Kommentar
10:10 Uhr, 11.03.2022

Wie hoch wird die Kriegsinflation?

Krieg ist inflationär. Das war er schon immer, aber wie inflationär genau?

Wie hoch die Inflation wird, hängt davon ab, in welchem Land man sich befindet. Der Einfluss des Krieges auf die Inflation in der Eurozone wird höher sein als etwa in den USA. Das hat vor allem zwei Gründe. Zum einen verliert der Euro gegenüber vielen anderen Währungen an Wert. Eine Währungsabwertung macht Importe teurer und erhöht die Inflation.

Zum anderen ist Europa bestimmten Rohstoffpreisen stärker ausgesetzt. Rohstoffe werden zwar grundsätzlich global gehandelt und haben einen globalen Preis, aber es gibt Ausnahmen. Rohstoffe, die sich problemlos handeln lassen, haben einen globalen Preis. Dazu gehören z.B. Öl und Eisenerz. Nicht dazu gehört Erdgas. In Europa hat sich der Gaspreis vervielfacht. In den USA hat der Preis auf den Krieg kaum reagiert.

Ein anderer Treiber, der wohl wichtigste, ist die Teilnahme am Krieg und wie viele Länder involviert sind. Grafik 1 zeigt die Inflationsrate in England zusammen mit den größten Kriegen. Alle Kriege lassen sich nicht darstellen. Bis zum 20. Jahrhundert waren Länder praktisch kontinuierlich in Kriege verwickelt.

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Je mehr Länder verwickelt sind, desto größer ist die Korrelation zur Inflation. Das macht intuitiv Sinn. Je größer der Krieg, desto mehr Ressourcen werden von anderen Wirtschaftsbereichen umgelenkt. Es herrscht Ressourcenknappheit in vielen Bereichen und mit ihr steigen die Preise.

Die Frage ist auch, wie ein Krieg finanziert wird. In Großbritannien stieg die Inflation immer dann besonders stark an, wenn der Staat Kriege über höhere Verschuldung finanzierte und nicht etwa über höhere Einnahmen. Besonders kritisch war die Finanzierung Anfang des 18. Jahrhunderts und die Finanzierung der beiden Weltkriege. Diese erfolgte zum Teil über die Notenpresse. Dieses Vorgehen, zusammen mit extremer Ressourcenknappheit, verlieh der Inflation einen besonderen Schub (Grafik 2).

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Derzeit ist nicht davon auszugehen, dass sich der Krieg ausweitet. Eine Ausweitung würde wohl den Dritten Weltkrieg auslösen. So wahnsinnig ist hoffentlich keine Regierung. So würde Hyperinflation auf wenige Länder begrenzt bleiben. Wo die Grenze zur Hyperinflation liegt, darüber lässt sich streiten.

Russland steuert wegen des Verfalls der Währung auf eine Inflationsrate von mindestens 30 % zu. Da Sanktionen Russland von vielen Importen abschneiden, werden viele Güter knapp. Es wird zur Mangelwirtschaft kommen, sodass die Inflationsrate Richtung 50 % steigen kann.

Da auch der Zugang zu Währungsreserven und dem Kapitalmarkt eingeschränkt ist, hat der Staat kaum finanzielle Ressourcen. Bisher blieb die Notenbank immer neutral und machte sinnvolle Geldpolitik. Ändert sich das, weil dem Staat nur der Weg über die Notenpresse bleibt, sind auch dreistellige Inflationsraten denkbar. Es wäre eine der höchsten Inflationsraten der Geschichte (Grafik 3). Die Inflationshistorie der Sowjetunion ist natürlich mit Unsicherheiten behaftet.

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In Europa und den USA wird die Inflationsrate nach derzeitigem Wissensstand um zwei oder drei Prozentpunkte über den bisherigen Prognosen liegen. In den USA ist eine zweistellige Inflationsrate denkbar. Solange die EU russische Energierohstoffe nicht sanktioniert, sollte die Inflation in der EU und Eurozone einstellig bleiben.

Die Unsicherheit ist die Sanktionierung von Energierohstoffen. Eine Sanktionierung bedingt nicht nur höhere Preise für Öl und Gas, sondern auch eine enorme Investitionsanstrengung, um die Ausfälle zu kompensieren. Das sind Ansätze einer Kriegswirtschaft, in der einzelne Wirtschaftsbereiche Ressourcen von anderen abziehen. In einem solchen Fall sind auch in Europa zweistellige Inflationsraten kaum vermeidbar.

Wie sich die Situation auch immer entwickelt, bereits jetzt gibt es einen Preisschock und keiner weiß, was in diesem Krieg morgen geschieht. Die Bandbreite an möglichen Szenarien ist noch sehr groß. Immerhin zeigt die sehr lange britische Historie, dass Schocks in den meisten Fällen nicht länger als zwei Jahre andauern. Das sollten auch Notenbanken nicht vergessen, wenn sie gegensteuern wollen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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