Kommentar
08:26 Uhr, 26.05.2021

Wie der globale Chipmangel den Aktienmarkt gefährdet

Die Wartezeiten für Halbleiter werden immer länger. Die Lage ist inzwischen so ernst, dass es den Aufschwung und den Aktienmarkt gefährdet.

Die Autoindustrie steht im Zentrum des Chipmangels. Das liegt nicht daran, dass nur die Autoindustrie betroffen wäre, sondern daran, dass die Summen besonders groß sind. Noch vor wenigen Wochen lag die Schätzung für den Umsatzausfall bei 60 Mrd. Dollar in diesem Jahr. Fitch geht inzwischen von 100 Mrd. aus. Die Lage bessert sich nicht, sie wird schlimmer. Aktuellen Schätzungen zufolge werden so 4 Mio. weniger Fahrzeuge produziert. Der globale Absatz von Fahrzeugen lag in seinem besten Jahr bei 92 Mio. Es können also gut 4 % nicht produziert werden bzw. werden weniger produziert. Wem 4 % nicht viel vorkommen: Die US-Wirtschaft schrumpfte im vergangenen Jahr weniger als 4 %. Trotzdem war es ein historischer Schock.

Die Autoindustrie hat immerhin nur ein Angebotsproblem und kein Nachfrageproblem. Die Preise können steigen und gleichen den Rückgang der Produktion zum Teil aus. Das muss es auch. Die Autoproduktion ist in den USA wieder im Rückwärtsgang (Grafik 1). Andere Bereiche wachsen noch, z.B. der Stahlsektor. Hier braucht es keine Chips.


Die Produktion sinkt, die Lager sind fast leer und die Verkäufe steigen (Grafik 2). Grundsätzlich ist es natürlich schön, wenn Kapital nicht in Lagerhallen gebunden ist. Der Industrie droht jedoch bald der Nachschub auszugehen. Egal wie hoch die Preise sind, die Nachfrage kann nicht mehr bedient werden.

So akut wie jetzt war der Notstand noch nie (Grafik 3). Die Autoindustrie ist besonders betroffen, allerdings bei weitem nicht die einzige Industrie. Apple erwartet aufgrund des Chipmangels im laufenden Quartal 3-4 Mrd. weniger Umsatz. In vielen Branchen könnten die Umsätze deutlich höher sein.

Die Lage wird sich auch nicht schnell entspannen. Die Lieferzeiten werden derzeit noch länger, nicht kürzer. Das begrenzt den Aufschwung. Mitarbeiter werden wieder in Kurzarbeit geschickt und Jobs werden nicht aufgebaut. Neben anderen Problemen ist der Arbeitsmarkt in der Industrie in den USA schwach. Fehlen essentielle Teile für die Produktion, braucht es auch keine Arbeitskräfte.

Das alles hat auch Auswirkungen auf den Aktienmarkt. Dieser entfernt sich immer weiter von den Fundamentaldaten. Die Transportmengen von Waren gehen zurück. Alles, was irgendwann einmal verkauft wird, wird zuvor transportiert. Die Transportmengen sind daher ein sehr guter Gradmesser für die Gewinnentwicklung von Unternehmen.

Hier stehen die Zeichen auf Sturm (Grafik 4). Anleger erwarten Gewinne, die aufgrund des Chipmangels und Engpässen in anderen Bereichen nie erwirtschaftet werden. Anleger blicken bisher durch diese Probleme als vorübergehende Schwierigkeiten hindurch. Wehe, wenn sich das einmal ändert.

Clemens Schmale


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2 Kommentare

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  • mariahellwig
    mariahellwig

    Die Probleme mit den Lieferketten sind dramatisch. Darauf habe ich aber schon letzten Sommer hingewiesen. Lieferprobleme bei Basiskomponenten wie Halbleiter ziehen weitere Lieferprobleme bei anderen Produkten nach sich. Das bekommt irgendwann eine Eigendynamik.

    09:56 Uhr, 26.05. 2021
  • Hecke1234
    Hecke1234

    Es ist wohl momentan nicht verkehrt, ein wenig in Cash zu bleiben

    09:19 Uhr, 26.05. 2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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