Kommentar
13:50 Uhr, 04.01.2019

Wie die Ölpreisschwankungen die US-Wirtschaft beeinflussen

Die nächsten Wochen und Monate werden für nervöse Anleger schwierig, denn es wird viele ernüchternde Meldungen geben. Soll man davor Angst haben?

Die Antwort, in der kürzesten Form: Nein. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst aber lohnt ein Blick darauf, was überhaupt Negativschlagzeilen machen wird. Es werden vor allem Wirtschaftsdaten sein, die für Ernüchterung sorgen werden.

Man wird von einem Rückgang der Industrieproduktion lesen, ebenso wie von einem Rückgang der Einkaufsmanagerindizes. Ganz nebenbei wird sich das Jobwachstum weiter abschwächen und auch die Inflation wird fallen, was von vielen als Anzeichen nachlassender Dynamik verstanden wird.

Das alles sind keine guten Neuigkeiten, wenn sie ans Tageslicht kommen – und das werden sie. Man sollte davon allerdings nicht überrascht sein und schon gar nicht besorgt. Das hat vor allem zwei Gründe.

Erstens: 2018 wurde die Wirtschaft künstlich angeschoben, weil die Regierung mehr Geld ausgab und die Steuern gesenkt wurden. Diesem Effekt wird zusätzliches Wachstum von knapp einem Prozent zugesprochen. 2019 werden es nur noch 0,3 % sein. Ganz automatisch wird die Wirtschaft daher 0,5-0,7 % weniger stark wachsen.

Zweitens: Der Ölpreiscrash der letzten Wochen wird Spuren hinterlassen. Stark schwankende Ölpreise haben einen massiven Effekt auf die Wirtschaft. Einer der offensichtlichsten Effekte ist die Inflation. Energiepreise machen einen wesentlichen Bestandteil aus. Fallen die Energiepreise, fällt die Inflation.

Öl ist in den USA aktuell so wichtig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Bereits 2015/16 gab es eine Wachstumsdelle, weil der Ölpreis und auch die Preise anderer Rohstoffe deutlich nachgaben. Der Output der Rohstoffindustrie wird als Industrieproduktion gemessen. Wenn nun die Industrieproduktion zurückgeht, liegt das nicht daran, dass weniger Maschinen produziert werden, sondern der Wert der Rohstoffe gefallen ist.

Der Ölpreisrückgang der letzten Wochen führt zu einer geringeren Industrieproduktion von 275 Mio. Dollar pro Tag. Das sind 8,25 Mrd. pro Monat oder 100 Mrd. pro Jahr. Dies entspricht 0,5 % der Wirtschaftsleistung. Bleibt der Ölpreis auf so tiefem Niveau, entspricht das einem Rückgang der gesamten Industrieproduktion von mehr als 3 %. Selbst wenn der Rest also um 3 % wächst, kommt die Industrieproduktion als Ganzes nicht vom Fleck.

2015 bis 2016 hat das zum Rückgang der Produktion geführt (Grafik 2). Auch 2019 wird es sehr schwierig werden, positive Wachstumsraten auszuweisen. Fällt der Ölpreis, fällt auch die Industrieproduktion merklich. Das gilt insbesondere für die letzten 20 Jahre. Aber auch langfristig gehen Ölpreis und Produktion Hand in Hand (Grafik 1).


Ein niedriger Ölpreis bedeutet zudem, dass weniger Personal gebraucht wird und die Stimmung der Einkaufsmanager nachlässt. Die Ölindustrie ist Teil der Erhebungen, doch auch viele andere Sektoren sind als Zulieferer der Ölindustrie vom Abschwung betroffen.

In den nächsten Monaten wird es also immer wieder schlechte Neuigkeiten aus der US-Industrie geben. Einige wird das ganz verrückt machen und als Zeichen einer Rezession interpretiert werden. Solche Interpretationen kann man getrost ignorieren. Man sollte sich einfach immer wieder daran erinnern, was der Hintergrund für die Meldungen ist.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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