Kommentar
15:46 Uhr, 08.04.2021

Wie Hedgefonds das Finanzsystem gefährden (Teil II)

Ein Fonds mit 5 Mrd. Dollar an verwaltetem Vermögen kann das globale Finanzsystem zu Fall bringen. Was unmöglich klingt, ist leider immer noch denkbar.

Das verwaltete Vermögen von Long Term Capital Management (LTCM) lag bei 5 Mrd. Dollar. Trotzdem drohte die Zahlungsunfähigkeit eine globale Finanzkrise auszulösen. Es blieb der Notenbank nichts anderes übrig als einen Bailout zu organisieren. LTCM hatte zwar nur 5 Mrd. an Kapital, spekulierte aber mit sehr viel höheren Summen. Das Vermögen von 5 Mrd. wurde durch Kredit auf 125 Mrd. aufgebläht. Mit 5 Mrd. Eigenkapital kaufte der Fonds Anleihen und Aktien im Wert von 125 Mrd. Darüber hinaus wurden über Zinsderivate fast eine Billion Dollar an Werten bewegt. Man kann sich vorstellen, dass selbst minimale Fluktuationen zu großen Bewegungen für den Fonds bedeuteten. Der Fonds wettete darauf, dass sich die Zinsen von Emerging Markets und entwickelten Ländern nach der Asienkrise schnell wieder annähern würden. Das Gegenteil war der Fall. Das Kapital war daher bei so hohem Hebel innerhalb von Wochen aufgebraucht...

Dieser Hebel ist es, der Hedgefonds zu Systemrisiken werden lassen. LTCM wurde gerettet. Ohne Rettung wäre folgendes geschehen: Die Verluste hätten zu Margin Calls geführt. Der Fonds hatte allerdings kein Geld, um nachzuschießen. Wenn Margin Calls nicht bedient werden können, verkaufen Banken die Positionen, die der Fonds hält.

Werfen Banken ein so großes Portfolio wie das von LTCM auf den Markt, brechen die Kurse ein. Die Verluste werden dadurch noch größer. Plötzlich sitzen Banken auf Milliardenverlusten. Da im Vorfeld nicht bekannt ist, welche Bank wie stark betroffen ist, leihen sich Banken untereinander kein Geld mehr, bis Transparenz herrscht. Ohne den Interbankenmarkt sind Banken selbst schnell insolvent.

Genau das ist 2008 geschehen. Banken wussten, dass Lehman Brothers im Subprime Hypothekenmarkt engagiert war und Verluste einfahren würde. Es wusste jedoch niemand wie hoch diese Verluste wirklich waren. Aus Vorsicht lieh Lehman niemand mehr Geld. Wenige Tage vor der Insolvenz hatte Lehman noch 45 Mrd. an Liquidität. Es reichte aber eben nur ein paar Tage. Wenn Liquidität austrocknet, kann man gar nicht schnell genug rennen.

Das gleiche hätte LTCM ausgelöst. Daher wurde der Hedgefonds gerettet. Das gleiche hätte mit Archegos geschehen können. Wie LTCM hatte dieser Hedgefons einen zu großen Hebel. Margin Calls konnten nicht bedient werden und Banken begannen mit Notverkäufen. Im Vergleich zu LTCM war das unterliegende Portfolio zu klein, um Angst davor zu schüren, dass involvierte Banken selbst in Schieflage geraten. Das hat eine Ansteckung verhindert.

Nicht jeder gehebelte Hedgefonds gefährdet gleich das globale Finanzsystem. Amaranth war ein Hedgefonds, der 2005 und 2006 auf dem Erdgasmarkt spekulierte. Innerhalb von Tagen häufte der Fonds Milliardenverluste an (Grafik 1). Der Fonds brauchte sein Kapital auf. Immerhin aber reichte das Kapital, um die Verluste aus den gehebelten Spekulationen aufzufangen.


Kritisch wird es immer dann, wenn die Verluste das Kapital übersteigen. Das Übel lässt sich mit einem Wort beschreiben: Hebel. Bis 2008 bauten Banken immer höhere Hebel auf (Grafik 2).

Regulation hat diesen Exzess beendet. Das Grundproblem horrender Verluste besteht immer noch. Das Risiko liegt nicht mehr Banken, sondern etwa bei Hedgefonds. Solange Finanzmarktteilnehmern diese enormen Hebel gestattet sind, kann es immer wieder zu Crashs und Finanzkrisen kommen.


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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