kann man bisher von einer Normalisierung bzw. Erholung sprechen. Im Vergleich zum Normalzustand der Wirtschaft ist die wirtschaftliche Aktivität auch in Deutschland wohl weiter stark unterdurchschnittlich.

Fazit: Es wird lange dauern, bis sich die Wirtschaft von den Folgen der Corona-Pandemie erholt hat. In den USA zeigt die weiterhin erhöhte Anzahl der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, dass sich der Arbeitsmarkt noch lange nicht normalisiert hat. In Deutschland signalisiert der Wöchentliche Aktivitätsindex der Bundesbank, dass sich die deutsche Wirtschaft inzwischen mit hohem Tempo von den Corona-Folgen erholt, was allerdings in erster Linie an der ausgesprochen schwachen wirtschaftlichen Aktivität im aktuellen Vergleichszeitraum des Indikators (Höhepunkt der Pandemie) liegt.


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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