Statistik: So reagieren Aktien wirklich auf steigende Leitzinsen
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Im Dezember des vergangenen Jahres hat die US-Notenbank zum ersten Mal seit der Finanzkrise den Leitzins wieder angehoben. Am 14. Dezember 2016 dürfte nun mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine weitere Leitzinserhöhung folgen, nachdem der Wahlsieg von Donald Trump die Inflationserwartungen noch einmal angekurbelt hat.
Doch wie wirken sich steigende Leitzinsen auf die Performance von Aktien und anderen Anlageklassen aus? Sind steigende Leitzinsen tatsächlich schlecht für Aktien?
Es gibt im Wesentlichen zwei Lehrmeinungen dazu. Die erste betont, dass Aktien in Zeiten steigender Zinsen weniger attraktiv sind, weil die Unternehmen höhere Fremdkapitalkosten haben, also ihre Schulden höher verzinsen müssen, was direkt den Gewinn der Unternehmen schmälert. Außerdem werden Anleihen als Alternative zur Aktie wieder attraktiver, wenn die Zinsen angehoben wurden. Es findet also nach Zinserhöhungen Portfolioumschichtungen von Aktien hin zu Anleihen statt.
Es gibt aber auch ein Argument dafür, dass Aktien in Zeiten steigender (Leit-)Zinsen durchaus ein sinnvolles Investment sein können: Denn die Leitzinsen werden von der Notenbank in der Regel ja gerade dann angehoben, wenn die Inflation eher hoch ist und es der Konjunktur gut geht. Geht es der Konjunktur gut, sprudeln normalerweise die Gewinne der Unternehmen. Wichtig: Es wird hier keine Kausalität zwischen steigenden Zinsen und höheren Gewinnen unterstellt (das Gegenteil ist wahr, siehe oben), sondern eine Gleichzeitigkeit: Die Notenbank hebt normalerweise dann die Zinsen an, wenn die Wirtschaft rund läuft. Letzteres sollte sich auf die Unternehmen und den Aktienmarkt positiv auswirken. Welcher der unterschiedlichen Effekte überwiegt, kann dabei durchaus von Unternehmen zu Unternehmen und von Branche zu Branche verschieden sein, zum Beispiel wegen der unterschiedlichen Fremdkapitalquote.
Doch wie verhält es sich nun mit steigenden Leitzinsen und der Performance des gesamten Aktienmarktes? Diese Frage wurde von den drei britischen Professoren Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton, die sich auf die Auswertung der Langzeitperformance unterschiedlicher Anlageklassen und -instrumente spezialisiert haben, empirisch untersucht. Die Ergebnisse sind im "Credit Suisse Global Investment Returns Yearbook 2016 " enthalten. Ausgewertet wurde die reale, also inflationsbereinigte Performance der Aktienmärkte in den USA (in den Jahren 1913 bis 2015) und Großbritannien (von 1930 bis 2015).
Um die längerfristigen Auswirkungen von Leitzinsänderungen zu untersuchen, teilten die Professoren die Marktentwicklung in zwei unterschiedliche Phasen ein. Eine "Zinserhöhungsphase" beginnt, nachdem die Notenbank den Leitzins erstmalig (wieder) angehoben hat und geht solange, bis der Leitzins zum ersten Mal wieder gesenkt wird. Eine "Zinssenkungsphase" beginnt, nachdem die Notenbank den Leitzins erstmals wieder gesenkt hat und geht bis zu dem Tag, nach dem der Leitzins erstmals wieder angehoben wurde. Diese Definition hat den Vorteil, dass sich der Markt immer in einer der beiden Phasen befindet, also entweder in einer Zinserhöhungs- oder in einer Zinssenkungsphase. Da die Phasen außerdem jeweils NACH der ersten Erhöhung bzw. Senkung enden, kann jeweils in Echtzeit (und nicht erst im Nachhinein) beurteilt werden, in welcher Phase sich der Markt aktuell befindet. Nach der Definition befinden sich die USA aktuell in einer Zinserhöhungsphase (weil die letzte Leitzinsänderung eine Erhöhung war) und die Eurozone in einer Zinssenkungsphase (weil die letzte Änderung eine Senkung war).
Wie die unterschiedlichen Anlageklassen in den beiden Phasen in den USA und Großbritannien performt haben, zeigen die folgenden beiden Grafiken.
Die Aktienmärkte entwickelten sich in der Tat sowohl in den USA als auch in Großbritannien in Zinssenkungsphasen deutlich besser als in Zinserhöhungsphasen. In den USA konnten zudem Staatsanleihen in Senkungsphase eine bessere Performance verzeichnen als in Anhebungsphasen, während in Großbritannien bei Anleihen kein Unterschied zu sehen ist. Bei der Währung reagierten Pfund und Dollar sogar unterschiedlich auf Zinsänderungen. So waren Zinssenkungen schlecht für den Dollar, jedoch gut für das Pfund, und Zinserhöhungen gut für den Dollar und schlecht für das Pfund.
Die Aktienmärkte verzeichnen zwar auch in Zinserhöhungsphasen eine inflationsbereinigt positive Performance, diese ist jedoch deutlich schwächer als in Zinssenkungsphasen. In Großbritannien schneiden Aktien in Zinserhöhungsphasen sogar schlechter ab als Staatsanleihen.
Doch nicht alle Branchen reagieren auf Zinsänderungen gleich. Die drei Wissenschaftler untersuchten auch, wie sich Phasen von Zinserhöhungen und -senkungen auf die reale Performance von Aktien aus unterschiedlichen Branchen auswirken. Hier gibt es durchaus große Unterschiede, wie die folgende Tabelle zeigt:
Branche | Performance Zinserhöhungsphase | Performance Zinssenkungsphase |
Gesundheit | +4,5 % | -0,2 % |
Energie | +2,6 % | -0,9 % |
Business Equipment | +1,8 % | -0,6 % |
Versorger | +1,7 % | -2,7 % |
Telekommunikation | +1,1 % | -1,5 % |
Chemie | +1,1 % | +1,0 % |
Industrie | +0,4 % | +0,2 % |
Kurzlebige Konsumgüter | -0,2 % | +2,2 % |
Finanzen | -1,4 % | +0,7 % |
Einzel- und Großhandel | -2,1 % | +3,0 % |
andere | -3,6 % | -0,5 % |
Langlebige Konsumgüter | -4,4 % | +4,1 % |
Besonders stark zyklische Branchen wie Einzel- und Großhandel und langlebige Konsumgüter reagieren negativ auf Zinserhöhungen, während defensive Branchen wie Gesundheitswerte und Versorger davon profitieren können.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Aktienmärkte sich in Zeiten steigender Leitzinsen inflationsbereinigt deutlich schwächer entwickeln als in Zeiten sinkender Zinsen. Doch Aktien von Unternehmen aus defensiven Branchen schneiden gerade in Zinserhöhungsphasen positiv ab.
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Ein Vergleich US Leitzins zum SPX seit 1995. Da fällt einem gleich auf, dass eine US LZ Erhöhung dem US Markt noch nie geschadet hat...
Die Untersuchung ist mir zu undifferenziert. Wenn mein Gedächtnis mich nicht im Stich läßt, war die Performance der Aktienmärkte im frühen Stadium einer Zinserhöhungsphase immer sehr positiv und erst gegen Ende der Zinserhöhungsphase (oft sehr) negativ, was ökonomisch auch Sinn macht. Diese beiden gegenläufigen Effekte werden hier vermischt. Ich würde mir eine Aufteilung der Phasen in eine Früh- und eine Spätphase wünschen.
Das einzige was seit Jahren die Börse stark beeinflußt, ist die Unfähigkeit unserer Politiker. Würde ein Unternehmen so geführt, wären alle Bankrott. Nicht einmal nach dem Brexit hat die EU etwas unternommen damit sich die Situation ändert. Warum haben wir den Recht bzw. Linksruck weil die Bürgen mit der Politik für die Konzerne nicht mehr einverstanden ist.
Nicht Trump, Le Pen, Strache haben schuld nein die Politiker an der Macht, Sie haben Sie groß werden lassen. Die Politik in ihrer jetzigen Form ist zum Scheitern verurteilt. Sie fahren den Karren an die Wand das es nur so kracht.
Alleine das Reverendum nächste Woche in Italien macht die Börse nervös bis zum geht nicht mehr.
Es gab in längeren Phasen von Zinsanstiegen keinen Crash. Warum auch die Wirtschaft steigt darum steigen auch die Zinsen. Kurzfrsitig nach der Zinserhöhung fielen die Aktienkurse um dann gleich wieder zu steigen.